Basketball:"Ich wusste nicht, wie man München schreibt"

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Adreian Payne spielt in der NBA in der kommenden Saison für die Atlanta Hawks. Und er ist das neue Werbegesicht eines Münchner Unternehmens. Mit der SZ spricht er über Basketball beim FC Bayern, seinen Teamkollegen Dennis Schröder, dünne Pizza und seine Freundschaft zu einem krebskranken Mädchen.

Interview von Sebastian Fischer

Adreian Payne muss sich ducken, sonst passt er nicht durch die Tür. Nichts besonderes für einen Basketballspieler, aber Payne, 23, aus Dayton, Ohio, misst 208 Zentimeter - in den USA qualifiziert das zu der Bezeichnung "Big Man". Payne führte die Spartans der Michigan State University als Power Forward und Center unter die letzten Acht der College-Meisterschaften. Er fiel auf, wurde in diesem Sommer von den Atlanta Hawks in der ersten Runde des Drafts ausgewählt, der Weg in die Profiliga NBA schien fast zwangsläufig. Dass er vom Münchner Unternehmen k1x als NBA-Werbegesicht unter Vertrag genommen wurde, war dennoch alles andere als selbstverständlich. Jetzt sitzt Payne in einem Zimmer in München-Neuhausen auf einem kleinen Stuhl, an einem kleinen Tisch, umringt von Schuhkartons und meterhohen Papp-Aufstellern mit dem Konterfei der NBA-Legende Shaquille O'Neal. Payne trägt eine graue Jogginghose und ein riesiges, graues T-Shirt, wischt sich einmal über die Stoppelfrisur und kraust seinen Bart. Dann ordert er bei seinem Manager einen Liter stilles Wasser und trinkt die halbe Flasche in einem Zug aus. Es kann losgehen, das Gespräch mit dem zukünftigen NBA-Spieler.

SZ: Herr Payne, kennen Sie Svetislav Pesic?

Adrian Payne: Nein, was ist das? Ich bin nicht so gut in Geschichte.

Das ist der Name des Trainers vom FC Bayern München, dem deutschen Basketball-Meister. Haben Sie von dem Verein schon mal etwas gehört?

(schaut überrascht, schüttelt den Kopf)

Was wissen Sie denn über den deutschen Basketball?

(schüttelt den Kopf)

Aber Dirk Nowitzki werden Sie ja sicherlich kennen?

Klar, wer er ist, weiß ich. Er ist auch in den USA ein Star, einer von den ganz Großen. Aber ich weiß nicht so viel über die NBA, ich habe auch früher als Kind nicht viel Basketball geschaut, bin nicht der typische Junge, der mit Basketball aufgewachsen ist. Über College-Basketball kann ich dir viel erzählen, denn in den Ligen habe ich selbst gespielt.

Sie haben zuletzt mit einem Deutschen zusammengespielt in Michigan, mit Gavin Schilling. Der wurde hier in München geboren.

Ah ja, stimmt. Er wird in diesem Jahr eine bedeutende Rolle bei den Spartans einnehmen. Es kommen immer mehr Spieler aus dem Ausland in die USA, zum College und in die NBA.

Bald spielen Sie sogar wieder mit einem zusammen: bei den Atlanta Hawks, mit dem deutschen Nationalspieler Dennis Schröder. Haben Sie ihn schon kennengelernt?

Wir haben zusammen trainiert und Summer League gespielt (eine von der NBA organisierte Liga für junge Spieler, Anm. d. Red.). Er ist ein guter Junge. Er ist wirklich jung, sehr jung. Er kam mit 18 in die USA. Ich kann mir das gar nicht vorstellen, wie schwierig das war. Aber er ist ein sehr guter Basketballer.

Basketball-Profi Adreian Payne spielt in der NBA für die Atlanta Hawks. Und er ist das neue Werbegesicht eines Münchner Ausrüsters. (Foto: Benjamin Odutola)

Ist er auch gut genug, es in der NBA zum Starter zu schaffen?

Er ist sehr, sehr schnell, findet immer den Weg zum Korb, und er ist ein guter Passgeber. Er ist besser als die College-Spieler, gegen die ich in den letzten Jahren gespielt habe. Wenn er jetzt College spielen würde, würde er wirklich dominieren, glaube ich.

Wie groß ist der Sprung vom College-Star zum Basketball-Profi?

Der ist sehr groß. Am schwersten ist das Training. Ich freue mich auf die Saisonvorbereitung im Oktober, aber es wird sehr hart: Das Ausdauertraining, das Krafttraining, die Regeneration. Das nimmt nun alles viel mehr Zeit in Anspruch und als College-Spieler ist dein Körper daran noch nicht gewöhnt. Auf der anderen Seite habe ich nun mehr Zeit für Basketball. Und es wird bestimmt einfacher, wenn man einmal dabei ist.

Viele Spieler werden auch gar keine Profis, oder zumindest nicht in der NBA.

Ja, das ist nicht einfach. Ich habe mit Spielern gesprochen, die vor dem Draft nicht wussten, was passiert. Manche haben auch darüber gesprochen, nach Europa zu wechseln, in die Türkei.

Wäre das auch für Sie eine Option gewesen?

Nein. Ich habe mit dem US-Team einmal in Russland gespielt, in Kasan. Es war schrecklich.

Warum?

Die Schiedsrichter haben ständig Fouls gegen mich gepfiffen. Ich konnte es nicht ausstehen. Europäischer Basketball ist mir zu wenig körperbetont.

Wie war das beim Draft? Die Zeit, in der Sie darauf gewartet haben, auf die Bühne zu gehen, ihren neuen Arbeitgeber zu kennen, die Kappe mit dem Vereinslogo aufsetzen zu dürfen...

Mann, ich war nervös. Ich habe geschwitzt wie verrückt. Mein Hintern war nass vor Schweiß, ich dachte mir: Mann, du sitzt hier schon viel zu lange. Ich hatte Angst, dass man einen riesigen Schweißfleck sehen würde, wenn ich aufstehe. Das wäre peinlich gewesen.

Jetzt haben Sie noch keine Sekunde gespielt und schon ihren ersten internationalen Werbevertrag in der Tasche.

Ja, ich war sehr überrascht.

Ihr Ausrüster hatte schon mal einen anderen NBA-Spieler unter Vertrag: Ron Artest. Der hat dann zwar irgendwann seinen Namen zu Metta World Peace (Weltfrieden, Anm. d. Red.) geändert, sich allerdings während eines Spiels geprügelt und mit Eskapaden für Furore gesorgt. Der Werbe-Deal war schnell Geschichte. Sind Sie ein ähnlicher Typ?

Ich bin sehr zurückhaltend und besonnen, also eigentlich genau wie Ron Artest (lacht). Nein, quatsch. Ich mache keine Negativschlagzeilen, das mag ich eigentlich überhaupt nicht. Ich bin albern, entspannt, offen. Und mir liegen Menschen am Herzen.

Sie sind in den USA berühmt, weil Sie sich nach einem PR-Termin ihres Basketballteams im Krankenhaus mit einem acht Jahre alten krebserkrankten Mädchen anfreundeten und mit ihr in Kontakt blieben. Bis zu ihrem Tod im April haben Sie sie zu Spielen eingeladen. Bei Ihrem letzten Spiel in Michigan sind Sie gemeinsam mit ihr eingelaufen.

Das hat mir sehr viel bedeutet. Ich habe einfach die Familie kontaktiert und dieser Boom hat sich verselbstständigt, weil die Medien darüber berichteten. Das wollte ich gar nicht. Ich wollte für sie einfach jemand sein, zu dem sie aufblicken kann.

Wie sind sie auf dem Basketballfeld?

Außerhalb bin ich vielleicht zurückhaltend, aber auf dem Platz hat mich noch niemand weich genannt. Ich liebe es, zu blocken, zu dunken, die Leute zu begeistern. Bei Spielen liebe ich, wenn es laut ist, wenn viele Leute da sind. Das ist wie Hollywood. Das sind meine Spiele. Dann muss man sich um die anderen Spieler sorgen. Denn AP ist bereit.

Wenn Sie Dennis Schröder wiedersehen, was erzählen Sie ihm von München?

Ich habe versucht, Kontakt mit ihm aufzunehmen und ihm eine SMS geschrieben. Aber ich weiß nicht, wo er gerade ist. Und ich wusste nicht, wie man München schreibt (lacht). Ich werde Dennis erzählen, dass ich dünne Pizza gegessen habe.

Dünne Pizza?

Ja, die Pizza ist anders hier. Wenn die Leute hier sagen, dass die Kruste dünn ist, dann ist sie wirklich dünn. Wenn man in den USA eine dünne Kruste bestellt, dann ist die so dick (nimmt eine Zeitschrift zur Hand). Aber hier ist sie so dünn (klemmt eine Seite der Zeitschrift zwischen Daumen und Zeigefinger).

Was ist Ihnen noch aufgefallen?

Es gibt hier Obst auf der Straße zu kaufen (lacht). Und diese Sprache. Sie klingt so aggressiv, auch wenn sich die Leute darüber unterhalten, was sie zu Mittag essen. Was mir gefällt, ist, dass in der Stadt viel los ist, aber es ist nicht so laut und hektisch ist wie in New York oder Chicago.

Und wenn Sie das nächste Mal München besuchen, wissen Sie auch Bescheid, wenn jemand von Svetislav Pesic spricht.

Ja! Das ist die Mannschaft hier.

So heißt ihr Trainer.

Ach so, stimmt, der Trainer.

© SZ vom 02.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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