Marco Koch bei der Schwimm-EM:Öfter mal was Gesundes

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Marco Koch hat seine Ernährung umgestellt - es scheint sich zu lohnen. (Foto: dpa)

Brustschwimmer Marco Koch könnte die vierte Medaille für die deutschen Schwimmer holen, dafür spricht seine Leistung aus der jüngeren Vergangenheit. Sein Erfolg basiert auch auf einer simplen Veränderung beim Essen.

Von Saskia Aleythe, Berlin

Marco Koch bewertet die Dinge ein bisschen anders als andere Menschen. Wie das vergangene Jahr verlaufen sei, will bei der Schwimm-EM in Berlin einer von ihm wissen. Geändert habe sich eigentlich nicht viel, antwortet er, "ich habe ein bisschen die Ernährung umgestellt." In einem Land, in dem die Einführung eines Veggiedays in Kantinen schon so manche Protestwelle auslöste, ist die Beschreibung "ein bisschen" beinahe ulkig. Koch mag die Veränderung, er sagt: "Ich versuche, auf Gluten zu verzichten und ernähre mich fast vegan."

Marco Koch ist ein Arbeiter in eigener Sache. Vor allem, wenn es nicht rund läuft. Aber auch in erfolgreichen Zeiten - und das ist vielleicht ein noch besseres Zeichen. Der 24-Jährige ruht sich nicht aus. "Ich probiere gerne Neues aus und versuche, alles aus mir rauszuholen", erklärt er. Sportler sagen gerne diesen Satz, doch Marco Koch darf man ihn wirklich glauben.

Bei der EM könnte er am Donnerstagabend die vierte Medaille der deutschen Beckenschwimmer holen, die konstant guten Leistungen aus der jüngsten Vergangenheit sprechen für sich. Und Koch war schließlich der einzige Deutsche, der bei der WM in Barcelona nicht bedrückt aus dem Becken stieg, sondern ziemlich fröhlich: Über 200 Meter Brust schwamm er zu Silber. Auch sein Auftritt in Berlin verläuft bisher vielversprechend: Den Vorlauf absolvierte er von allen Startern am schnellsten, im Halbfinale war nur ein Konkurrent schneller.

Dabei verlief Kochs Karriere keineswegs geradlinig, was vielleicht auch diese Sache mit dem Ehrgeiz erklärt. 2008 wurde er zum deutschen Nachwuchsschwimmer des Jahres gekürt, 18 Jahre war er da alt - er galt als großes Versprechen im deutschen Schwimmen. Doch dann kam alles ein bisschen anders, als er selbst und die Verantwortlichen um ihn herum sich das vorgestellt hatten. Der internationale Durchbruch ließ sechs Jahre auf sich warten.

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2009 schwamm Koch zwar Europarekord, kam bei der WM aber nicht mehr an diese Zeit heran - am Ende landete er auf Rang zwölf. Die WM 2011 verpasste er wegen eines Bandscheibenvorfalls, Olympia in London wurde wie für den Rest des deutschen Teams zur Nullnummer. Für Koch war dieses Debakel ein Zeichen: Es konnte nicht mehr weitergehen wie zuvor.

Er löste sich vom ehemaligen Bundestrainer Dirk Lange und trainierte wieder hauptsächlich in seiner Heimat Darmstadt - Rücksprache mit Lange hält er aber bis heute. Koch merkte, dass er seine Familie um sich braucht, damit es mit dem Schwimmen klappt. Mit seinem Heimtrainer Alexander Kreisel kam der Erfolg zurück: Koch brachte sich wieder in Form - als Lohn gab es die WM-Medaille in Barcelona.

Zwölf Monate ist das nun her, mit der Ernährungsumstellung hat Koch wieder ein Jahr der Veränderung durchlebt: Ein Bluttest habe gezeigt, dass er auf viele Sachen allergisch reagiert, erklärt Koch, deshalb habe er auf diese dann bewusst verzichtet. "Das schmeckt auch, man muss nur richtig kochen", sagt er. Bei der Zubereitung hilft ihm seine Mutter, "alleine mit dem Trainingspensum ist das fast nicht zu schaffen".

Natürlich habe er schon auch mal Lust auf Pizza und Burger, gibt Koch zu, "aber wenn man doch mal wieder ein Ei isst, merkt man den Unterschied. Das ist dann nicht so geil." Und die Umstellung hat sich schließlich positiv ausgewirkt. "Ich kann härter trainieren, regeneriere schneller, hab im Vergleich zum vergangenen Jahr fünf Kilo abgenommen und bin trotzdem stärker geworden", sagt er, "das müsste eigentlich ein Zeichen dafür sein, dass ich schneller schwimmen kann als letztes Jahr."

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2:09,11 Minuten brauchte Koch im Vorlauf für die 200 Meter, im Halbfinale steigerte er sich auf 2:08,38 Minuten. 100 Prozent zufrieden war er trotzdem nicht, "im Vorlauf war es entspannter", meinte Koch. Er spürt, dass er hier seinen eigenen deutschen Rekord aus dem Jahr 2009 brechen kann, fünf Hundertstel Sekunden fehlen ihm nur noch. Das ist sein Ziel in Berlin, "egal, welche Medaille dabei herauskommt".

Dass er am Ende auch noch auf dem Podium steht, ist durchaus möglich. Schneller als er waren in Europa in diesem Jahr nur zwei Männer unterwegs: der Brite Ross Murdoch, der mit seiner Halbfinal-Zeit als Einziger vor Koch liegt und sein Landsmann Michael Jamieson - der ist bei der EM aber gar nicht am Start. "Marco ist auf jeden Fall ein Kandidat, der vorne kräftig mitmischen wird", sagt Chef-Bundestrainer Henning Lambertz.

Gut möglich, dass Koch auch das Becken in Berlin mit guter Laune verlassen wird, vielleicht sogar mit der Gewissheit einer EM-Medaille. Die wäre sogar glutenfrei und vegan. Beißprobe ungefährlich also.

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