Nach EZB-Zinssenkung:Euro sackt ab

Nach der der überraschenden Zinssenkung der EZB spekulieren Händler weltweit gegen den Euro. Die Aussicht auf noch billigeres Geld schickt die Gemeinschaftswährung auf Talfahrt. Das kommt Mario Draghi entgegen.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Es war um 13.45 Uhr. Die Nachricht von der überraschenden Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank (EZB) war soeben in Millisekunden über die globalen Nachrichtennetzwerke in die Börsenhandelsräume dieser Welt verschickt worden. Da machte der Wert des Euro einen riesigen Satz, und zwar nach unten. Wie ein Pfeil.

Europas Währung purzelte binnen Sekunden von 1,31 US-Dollar auf 1,30 Dollar, später am Nachmittag gab der Euro noch weiter bis auf 1,29 Dollar nach. Das entsprach einem Tagesverlust von knapp zwei Euro-Cent oder 1,6 Prozent.

Das ist an den Devisenmärkten, wo kurzfristige Preisbewegungen in aller Regel erst an den dritten Nachkommastellen messbar sind, ein kleiner Crash. Mario Draghis Medizin hat gewirkt. Weltweit spekulieren Händler gegen den Euro. Man kann das an den Terminmärkten in den USA ablesen. Die aktuellen Daten vom Donnerstag waren eindeutig: So viele Wettgeschäfte gegen Europas Währung hat es seit Juli 2012 nicht mehr gegeben.

Die Märkte reagieren sofort

Im Jahr 2012 spekulierte man auf einen Zusammenbruch der Eurozone. Dieses Mal geht es "nur" um eine Abwertung. Die Märkte reagierten sofort und verkauften den Euro, weil der fortan weniger Zins abwirft. Dieses Mal dürfte EZB-Chef Draghi diese Reaktion auch nicht unangenehm sein, die er mit der Absenkung des Leitzinses auf 0,05 Prozent auslöste.

Denn Draghi selbst war es, der im Frühsommer gesagt hatte, der starke Euro bereite den Notenbankern Kopfzerbrechen. Den Italiener sorgte in den letzten Wochen dabei weniger die Wettbewerbsfähigkeit der Konzerne als vielmehr die niedrige Inflation in der Eurozone. Die ist im August weiter auf 0,3 Prozent gefallen. Die EZB strebt zwei Prozent als Puffer gegen eine gefährliche deflationäre Entwicklung an: Ein starker Euro verbilligt dabei die Importe aus anderen Währungsräumen, was die Teuerungsrate noch mehr drückt.

Die Äußerungen Draghis und die zweimaligen Zinssenkungen seit Juni haben die Finanzmärkte überzeugt. Der Euro kostete Anfang Juli noch 1,36 Dollar, Anfang August lag der Wert schon bei 1,33 Dollar. Niemand wettet gern gegen eine Notenbank. Zudem stehen in den USA bald höhere Leitzinsen an - viel früher zumindest als in Europa. Das verstärkt die Nachfrage nach Dollar-Investments. Der Dollar steigt, und das verbilligt Ausfuhren aus dem Währungsraum und kann damit auch die Konjunktur in der Eurozone stärken.

Draghi beklagte am Donnerstag erneut, dass die Wirtschaft in der Eurozone sich sehr schwach entwickele. Der EZB-Chef forderte daher weitere wirtschaftspolitische Reformen von den Regierungen. In der Tat bleibt das Wachstum hinter den Erwartungen von Jahresanfang zurück.

Monatelang war in diesem Zusammenhang auch der starke Euro in Europa ein Thema. Vor allem aus Frankreich war immer wieder die Forderung gekommen, die EZB möge mehr tun. Auch Fabrice Brégier, Chef der Zivilflugzeugsparte von Airbus, hatte im Sommer die Stärke des Euro und die Schwäche des Dollars beklagt. "Die Amerikaner und die Japaner setzen gezielt ihre Währung ein, um ihre Industrien zu fördern", sagte Brégier.

Airbus habe seine Kosten zu 90 Prozent in der Eurozone, verkaufe aber 90 Prozent seiner Produkte in Dollar. "Steigt der Euro um einen Cent gegenüber dem Dollar, fehlen uns 100 Millionen Euro im Ergebnis." Der Franzose konnte nun also verlorenes Geld wieder reinholen.

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