Xabi Alonso beim FC Bayern:Zement fürs Zentrum

Xabi Alonso Arrives For Medical Check In Munich

Xabi Alonso am gestrigen Donnerstag nach dem sportmedizinischen Check beim Teamarzt des FC Bayern in München

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Vor nicht allzu langer Zeit wollte Xabi Alonso bei Real Madrid in Ehren altern. Nun soll der Spanier beim FC Bayern die ausgedünnte Mittelfeldzentrale verstärken. Beobachter sind gespannt auf die Physis des 32-Jährigen - und auf die erste Begegnung mit dem einstigen Barcelona-Trainer Pep Guardiola.

Von Oliver Meiler

32 ist ja kein Alter, eigentlich. Wenn nun Xabi Alonso von Real Madrid plötzlich einige große Weichen stellt, mit einem hübschen Abschiedsbrief seinen Platz in der spanischen Nationalmannschaft aufgibt und dann auch noch zum FC Bayern München wechselt, dann hat das eben doch mit dieser 32 zu tun, die im kommenden November schon in eine 33 übergeht.

"El Profesor" ist im Herbst seiner Karriere angekommen, die Unverzichtbarkeit seiner Dienste schwindet - zumindest in der Heimat. Aus Madrid hört man, Alonso sei es gewesen, der den Kontakt nach München gesucht habe. Er habe Reals Präsidenten Florentino Pérez gebeten, ihn gehen zu lassen. Ganz einfach kann ihm diese Bittstellung nicht gefallen sein.

Vor nicht allzu langer Zeit hatte der Baske noch um einen möglichst langen, gut ausgestatteten neuen Vertrag gerungen. So sehr, dass Pérez beinahe die Geduld verlor. Am Ende hat man sich auf eine Verlängerung um zwei Jahre geeinigt, bis 2016 also, dazu eine Option für eine weitere Saison. Das Salär war so angelegt, dass es dem verdienten Mittelfeldspieler ein Altern mit allen Ehren erlaubte: Sieben Millionen Euro, netto, jährlich. Nach der Unterzeichnung schrieb die Zeitung "El País": "Das Bernabéu kommt in den nunmehr seltenen Genuss, der Pensionierung eines seiner Idole beiwohnen zu können." So sah das auch Alonso. Nun kommt alles anders.

Im Sommer renovierte Real Madrid seinen Kader so, dass Xabi Alonso seinen vermeintlichen Stammplatz im defensiven Mittelfeld verlor. Verdrängt wurde er da von einem ehemaligen Münchner, von Toni Kroos, den Carlo Ancelotti auf einer Achse mit dem Kroaten Luka Modric spielen lässt - tiefer als es der gewohnt war, mit mehr Aufgaben nach hinten.

Zur Person

Xabi Alonso, 32, geboren am 25. November 1981 in Tolosa/Spanien (Baskenland), verheiratet (drei Kinder).

Bisherige Vereine: Real Sociedad San Sebastián (1999 bis 2004), SD Eibar (ausgeliehen 2000/2001), FC Liverpool (2004 bis 2009), Real Madrid (seit 2009).

Erfolge: Weltmeister (2010), Europameister (2008 & 2012), 114 Länderspiele (16 Tore - Rücktritt am Mittwoch), Champions-League-Sieger 2005 (mit Liverpool) und 2014 (mit Real Madrid), englischer Pokalsieger (2006), spanischer Meister (2012), spanischer Pokalsieger (2011, 2014).

Kroos ist angekommen. Er überzeugte die spanischen Medien und Reals anspruchsvolles Publikum von Beginn weg. Es heißt, er bewege sich so, als hätte er nie woanders gespielt. Und sollte Alonso auch noch Hoffnung auf einen Stimmungswandel Ancelottis gehabt haben, dann verlor er die spätestens zum Saisonauftakt gegen den FC Córdoba am vergangenen Montag - auf der Bank. Da saßen außerdem Sami Khedira und Asier Illarramendi, die je auf ihre Art die Rolle des Räumers zwischen den Welten, des Scheibenwischers vor der Abwehr, ebenfalls ausfüllen können.

In München dagegen ist die Konkurrenz im Mittelfeld gerade etwas dünner. Die großen und mittleren Unpässlichkeiten von Javi Martínez, Bastian Schweinsteiger und Thiago Alcántara zwangen die Bayern zu schnellen Verstärkungsmaßnahmen. Wenn es ihnen dabei vordringlich um eine Stabilisierung ging, um eine Zementierung des Zentrums also, dann bringt Xabi Alonso einige Fähigkeiten mit: Er ist ein Gleichgewichtsschaffer, einer, der dafür sorgt, dass das zentrale Gefüge nicht über die Maßen wackelt.

Zu Zeiten, da die Physis noch auf dem höchsten Stand war, mischte er Aggressivität und Eleganz in guter Dosierung. Seit ihn aber die Leisten plagen und die Beine nicht mehr ganz so schnell sind, kommt er bei Zweikämpfen auch einmal zu spät. Das sieht dann nicht so elegant aus. Die Passsicherheit ist die alte, technisch kann er das meiste.

Eklektiker, Kunstliebhaber, Posterboy

Vor allem aber bringt er Erfahrung mit, diese innere Ruhe des Veterans: 114 Länderspiele, zweimal Europameister, einmal Weltmeister mit Spanien. Die Champions League hat er auch gewonnen. Wie Ausland geht, weiß er ebenfalls. Xabi, Sohn des früheren Internationalen Periko Alonso, war erst 22, als er aus dem Baskenland und von seinem Heimklub Real Sociedad San Sebastián nach England zum FC Liverpool wechselte, die Beatles lieben lernte, sich zum Mann von Welt wandelte.

In Spanien hat der reservierte, ernsthafte Fußballer den Ruf eines Eklektikers und Kulturliebhabers. Er mochte nicht in einer dieser luxuriösen Wohnanlagen außerhalb Madrids wohnen, wo die meisten Stars des Vereins leben. Er zog mit seiner Familie ins Stadtzentrum. Alonso besucht Kunstausstellungen, zieht Autorenkino und alte Klassiker dem Boxoffice vor. Man sieht ihn auch mal im Café sitzen. Seinen acht Millionen Followern auf Twitter empfiehlt er auch seine Musikentdeckungen.

Und dann ist da noch der Posterboy Alonso, Modell einer italienischen Modemarke. Überall wirbt sie mit ihm: auf großen Plakaten, mit ganzseitigen Inseraten in den Hochglanzmagazinen. Es ist nicht überliefert, ob er sich auch verpflichtete, seinen roten Bart, diesen doch recht auffälligen und für einen Fußballer eher unüblichen Gesichtsschmuck, stehen zu lassen. Jedenfalls ist der Bart zum Markenzeichen gereift, und die Damenwelt scheint ihre Freude daran zu haben. In Umfragen zum erotischen Potenzial der Herren Fußballer schneidet er immer ganz vorne ab.

Mit einiger Spannung wird man in Spanien verfolgen, wie sich Xabi Alonso und Pep Guardiola zum ersten Mal begegnen werden. Als der Katalane noch den FC Barcelona coachte, war das Verhältnis der beiden zumindest angespannt, strapaziert von kleinen Scharmützeln rund um die Clásicos. Alonso war ein bedingungsloser Getreuer von José Mourinho, Peps Nemesis als Trainer von Real Madrid, dessen Statthalter auf dem Platz, zuweilen auch in der Umkleidekabine. Normalerweise verpuffen solche Rivalitäten aber schnell, dann zumal, wenn man plötzlich dieselben Vereinsfarben vertritt, fernab von der Heimat.

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