Seuche in Westafrika:UN vergleichen Ebola-Ausbruch mit Tsunami

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"Eine globale Bedrohung": Die Chefin der WHO bezeichnet die Ebola-Epidemie als schwerste Gesundheitskrise, die die Vereinten Nationen je zu bewältigen hatten und vergleicht den Ausbruch mit dem Tsunami von 2004. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen erklärt den Kampf gegen Ebola als längst verloren.

  • Die Vereinten Nationen sehen die Ebola-Epidemie in Westafrika als "eine der schwersten Gesundheitskrisen, die die UN je zu bewältigen hatte". Es handele sich um eine globale Bedrohung.
  • Gleichzeitig betont die WHO-Chefin Margaret Chan, der Ausbruch der Seuche könne kontrolliert und gestoppt werden.
  • Durch die zunehmende Isolation der westafrikanischen Länder droht den UN zufolge eine Stagnation der Wirtschaft und eine Lebensmittelkrise.
  • Die Mediziner-Organisation Ärzte ohne Grenzen sieht den Kampf gegen Ebola als längst verloren, die Staaten hätten zu spät und nicht entschlossen genug reagiert.

UN: Ebola ist vergleichbar mit Tsunami von 2004

Der Ebola-Ausbruch in Westafrika ist nach Ansicht der Vereinten Nationen eine ähnlich große Herausforderung für die internationale Gemeinschaft wie der Tsunami im Indischen Ozean 2004 oder das Erdbeben in Haiti 2010.

"Es ist eine der schwersten Gesundheitskrisen, die die UN je zu bewältigen hatten", sagte Vize-Generalsekretär Jan Eliasson. "Dieser Ausbruch ist größer, komplexer und ernster als alles, was wir in der 40-jährigen Geschichte von Ebola gesehen haben", sagte die Chefin der Weltgesundheitsorganisation, Margaret Chan. "Die Situation ist kritisch, ängstigend, aber wir werden es schaffen." Die Epidemie sei ein Test für die Infrastruktur der betroffenen Länder und die Solidarität der Welt. Man müsse helfen, mit Experten, Material oder Geld. "Es ist eine globale Bedrohung. Aber dieser Ausbruch kann und wird kontrolliert werden. Wir wissen, was zu tun ist und wir werden es tun."

Warnung vor Lebensmittelkrise

Die UN bestätigten, dass Schiffe Liberia und Sierra Leone wegen Ebola meiden, viele Fluggesellschaften fliegen die Region nicht mehr an. "Wir verstehen diese Ängste", sagte UN-Koordinator David Nabarro. "Aber mit den nötigen Maßnahmen ist die Gefahr beherrschbar." Für die betroffenen Länder stehe die Zukunft auf dem Spiel. "Isolierung ist nicht die Antwort. Dann gefährdet man die in den vergangenen Jahren teuer erkauften Erfolge beim Aufbau der Wirtschaft."

Die UN äußerten ihre "große Besorgnis über die Nahrungsmittelversorgung" in den am stärksten betroffenen Ländern Guinea, Liberia und Sierra Leone. Es gebe Panikkäufe, die Preise stiegen und bestimmte Nahrungsmittel würden knapp. Wie die UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) mitteilte, wird in Guinea, Liberia und Sierra Leone mit Schwierigkeiten bei den anstehenden Ernten gerechnet. Durch die Quarantäne, die über bestimmte Gebiete verhängt worden sei, und die Beschränkungen beim Personenverkehr drohten Engpässe bei den Erntehelfern. Die zwei großen Ernten Westafrikas - Reis und Mais - stünden bevor.

Ärzte ohne Grenzen: Die Welt hat viel zu spät reagiert

Die Mediziner-Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) ist der Ansicht, dass der Kampf gegen die Seuche längst verloren sei. Die Welt habe viel zu spät und dann zu langsam auf die Gefahr reagiert. "Staaten mit der Möglichkeit, auf einen solchen Ausbruch zu antworten, müssen sofort Experten und Material in die betroffenen Regionen schicken", hieß es von der Hilfsorganisation. Viele Länder könnten zivile oder militärische Teams entsenden, tun es aber nicht. "Die bloße Ankündigung von Spenden oder das Einfliegen von ein paar Experten lösen das Problem nicht", sagte MSF-Chefin Joanne Liu.

Weil die Ebola-Epidemie alle medizinische Hilfe beansprucht, sterben in Sierra Leone, Liberia und Guinea immer mehr Menschen an anderen Krankheiten. Vielerorts seien zudem Gesundheitsstationen unbesetzt, weil die örtlichen Kräfte sich selbst mit Ebola infiziert hätten oder aus Angst vor Ansteckung nicht zur Arbeit gingen, berichtet Ärzte ohne Grenzen. "Das hat zur Folge, dass es nun auch immer mehr Menschen gibt, die an behandelbaren Krankheiten wie Malaria oder Durchfall sterben. Und bei Geburten gibt es kaum noch Möglichkeiten für Kaiserschnitte", sagte Mariano Lugli, Direktor für Internationale Einsätze.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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