Ronaldo ist Europas Fußballer des Jahres:Eine Bühne ist seine Bühne

UEFA Best Player in Europe Award

Eine weitere Trophäe: Cristiano Ronaldo in Monaco

(Foto: dpa)

Die Fliege keck etwas zu schief: Cristiano Ronaldo stiehlt Manuel Neuer und Arjen Robben die Show und wird Europas Fußballer des Jahres. Kein anderer hat so selbstverliebt gespielt, kein anderer so spektakulär und erfolgreich.

Von Benedikt Warmbrunn

Cristiano Ronaldo ließ ein paar Meter Abstand, er überließ Arjen Robben und Manuel Neuer die Bühne, zumindest für ein paar Sekunden. Die beiden Spieler des FC Bayern warteten also, die Klubanzüge zugeknöpft, Robben mit eingefallenen Schultern, Neuer mit ausgestreckter Brust. Dann erst schritt Ronaldo heran, das Jackett offen, die Fliege keck etwas zu schief. Wann er ankommt, spielt für ihn ja keine Rolle. Cristiano Ronaldo sieht das prinzipiell zunächst einmal so: Eine Bühne ist immer seine Bühne.

Schließlich holte Ronaldo seine beiden Vorläufer ein, er stellte sich in die Mitte. Es ging nun im Grimaldi Forum in Monaco darum, wer den "Uefa Best Player in Europe Award 2014" erhalten würde. Ronaldo demonstrierte aber sogleich: Es ging jetzt nur noch um ihn.

54 Journalisten drückten auf einen von drei Knöpfen. Drei Minuten später, am Donnerstagabend um 19.01 Uhr, öffnete Uefa-Präsident Michel Platini einen Briefumschlag, zog eine Karte mit einem Namen heraus. Neuer klatschte. Robben klatschte. Zwischen ihnen ballte Cristiano Ronaldo beide Fäuste, fletschte die Zähne, trat zwei Schritte vor.

26 Stimmen hatte er bekommen, Neuer 19, Robben neun.

Zum vierten Mal wurde die Auszeichnung verliehen, zum vierten Mal gehörte Ronaldo zu den drei Finalisten. In den vergangenen Jahren hatte er stets verloren, 2013, als Franck Ribéry vom FC Bayern gewonnen hatte, war Ronaldo erst gar nicht nach Monaco geflogen. Nun stand er vor dem silbernen Bildnis eines männlichen Oberkörpers, ohne Kopf, mit ausgestreckten, abgehackten Armen. Ronaldo jubelte.

Kein Fußballer der Welt polarisiert zurzeit so sehr wie der Portugiese Cristiano Ronaldo dos Santos Aveiro von Real Madrid. Mit seinem betonten Narzissmus, seinem puppengleich perfekten Aussehen, der selbstverliebten Präsentation jedes einzelnen Muskels. Doch kaum ein Fußballer der Welt hat in der vergangenen Saison so spektakulär, so erfolgreich gespielt.

17 Treffer in elf Spielen

Ronaldo, 29, hat im Mai mit Real Madrid die Champions League gewonnen; es war der zehnte Titel für den Verein. Trainer Carlo Ancelotti hatte eine stabile Mannschaft geformt, mit dem Schwerpunkt des Offensivspiels auf schnellen Kontern. Mit dem Schwerpunkt auf Cristiano Ronaldo. Nach der Gruppenphase der Champions League hatte Ronaldo in fünf Spielen neun Tore erzielt. Der erste Rekord. Dann traf er im Achtelfinale viermal gegen Schalke 04, im Viertelfinal-Hinspiel einmal gegen Borussia Dortmund (im Rückspiel wurde er geschont). Dann kam das Halbfinale, gegen den FC Bayern. Im Hinspiel bereitete er den 1:0-Siegtreffer von Benzema vor. Im Rückspiel in München traf er beim 4:0 zweimal, mit dem ersten Tor stellte er einen weiteren Rekord auf: 15 Mal hatte vor ihm kein Spieler in der Champions League getroffen. Dann kam das Finale, Ronaldo traf vom Elfmeterpunkt zum 4:1-Endstand, der 17. Treffer im elften Spiel. Und ein weiterer Rekord: Er war damit der erste Spieler, der für zwei Champions-League-Sieger im Finale getroffen hatte; 2008 ist ihm das bereits für Manchester United gegen den FC Chelsea gelungen.

Am Donnerstag sagte Ronaldo zunächst: "Ich bin sehr, sehr glücklich." Und fügte hinzu: "Ohne das Team wären persönliche Auszeichnungen nicht möglich."

Eine Erkenntnis, die er bei der WM gewonnen hatte. In der Relegation hatte er alle vier Tore gegen Schweden erzielt, reiste als erster Portugiese zum dritten Mal zu einer WM. Dann enttäuschte er, geschwächt von einer Sehnenentzündung und einer Muskelverletzung, und mit ihm das Team. Einmal traf er, im dritten Gruppenspiel, beim 2:1 gegen Ghana.

Portugal schied aus. Es siegte der Individualist. Nicht Neuer, der bei der WM das Torwartspiel so modern ausgelegt hatte wie niemand zuvor. Nicht Robben, der seit einem Jahr sich an allen Verteidigern vorbeischlängelt, bei der WM dribbelte er die Niederlande auf Platz drei. Es war also keine Auszeichnung für den FC Bayern - anders als bei den Frauen für den VfL Wolfsburg: Nadine Keßler setzte sich gegen ihre Mitspielerinnen Martina Müller und Nilla Fischer durch.

Doch ganz am Ende der Zeremonie gehörte die Bühne Cristiano Ronaldo. Er hob den silbernen Oberkörper hoch, küsste ihn zärtlich auf die Rippen. Dann sagte er, dass sein Bruder die Trophäe ausstellen werde, im Cristiano-Ronaldo-Museum auf seiner Heimatinsel Madeira, 400 Quadratmeter groß.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: