Da saßen sie auf dem Podium an der Säbener Straße, zwei Männer mit rotbraunem Bart. Und der eine, ein berühmter deutscher Ex-Fußballer, erklärte, warum der andere, ein berühmter spanischer Fußballer, nun in München ist. Und warum nicht: "Xabi Alonso soll nicht spielen wie Matthias Sammer", sagte Matthias Sammer über Xabi Alonso.
Der Sportvorstand des FC Bayern sah sich zu diesem Exkurs genötigt, um zu erklären, wie Alonso, den die Bayern am Freitag für zehn Millionen Euro von Real Madrid erworben hatten und am Montag offiziell vorstellten, auf dem Platz agieren soll. "Xabi soll die Ideen von Pep Guardiola verkörpern", sagte Sammer: "Es muss gelingen, die Ideen von Pep mit der Qualität der Spieler zu verbinden. Das ist ein Prozess."
Dieser Prozess hat am Samstag beim 1:1 gegen den FC Schalke 04 mit einem 68 Minuten langen Einsatz gut begonnen - und das war nicht selbstverständlich. Denn Alonso, 32, ist zwar ein Fußballer mit Weltklasseformat. Er hat bislang jedoch eine andere Fußballphilosophie vertreten als Bayerns Trainer Guardiola.
Alonso hat mit dem FC Liverpool und Real Madrid die Champions League gewonnen, dort stand er für strategisch klugen Defensivfußball, mit einer tief stehenden Abwehrreihe und konterstarken Stürmern. Doch Guardiola mag keine tief stehenden Abwehrreihen: Er stand und steht für rasanten Offensivfußball. Sammer weiß, dass es wohl keinen Trainer auf der Welt gibt, der so für seine Philosophie einsteht wie Guardiola. Doch Sammer gab zu, dass sich diese Philosophie mit einer Figur wie Alonso in zentraler Position in Nuancen wandeln könnte. Dafür adelte Sammer den Zugang aus dem Baskenland mit einem majestätischen Vergleich: Schließlich habe auch Franz Beckenbauer, sagte Sammer, den FC Bayern als Spieler geprägt.
In Gelsenkirchen hatte Alonso angedeutet, wie sehr er eine Mannschaft prägen kann. Noch deutlicher wurde dies jedoch am Sonntagabend im Estadio Anoeta in San Sebastián. Dort verloren Alonsos bisherige Kollegen von Real Madrid 2:4 gegen Real Sociedad. Madrid hatte schnell 2:0 geführt, Nationalspieler Toni Kroos hatte das 1:0 per Eckstoß vorbereitet. Doch dann luden die Madrilenen den Außenseiter, der am ersten Spieltag noch 0:1 bei Aufsteiger Eibar verloren hatte, mit laxem Defensivverhalten zu vier Toren ein. Im defensiven Mittelfeld spielten in Kroos und Luka Modric zwei Offensivspieler - und wirkten überfordert. Es fehlte an Ruhe, Ordnung und der Balance zwischen Abwehr und Angriff. Es fehlte Xabi Alonso.
"Ein komisches Gefühl"
"Das Ergebnis war eine Überraschung für alle. Und es war ein komisches Gefühl, meine Teamkollegen zu sehen und nicht mehr dazuzugehören", sagte Alonso. Ob er nun die bessere Verpflichtung als Kroos sei, den die Bayern nach der Weltmeisterschaft nach Madrid verkauft hatten? "Ich gebe die Antwort auf dem Platz", sagte Alonso, er grinste.
Auch die Irritationen darum, dass er der fünfte Spanier bei den Bayern ist und dies das Bild der Mannschaft zu sehr prägen könnte, nahm er so gelassen hin, wie er am Sonntag für ein Foto-Shooting in Lederhosen geschlüpft war. "Es ist wichtig, dass es eine große deutsche Gruppe gibt", sagte er: "Das ist auch wichtig für die Identität eines Vereins."
Sammer nickte, als Alonso vom Gewinn der Champions League als großem Ziel sprach, er tätschelte ihm die Schulter, als er ihn vorstellte. "Das ist für den Klub ein besonderer Moment. Wir können einen großen Spieler und eine große Persönlichkeit bei uns begrüßen." Überall, wo Alonso in den vergangenen Tagen aufgetaucht sei, schwärmte Sammer, habe er große Präsenz gezeigt, nicht nur auf dem Platz: "Auch im Essensraum und in der Kabine. Junge Spieler brauchen Vorbilder. Sie werden von ihm profitieren."
Nur einmal wich die Zufriedenheit aus Sammers Gesicht. Es ging um die Verletzungen der Mittelfeldspieler Thiago und Bastian Schweinsteiger: "Ich wünsche mir, dass sie schnell zurückkommen." Immerhin: Verteidiger Javi Martínez hat seine Kreuzband-Operation in den USA erfolgreich überstanden und beginnt in dieser Woche in München mit der Reha. Es ist eine gute Nachricht für den FC Bayern, Martínez ist ein wichtiger Spieler. Er spielt, wenn man so will, ein wenig wie früher Matthias Sammer.