Weßling/Starnberg:Schlichter Landratsamt

Die Kreisbehörde bittet im September die wegen der Umfahrung streitenden Gemeinden Wörthsee und Weßling an den Verhandlungstisch. Zu dem Gespräch sind auch die anderen Grundstückeigentümer eingeladen

Von Wolfgang Prochaska, Weßling/Starnberg

Bevor eine Ehe geschieden wird, setzt das Gericht noch einen Termin an: den Gütetermin. Dies ist die letzte Möglichkeit, dass die beiden Ehepartner - warum auch immer - wieder zusammenfinden. Das Landratsamt Starnberg geht ähnlich vor. Im Streit zwischen Weßling und Wörthsee um ein für die Weßlinger Umfahrung dringend benötigtes Grundstück auf Wörthseer Flur hat die Kreisbehörde für den 9. September eine Gesprächsrunde angesetzt. "Ziel ist es, eine gütliche Einigung herbeizuführen", sagte Amtssprecherin Barbara Beck am Donnerstag auf Anfrage.

Die Lage ist bekanntlich etwas verfahren: Weßling will mit Hilfe eines Besitzeinweisungsverfahrens den Wörthseern das Grundstück wegnehmen lassen, um damit den Bau der Umfahrung zu ermöglichen. Entsprechend belastet ist das Klima zwischen Weßling und Wörthsee. Aber nicht nur gegen Wörthsee geht Weßling vor, es laufen auch gegen zwei andere Grundstücksbesitzer noch Verfahren der gleichen Art. Diese sind auch zu dem Gespräch eingeladen worden, sagte Beck. Die Erfahrungen mit solchen Gesprächsrunden sind bislang gut, da am Ende tatsächlich eine Einigung herauskam.

Diesmal ist die Situation anscheinend doch anders und scheint vor allem komplizierter zu sein, denn Wörthsee ist ein Gegner der Weßlinger Umfahrung. Die hohe Politik spielt also die größere Rolle und nicht, wie in den anderen Fällen, die Höhe der Grundstückspreise. Der Weßlinger Bürgermeister Michael Muther gibt sich aber siegesgewiss, zumal er das Baurecht auf seiner Seite weiß. Er kann auf den Planfeststellungsbeschluss verweisen, also auf die offizielle Baugenehmigung durch die Regierung von Oberbayern. Nicht einmal der Bund Naturschutz, der gegen die Trasse klagte, konnte etwas bewirken - außer den unzähligen Durchlässen für Amphibien unter der Straße und den Extrabauten für den Hirschkäfer am Waldrand. Auf der Homepage von Weßling liest sich das so: "Das Staatliche Bauamt Weilheim informierte Bürgermeister Michael Muther am 6.08.14, dass zusammen mit den beiden anderen Besitzeinweisungsanträgen, die Voraussetzungen für den Zuwendungsantrag bestehen. Alles Nötige wird veranlasst. Somit können alle Befürworter der Umfahrung die Sektkorken lockern." Auf einen Schluck verzichtet man also noch in Weßling, obwohl "die Verhandlungen zum Grunderwerb abgeschlossen" sind, wie es weiter heißt. Der Zuwendungsantrag ist für die Gemeinde nicht ganz unwichtig, denn Weßling ist der Käufer der Grundstücke und muss daher tief in die Gemeindekasse greifen, etwa 2,2 Millionen Euro müssen locker gemacht werden. Erst später erhält die Gemeinde vom Freistaat das Geld zurück. Davor muss aber ein Zuwendungsantrag gestellt werden.

Auch beim Staatlichen Bauamt in Weilheim ist man über die Gemeindefehde erstaunt. "Das ist wohl zum ersten Mal", meinte Stephanie Kürmeier vom Straßenbauamt auf Anfrage. Bislang habe man sich immer einigen können. Den Zeitplan der Umfahrung wird der Streit nicht verzögern. "Wir können auf jeden Fall roden", sagte sie.

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