Britische Islamisten im Irak:Auf der Suche nach John, Ringo und Paul

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Der britische Premier David Cameron brach seinen Urlaub ab, um das Vorgehen seiner Sicherheitsbehörden zu koordinieren. (Foto: AP)

Sprachanalysen bestätigen die Herkunft des Mörders von US-Journalist Foley: Er stammt aus England, soll sich wie zwei andere britische IS-Kämpfer nach einem Mitglied der Beatles benannt haben. Premier Cameron bricht seinen Urlaub ab, sein Außenminister warnt, dass britische Extremisten den Terror in die Heimat tragen könnten.

Von Christian Zaschke, London

Die offizielle Sprachregelung ist weiterhin von Vorsicht geprägt: Es sei "zunehmend wahrscheinlich", dass der Mann, der den amerikanischen Journalisten James Foley im Irak umgebracht und ein Video der Tat veröffentlicht hat, britischer Staatsbürger sei. So formulierte es Premierminister David Cameron, der am Mittwoch aus dem Urlaub in Cornwall zurück nach London gereist war, um das Vorgehen der Sicherheitsbehörden zu koordinieren. Inoffiziell besteht kein Zweifel daran, dass der Mörder aus Großbritannien stammt - genauer aus Südostengland, vermutlich aus London.

Verschiedene britische Linguisten haben das Video des Mordes untersucht. Der schwarz gekleidete Terrorist der Extremistengruppe Islamischer Staat (IS) achtet darauf, dass sein Gesicht nicht zu sehen ist, seine Stimme gibt jedoch eindeutige Hinweise auf seine Herkunft. Ein Experte der Universität von York sagte, der Mann spreche "multikulturelles London-Englisch", wie man es im East End der Hauptstadt oft höre. Eine Kollegin aus Lancaster ergänzte, es handele sich "ohne Zweifel um einen britischen Akzent".

Laut Informationen des Guardian nennt der Mann sich John und ist mit zwei weiteren Briten für die Bewachung der ausländischen IS-Geiseln zuständig, für die Lösegeld erpresst werden soll. John soll im März Verhandlungsführer der Gruppe gewesen sein, als sie elf Geiseln gegen Lösegeld freigelassen hatte. Das Blatt zitiert eine namentlich nicht genannte ehemalige Geisel. Den Angaben zufolge handelt es sich bei John um einen "intelligenten, gebildeten Mann, der von tiefem Glauben an radikalislamische Lehren erfüllt" sei. Andere Geiseln hätten die drei Männer ihrer Herkunft wegen "Beatles" genannt. Diese wiederum hätten sich nach den Mitgliedern der Band die Spitznamen John, Ringo und Paul gegeben.

Der britische Inlandsgeheimdienst MI5 und Scotland Yard versuchen nun gemeinsam mit dem amerikanischen FBI, die Identität des Mörders zu enthüllen. Laut Terrorexperten sei das lediglich eine Frage der Zeit, da die Sprachaufnahme wertvolle Hinweise gebe. Zudem hat Premierminister Cameron angekündigt, dass man verstärkt daran arbeiten werde, radikalisierte Briten daran zu hindern, das Land zu verlassen, um sich Terrorgruppen anzuschließen. Derzeit kämpfen laut Schätzungen der Regierung rund 500 Briten in Syrien und im Irak auf der Seite radikalislamischer Terroristen. Der Labour-Abgeordnete Khalid Mahmood hält diese Zahl allerdings für viel zu gering. Er glaubt, die Dunkelziffer sei deutlich höher, seiner Ansicht nach könnten bis zu 2000 Briten für die Terrorgruppe kämpfen.

"Jetzt geht es gegen euch"

Shiraz Maher vom Internationalen Zentrum zur Erforschung von Radikalisierung am Londoner King's College sagt, das Video zeige, dass Briten nicht nur als Mitläufer kämpften, sondern auch Führungspositionen in der Organisation einnähmen. Sie zählten zu den bösartigsten und brutalsten Kämpfern. Sein Kollege Peter Neumann ergänzt: "Neu ist nicht, dass britische Kämpfer Menschen enthaupten, foltern und hinrichten. Das tun sie seit eineinhalb Jahren. Neu ist, dass sie einen Amerikaner getötet haben, verbunden mit der Botschaft: Jetzt geht es gegen euch."

In Großbritannien hat der Mord an James Foley zu neuen Debatten über die Radikalisierung von jungen Briten geführt. Kritiker bemängeln, dass der radikale Islam sich im Land mehr oder weniger ungehindert ausbreiten könne. Erst vor gut einem Jahr war auf breiter Basis über das Thema debattiert worden, nachdem zwei Briten nigerianischer Abstammung einen Soldaten am helllichten Tag auf offener Straße mit Messern und einem Fleischerbeil ermordet hatten. Sie hatten sich als Krieger Allahs bezeichnet.

Bisher sind in Großbritannien 69 Menschen festgenommen worden, die mutmaßlich von Terroreinsätzen in Syrien und im Irak zurückgekehrt sind. Außenminister Philip Hammond warnte nun davor, dass bald deutlich mehr Kämpfer zurückkehren könnten, um den Terror in ihre Heimat zu tragen.

© SZ vom 22.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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