Xabi Alonso beim FC Bayern:Sofort in der Chefrolle

30 08 2014 Fussball Saison 2014 15 1 Bundesliga 2 Spieltag FC Schalke 04 FC Bayern Muenche; Xabi Alonso FC Bayern

Neuer Dirigent: Xabi Alonso beim FC Bayern.

(Foto: imago/Team 2)

Er dirigiert, ordnet, stemmt sich robust in die Zweikämpfe: Kurz nach seiner Landung gelingt Xabi Alonso beim 1:1 gegen Schalke ein beeindruckendes Debüt. Die Kollegen sind begeistert, doch auch am Gegentor ist der Spanier maßgeblich beteiligt.

Von Maik Rosner, Gelsenkirchen

Als Xabi Alonso vergnügt in den Gängen der Schalker Arena stehen blieb, galt es zunächst ein paar grundsätzliche Fragen zu klären. Meilen zwischen Madrid und München hatte der Spanier in den vergangenen Tagen fleißig gesammelt, vielleicht auch manch eine Crew auf den Flügen kennengelernt. Aber die neuen Kollegen beim FC Bayern, mit denen er nach seinem ersten Bundesligaspiel beim FC Schalke ein 1:1 vorzuweisen hatte, ob er die überhaupt schon alle namentlich kenne?

Alonso lachte. Die Situationskomik erschloss sich dem 32-Jährigen durchaus, erst am Freitag war sein Transfer von Real Madrid fixiert worden. Er antwortete ganz routiniert: "Natürlich, ich verfolge das Team in der Bundesliga seit Jahren."

Am Samstagmorgen hatte der prominente Zugang erstmals mit der Mannschaft auf dem Trainingsplatz gestanden. Leichtes Anschwitzen, wie das im Fußballjargon heißt, mehr passierte nicht. Die ersten Pässe überhaupt folgten dann im Wettkampf, kurz nach dem Anpfiff am Samstagabend um 18.30 Uhr. Pep Guardiola hatte seinen Landsmann gleich in die Startelf berufen, und der Trainer durfte sich später überwiegend bestätigt fühlen, so ungewöhnlich die Maßnahme auch daherkam.

Einen Kicker einzubauen, der zuvor kaum mehr als einen Handschlag mit den neuen Kollegen ausgetauscht hatte, dazu als Taktgeber im Zentrum des Spiels, das wäre selbst in der Landesliga ein recht ungewöhnlicher Vorgang gewesen. Doch Guardiola hatte Alonsos Nominierung nicht als Risiko eingeschätzt, und zumindest dieser Teil seines Matchplans durfte auch durchaus als geglückt bewertet werden.

"Er hat ein wunderbares Spiel gemacht, schöne Pässe gespielt", sagte Xherdan Shaqiri beeindruckt. "Das ist ein klasse Spieler. Dass Real Madrid den einfach so abgibt, damit hat man nicht gerechnet. Wir freuen uns, dass er bei uns spielt", befand Manuel Neuer. Kapitän Philipp Lahm lobte: "Er hat ein überragendes Passspiel, ist zweikampfstark. Er hat uns sofort geholfen." Und Thomas Müller ergänzte: "Er hat einen sehr guten Einstand gefeiert. Man hat gesehen, dass man ihn in allen Lagen anspielen kann."

Eine sehr hohe Erfolgsquote von 90 Prozent bei den Pässen wies die Statistik für Alonso aus, nach seinen ersten 68 Minuten für den FC Bayern. Der Welt- und zweimalige Europameister hatte sich sofort in jener Chefrolle eingefunden, die ihm zugedacht war. Er dirigierte, ordnete, stemmte sich robust in die Zweikämpfe, schob das Spiel ruhig und bedacht mit seinen Pässen an, führte sogar einen Freistoß aus, elegant inszeniert als Chip in den Strafraum. Fehler unterliefen ihm kaum.

Alonsos Foul führt zum Gegentor

Maßgeblich beteiligt war er allerdings am Gegentor. Sein Foul an Sidney Sam führte zum Freistoß vor dem Ausgleich von Benedikt Höwedes in der 62. Minute, den Alonso mit seiner Grätsche kurz vor der Torlinie nicht verhindern konnte. Bei seinem Rettungsversuch schoss er Höwedes an, von dessen Oberkörper sprang der Ball an die Hand und ins Tor. "Die zweite Halbzeit hat gezeigt, dass wir noch einiges verbessern müssen", sagte Alonso. Ziemlich zufrieden mit seinem Bundesligaeinstand konnte er dennoch sein.

Beigetragen hatte er maßgeblich zum Schwung im ersten Spieldrittel, in dem auch Robert Lewandowski sein erstes Bundesligator für die Münchner gelang (10.). Dass Alonso kurz nach seiner missglückten Rettungsaktion einen Krampf bekam und ausgewechselt werden musste, durfte wohl vor allem als ein Zeichen für den allgemeinen Fitnessrückstand bei den vielen WM-Kickern im Kader der Münchner gewertet werden.

Dieser Umstand war wohl auch verantwortlich für den zunehmend schwindenden Elan und den erfolglosen Versuch, gegen Ende noch einmal zielgerichtet Druck aufzubauen. Richtig gute Chancen konnten sich die Münchner nach dem Ausgleich nicht mehr erspielen. Ein mittleres Murren war zumindest deshalb aus dem Kader zu vernehmen, und Neuer bekannte, dass er "natürlich auch sauer" sei.

Müller ging ins Detail. "Ich glaube, ich habe den richtigen Anspruch, aber mit einem 1:1 bin ich hier nicht zufrieden. Es ist ärgerlich, wenn man es nicht schafft, in 20 Minuten noch eine richtig 100-Prozentige herauszuspielen", sagte er, rang nach Worten und entschloss sich, seine Gram mild zu umschreiben: "Ich bin nicht super froh."

Das war ebenso bei Lahm herauszuhören, aber auch der 30-Jährige hat mittlerweile ähnlich viel Erfahrung und Routine angehäuft wie Alonso. Sie haben sich beim FC Bayern auf leichte Irritationen in der ersten Phase der Saison eingestellt, nach der WM samt kurzer Vorbereitung. Und deswegen fand es Lahm wohl angemessen, die ersten beiden Ligaspiele auf recht grundsätzliche Art zu bilanzieren. "Ein guter Start wären sechs Punkte, ein schlechter Start wären null. Jetzt sind wir bei vier, das ist okay", sagte der 30-Jährige.

Und was den ersten Kontakt mit Alonso anging, erklärte er noch, wie unkompliziert das doch eigentlich sei: "Den kennt ja jeder, deswegen ist das nichts Großartiges. Der Spieler kommt und stellt sich jedem vor und das war's." Dann wird gekickt. Manchmal läuft das offenbar sogar im Profifußball so schlicht ab.

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