Roger Federer bei den US Open:Wie ein buddhistischer Mönch

Roger Federer bei den US Open

Roger Federer bei den US Open

(Foto: AFP)

Tiefenentspannt geht Tennisspieler Roger Federer in seine Erstrunden-Partie bei den US Open - und besiegt den Australier Marinko Matosevic. Da es wenige dramatische Ballwechsel gibt, sorgt der Favorit des Turniers zumindest noch für einen Lacher.

Von Jürgen Schmieder, New York

Roger Federer knallte wütend den Schläger auf den Boden im Arthur Ashe Stadium und blickte wütend hinüber zu seinem Gegner. Der hatte es tatsächlich gewagt, das Urteil Federers anzuzweifeln und eine Wiederholung des Ballwechsels zu fordern. "Frag doch deine Entourage, die werden dir sagen, dass der Ball drin war", raunzte sein Kontrahent und schleuderte sein Arbeitsgerät ebenfalls weg. Federer guckte verdutzt, dann lachte er und spielte weiter.

Es war ein Spaß, natürlich. Es war aber kein geplanter Gag, um die Zuschauer zu unterhalten - es sahen ja nur 20 Menschen zu bei diesem Trainingsspiel am Sonntagnachmittag zwischen Federer und Philipp Kohlschreiber, das beide Akteure durchaus ernst nahmen. "Ich haue mich da voll rein, ich kann bei diesen Einheiten mit den Besten der Welt nur lernen", sagte Kohlschreiber danach. Am Dienstagabend dann absolvierte Federer seine erste offizielle Partie bei diesen US Open, er besiegte während der Night Session den Australier Marinko Matosevic 6:3, 6:4 und 7:6.

Matosevic war dabei ebenso Sparringspartner wie ein paar Tage zuvor Kohlschreiber: Er haute sich voll rein, wollte etwas vom Besten der Welt lernen - und eben diesen Abend genießen. Ihm gelangen ein paar schöne Punkte, für Spannung konnte er jedoch kaum sorgen. Doch deshalb waren die mehr als 20.000 Zuschauer auch nicht gekommen. Sie wollten dem Meister bei der Arbeit zusehen, einem der besten Tennisspieler in der Geschichte und - ja, wirklich - Favoriten für den Gesamtsieg in diesem Jahr.

Nadal ist verletzt, Murray und Djokovic wackeln

Das liegt natürlich auch daran, dass Rafael Nadal seine Teilnahme wegen einer Handgelenks-Verletzung absagen musste. "Natürlich hoffen wir alle, dass es ihm bald besser geht und er bald zurück ist", sagte Federer, dann ergänzte er: "Auf der anderen Seite muss man auch die Gelegenheit erkennen, die sich bietet, wenn er nicht da ist. Es ist ein schwieriger Gegner weniger." Zudem haben sich Andy Murray und Novak Djokovic während der Hartplatz-Saison zuletzt wackelig präsentiert, und von den talentierten jungen Spielern scheint derzeit noch keiner so weit zu sein, bei einem Grand-Slam-Turnier tatsächlich sieben Spiele in Serie zu gewinnen. Der Favorit heißt deshalb: Roger Federer.

"Das ist ja perfekt, dass wir in diesem Jahr schon über das Halbfinale und das Endspiel sprechen", hatte Federer vor der Partie gesagt, "das war im vergangenen Jahr nicht der Fall." Bei den Vorbereitungsturnieren auf die US Open hatte er sich in grandioser Form präsentiert und dabei auch sich selbst bestätigt, in seiner Karriere noch ein Grand-Slam-Turnier gewinnen zu können: "Ich habe gute Partien absolviert, nicht nur in Toronto oder Cincinnati, sondern eigentlich von der ersten Woche an. Deshalb komme ich zu den US Open und kann mich daran erinnern, wie es ist, ein Turnier zu gewinnen."

Applaus von Michael Jordan

An den Tagen vor der ersten Partie wirkte Federer überaus locker, er spazierte über die Anlage in Flushing Meadows wie ein buddhistischer Mönch im Garten. Ein Mal wählte er vom Trainingsplatz zurück zur Umkleidekabine bewusst einen Umweg, um noch mehr Fans zu treffen und Autogramme auf die überdimensionalen Bälle und T-Shirts mit Federer-Konterfei schreiben zu können. Jeder, der ihm begegnete, berichtete anschließend davon, wie entspannt dieser Roger Federer daherkommen würde.

Genau so absolvierte er dann auch seine erste Partie. Er bewegte sich derart geschmeidig über den Platz, dass selbst Michael Jordan immer wieder applaudierte und danach den Bewegungsablauf Federers lobte. "Es ist schön, dass er das sagt. Ein Kompliment von ihm bedeutet mir sehr viel", sagt Federer nach der Partie. Er präsentierte präzise Passierschläge und einige sehenswerte Lobs in kniffligen Situationen.

Federer selbst sorgte für den größten Lacher des Abends

Zu Beginn ärgerte sich Matosevic noch, gegen Ende des zweiten Satzes schüttelte er nach jeder genialen Aktion von Federer nur ungläubig den Kopf. Es hätte nicht verwundert, hätten die Außenmikrofone ein Zungenschnalzen aufgezeichnet. Ansonsten lässt sich aus dieser Partie nur wenig lesen für die kommenden Aufgaben Federers - außer vielleicht, dass sowohl sein erster als auch zweiter Aufschlag durchschnittlich sieben Kilometer pro Stunde schneller waren als im Jahr zuvor. "Ich habe auf jeden Fall das Gefühl, dass ich mit dem neuen Schläger besser aufschlage", sagte Federer danach.

Weil es so wenige dramatische Ballwechsel gab, sorgte Federer selbst mit einer ungewöhnlichen Aktion für den größten Lacher des Abends. Matosevic hatte einen Lob zu lang gespielt, doch Federer hetzte dennoch hinterher. Er erlief den Ball, spielte ihn durch die Beine zurück - und traf exakt Matosevics Hintern. Der überlegte ganz kurz, ob er nun den Schläger auf den Boden werfen und wütend zu seinem Gegner blicken sollte. Er verzichtete jedoch darauf, lachte nur und spielte weiter. Er wusste: Diesen buddhistischen Mönch bringt sowieso nichts aus der Ruhe.

  • Hier geht es zu den Ergebnissen der US Open.
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