Feiern im öffentlichen Raum:München pulsiert, aber leise

allparteiliches Konfliktmanagement in München (akim). Silencer, Streetworker gegen Lärm, nachts am Gärtnerplatz. Sie weisen das Feiervolk darauf hin, etwas leiser zu sein.

Seit Mai waren an fast jedem Wochenende Sozialarbeiter am Gärtnerplatz im Einsatz, um für Verständnis für die Anwohner zu werben.

(Foto: Florian Peljak)

Bis null Uhr vor dem Lokal sitzen? Kein Problem. Friedlich feiern am Gärtnerplatz? Geht doch. Zwei Projekte für ein besseres Miteinander im Münchner Nachtleben sind ein Erfolg - dank des Wetters.

Von Thomas Anlauf

Samstagabend, es geht auf Mitternacht zu. Vor den Lokalen in der Haidhauser Wörthstraße sitzen noch immer Dutzende Menschen gemütlich zusammen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, doch in München war dieser nächtliche Anblick nur ein dreimonatiger Testlauf, der an diesem Wochenende endet: Probeweise durften die Münchner Gastronomen seit dem 1. Juni jeden Freitag und Samstag ihre Gäste bis Mitternacht draußen bewirten, bislang war bereits um 23 Uhr Schluss. Die Bilanz nach den drei Monaten ist überraschend eindeutig: Es gab kaum Beschwerden und keinerlei Verwarnungen für Wirte wegen nächtlicher Ruhestörung.

Für die neue Mitternachts-Regelung kann das Kreisverwaltungsreferat (KVR) eigentlich nur "eine positive Bilanz" ziehen, sagt KVR-Sprecherin Daniela Schlegel. Die Ordnungsbehörde hatte bereits während der Fußball-Weltmeisterschaft relativ wenige Beschwerden registriert. Mit einer endgültigen Bewertung wollte das Referat jedoch noch den August abwarten - es war schließlich nicht auszuschließen, dass die Anwohner während der WM toleranter waren als sonst. Doch auch der dritte Monat brachte kein anderes Ergebnis: Die meisten Münchner genießen es, abends länger draußen sitzen zu können, die anderen tolerieren es.

Münchner Charme

Allerdings hat im August wohl auch das Wetter eine Rolle gespielt. Schlechtes Wetter und kühle Nächte vermiesten den Wirten das Sommergeschäft - gerade draußen vor der Tür. Auch Christian Schottenhamel hadert mit dem verregneten August: "Ob draußen in der Menterschwaige oder im Biergarten vom Löwenbräukeller - die Plätze sind halt leer. Das ist schon tragisch." Dass die Münchner die neue Wochenend-Regelung so gut angenommen haben, findet der stellvertretende Vorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands dagegen "umso schöner: Das macht doch den Münchner Charme aus, so eine pulsierende Stadt".

Ob die Münchner Wirte auch im kommenden Jahr draußen länger geöffnet haben dürfen, ist indes noch offen. Denn nach dem Modellversuch will sich das Kreisverwaltungsreferat zunächst mit den anderen zuständigen Referaten sowie mit der Polizei und dem Hotel- und Gaststättenverband besprechen, um noch dieses Jahr eine Beschlussvorlage für den Stadtrat auszuarbeiten. Möglicherweise wird dann kommendes Jahr die Mitternachts-Regelung für Freischankflächen an Wochenenden generell eingeführt.

Nächtliche Einsatzkräfte am Gärtnerplatz

Auch ein anderes Projekt für ein besseres Miteinander im Münchner Nachtleben war ein voller Erfolg. An diesem Samstag werden zum letzten Mal in diesem Jahr die städtischen Konfliktmanager von Akim (Allparteiliches Konfliktmanagement) die ganze Nacht am Gärtnerplatz stehen und mit den dort feiernden Besuchern reden. Das Sozialreferat und Münchens oberste Mediatorin Eva Jüsten wollen mit der Maßnahme erreichen, dass der seit Jahren anhaltende Streit über zu laute Gärtnerplatzbesucher aufhört.

Seit Mai waren an fast jedem Wochenende jeweils zwei Sozialarbeiter im Einsatz, um die Feiernden darauf aufmerksam zu machen, wenn sie zu laut waren und um für Verständnis für die Anwohner zu werben. "Die Nutzer des Gärtnerplatzes sehen Akim fast durchwegs positiv", sagt Eva Jüsten. Ganz selten seien Ausdrücke wie "Spaßbremsen" gegenüber den Konfliktmanagern gefallen. Die meisten hätten Verständnis für die Arbeit der Streetworker gezeigt. "Allein die Präsenz hat schon was bewirkt", findet Jüsten.

Wegwerfmentalität der Feiernden

Positive Resonanz haben sie und ihre nächtlichen Einsatzkräfte auch von den umliegenden Wirten am Gärtnerplatz erfahren. "Sie fühlen sich gut unterstützt." Denn auch sie haben natürlich ein Interesse daran, dass sich die Nachbarn nicht aufregen. Ein Zeichen, dass auch die Anwohner mit dem neuen Projekt am Gärtnerplatz zufrieden sind, sieht Eva Jüsten daran, dass sehr wenige auf dem Handy der Konfliktmanager angerufen hätten. Sämtliche Nachbarn hatten Visitenkarten mit einer Handynummer von Akim erhalten, die sie bei einer Lärmbelästigung rund um die Uhr anrufen konnten.

Ein Ärgernis konnten die Konfliktmanager jedoch nicht richtig abstellen: die Wegwerfmentalität vieler Feiernder. "Die Leute benutzen teilweise die Mülleimer am Gärtnerplatz überhaupt nicht", sagt Jüsten. Dank des wöchentlichen Protokolls, das die Streetworker nach ihren Einsätzen am Gärtnerplatz erstellt haben, kann die Leiterin der Stelle für Gemeinwesenmediation im Sozialreferat gemeinsam mit Polizei und Kreisverwaltungsreferat genau Bilanz ziehen.

Im Winter wird Eva Jüsten diese dann dem Stadtrat präsentieren. Im kommenden Jahr wird es sogar vier feste Stellen als nächtliche Konfliktmanager geben. Die Streetworker werden dann auch nicht mehr ausschließlich am Gärtnerplatz unterwegs. sein. Wo überall Akim zum Einsatz kommt, hängt von den Münchnern ab - die Streetworker gehen dort hin, wo es zu laut ist.

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