Torhüter Ortega beim TSV 1860:Schlabberlook war gestern

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Neue Nummer eins: Stefan Ortega.

(Foto: imago sportfotodienst)

Beim 1:1 der Löwen gegen Darmstadt feiert zumindest Stefan Ortega eine gelungene Heimpremiere als Stammtorwart von 1860. Der Neue hält gut und emanzipiert sich sportlich wie optisch von Gabor Kiraly.

Von Andreas Babst

Der Mann, der die graue Turnhose mit Schluffifaktor in München zum Kultobjekt gemacht hatte, war diesmal gar nicht da - Gabor Kiraly wurde vergangene Woche zu Fulham transferiert. Und doch wehte der Geist des Ungarn noch durch die verregnete Arena in Fröttmanning. Das Duell 1860 gegen Darmstadt war das erste Spiel nach der Ära Kiraly, das Post-Schlabberhosen-Spiel sozusagen.

Mit einem simplen "Servus Gabor Kiraly" wurde der einstige Stammtorhüter und Fanliebling in der Stadionzeitung verabschiedet. Dem Stadionsprecher waren die fünf Löwenjahre des Keepers immerhin ein "Dankeschön, Gabor" wert. Doch dann war diese Personalie schnell abgehakt: "Wir begrüßen mit der Nummer 24 Stefan Ortega", hallte es durch das Stadion - Ortega also, an diesen Namen müssen sich die Fans erst gewöhnen.

In neongelber kurzer Hose stand Ortega im Tor, mehr Kontrast zu Kiralys grauem Markenzeichen geht nicht. Optisch gelang die Emanzipation von England-Flüchtling Kiraly bereits, sportlich gestaltete sie sich schwieriger. Zumal Ortega am vergangenen Spieltag gegen Heidenheim, in seiner ersten Partie als Nummer eins, nicht gänzlich überzeugt hatte. Ein seltenes Missgeschick ließ Zweifel am jungen Torhüter aufkommen: Er hatte beim Abwurf die Strafraumgrenze übertreten und dem Gegner einen Freistoß aus bester Position ermöglicht - der Pfosten hatte Schlimmeres verhindert.

Derartiges passierte ihm gegen Darmstadt nicht. Ortega spielte solide und rettete mehrmals. Auch dank ihm holten die Münchner beim 1:1 gegen Darmstadt einen Punkt. Es war ein Remis, über das sich trotzdem keiner freute: "Es ist sehr frustrierend für die Mannschaft", sagte Trainer Ricardo Moniz hinterher - gut hatten sich die Löwen wahrlich nicht präsentiert. Die Formsuche geht also weiter, die Frage aber bleibt: Woher sollen die Impulse kommen?

Bemerkenswert ist immerhin, dass der Klub jetzt mit einem 21-Jährigen als Stammtorhüter in die Saison geht. Im Sommer kam Stefan Ortega überraschend vom Zweitliga-Absteiger Arminia Bielefeld nach München. Eingeplant war er wohl eher als Nummer zwei hinter Gabor Kiraly, doch nach dessen Demontage setzt Trainer Moniz nun auf Ortega anstelle des Ur-Münchners Vitus Eicher als ersten Torwart. Zwar hatte Ortega bei seiner Ankunft gesagt: "Ich möchte so schnell wie möglich die Nummer eins werden" - aber dass es so schnell ginge, hätte er wohl selber nicht geglaubt.

Und ausgerechnet gegen Darmstadt sollte er dann gleich sein erstes Heimspiel als Stammkraft bestreiten. Schon vergangene Saison spielte er gegen den Aufsteiger; damals noch im Trikot von Arminia Bielefeld - es waren die Relegationsspiele zur zweiten Liga. Ortega kassierte in den letzten Sekunden des Rückspiels ein Gegentor, das Darmstadts Auf- und Bielefelds Abstieg beschloss.

"Weiterer Torwart ist kein Thema"

Damals ebenso dabei: Darmstadts Dominik Stroh-Engel, der in Bielefeld zum 1:0 traf. Der Zufall wollte es, dass dieser Stroh-Engel auch am Sonntag in München zum 1:0 vollstreckte; in der 31. Minute schoss er aus kurzer Distanz auf Tor, Ortega war chancenlos, weil seine Verteidiger geschlafen hatten. Ansonsten gab es für ihn wenig zu tun, er konnte sich vorwiegend auf das Ausführen von Abschlägen und Freistößen konzentrieren. Nur einmal musste er rettend eingreifen, als er eine flache Hereingabe zuerst verpasste, den darauf folgenden Schuss von Jerome Gondorf aber parieren konnte. Nach dem Gegentor verflachte die Begegnung weiter, weshalb Ortega beschäftigungslos im Regen stand.

Als in der 54. Minute Rubin Okotie den Ausgleich erzielte, folgte für die Münchner eine Phase, in der endlich einmal etwas zu gelingen schien. Vorwiegend durch Leonardos unzählige Dribblings durch die Mitte entwickelte der TSV Druck. Da habe sein Team "ein wenig geschwommen", räumte auch Darmstadts Trainer Dirk Schuster ein. Durch den plötzlichen Offensivdrang entstanden in der Münchner Abwehr Lücken, weshalb Ortega mehrmals eingreifen musste, um sein Team im Spiel zu halten.

Einmal hielt der Torwart mit einer unorthodoxen Gabor-Kiraly-Gedächtnis-Fußparade (66.) und einmal brachte er sein Knie gerade im richtigen Moment auf den Boden (69.), so dass ihm der Darmstädter Hanno Behrens den Ball nicht durch die Beine spitzeln konnte. In der Schlussphase beschränkte sich Ortega dann aufs Wiederaufrichten von Kammeraden und Gegnern, die sich zuhauf vor seinem Strafraum auf dem Boden wälzten. Bälle kamen nur noch selten aufs Tor - und der Regen wollte einfach nicht nachlassen.

Ortegas Heimdebüt ist aber trotz des Mistwetters durchaus gelungen und so überrascht es nicht, dass 1860 wirklich auf ihn vertrauen will: "Ein weiterer Torwart ist kein Thema" sagte Münchens Sportchef Gerhard Poschner nach dem Spiel. Er glaube an die Torhüter, die im Kader ständen, also auch an die neue Nummer eins in den kurzen neongelben Hosen.

Der Gelobte wollte sich nach dem Spiel nicht äußern. Er hatte es eilig aus dem Regen zu kommen und in etwas Trockenes zu schlüpfen - vielleicht in eine graue Schlabberhose.

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