Qualifikation für die Champions League:Leverkusen zeigt sein neues Gesicht

Bayer 04 Leverkusen - FC Kopenhagen

Sympathisch treffsicher: Leverkusens Stefan Kießling

(Foto: dpa)

1:7 gegen Barcelona, 0:5 gegen Manchester, 0:4 gegen Paris: Bayer Leverkusen hat in der Champions League zuletzt heftige Abreibungen erlebt. Das soll sich unter Trainer Roger Schmidt nicht wiederholen. Und es gibt Grund zu Optimismus.

Von Andreas Morbach, Leverkusen

Stale Solbakken stand einsam im Tiefgeschoss der BayArena. Zwei Betreuer gesellten sich immerhin zum Chefcoach des FC Kopenhagen, der mit seinem kleinen schwarzen Rucksack auf dem Buckel vor einem Fernsehgerät stand und missmutig das Elfmeterschießen zwischen Ludogorez Rasgrad und Steaua Bukarest verfolgte.

Vor drei Jahren, als er ein paar Kilometer rheinaufwärts noch den 1. FC Köln trainierte, feierte Solbakken mal ein triumphales 4:1 in Leverkusen. Diesmal aber waren seine Dänen 4:0 überrollt worden - nach dem Kopenhagener 2:3 im Hinspiel eine derart klare Angelegenheit, dass Solbakken schnell in den Selbstverteidigungsmodus schaltete.

"Ich glaube", prophezeite der 46-jährige Norweger, "Leverkusen kann in der Champions League in dieser Saison gegen jedes Team ein gutes Ergebnis erzielen." Exakt das - gute Ergebnisse zu erzielen, und zwar zur Abwechslung selbst gegen die kickenden Hochkaräter des Kontinents - ist auch Bayers Plan für die soeben erreichte Königsklasse.

Die schlimmen Abreibungen der letzten Jahre, ob in Barcelona (1:7), gegen Manchester United (0:5) oder Paris Saint-Germain (0:4), haben sich tief in die Leverkusener Seele eingegraben. Und diese Krater will der erfolgreichste aller Bundesligisten in der noch jungen Spielzeit (vier Pflichtspiele, vier Siege) ordentlich auffüllen.

Unter ihrem neuen Trainer Roger Schmidt haben Bayers Spieler vor allem das extrem frühe, konsequente und konzertierte Attackieren des Gegners gelernt - und es konnte ihnen bislang gar nicht schnell genug gehen, den frisch eingeübten Stoff der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Beim Pokalspiel gegen Sechstligist Waldalgesheim in Mainz ging Leverkusen in der zweiten Minute in Führung, beim ersten Playoff in Kopenhagen in der fünften, in Dortmund dauerte es bis zum 1:0 ganze neun Sekunden - und gegen Solbakkens Dänen exakt eine Minute länger.

Skeptische Töne von Völler

Der Hinweis von Übungsleiter Schmidt ("Das frühe Tor war kein Zufall") wirkte da angesichts seiner wilden Horde von Gewohnheitstätern geradezu rührend. Mit seinem ausgeprägten Hang zum Offensivspiel hat der neue Bank-Chef bei den Leverkusenern, in der Vorsaison unter Sami Hyypiä noch mehr dem verwaltenden Fußball verbunden, augenscheinlich offene Türen eingerannt.

"Ich glaube, dass grundsätzlich alle Fußballer Bälle haben, Bälle erobern, einfach aktiv sein wollen. Man kann Spieler für diese Idee begeistern", gab Schmidt am Mittwochabend einen Einblick in seinen Erfahrungsschatz als Trainer. Fehler des Gegners zu erzwingen, sei "eine Qualität" seiner Mannschaft. Ach was, nicht bloß eine Qualität. "Dieses Vorwärtsverteidigen", so Schmidt, "ist eine Waffe."

Doch es gibt auch skeptische Kommentare zu den regelmäßigen Überfallkommandos. "Unser frühes Pressing birgt das Risiko, dass wir auch ein bisschen was zulassen. Es wird Spiele geben, wo das auch mal in die Hose geht", warnt Sportdirektor Rudi Völler. Und Stefan Reinartz, im defensiven Mittelfeld momentan nur zweite Wahl, gab zum Thema Blitzstarts zu bedenken: "Die werden in dieser Saison ganz wichtig für uns sein. Am Ende sind wir doch ganz schön auf dem Zahnfleisch gegangen - da ist es immer gut, wenn man führt."

Allzu defensives Denken ist aktuell jedoch absolut out. Das gilt auch für die kommenden Aufgaben in der Champions League. "Wir wollen die Gruppenphase überstehen - egal, wer die Gegner sind", betonte Roger Schmidt. Ideell unterstützt von Goalgetter Stefan Kießling, der nach neun Treffern in den ersten vier Partien zufrieden schnurrte: "Wir sind eine geile Mannschaft mit einer super Mentalität, auf und neben dem Platz."

Was übertragen auf die oft duckmäuserischen Auftritte in der Königsklasse ab sofort bedeutet: "Da wollen wir mal ein bisschen ein anderes Gesicht zeigen, uns einfach mal anders präsentieren."

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