Feuerpause in Ostukraine:Separatisten werfen Regierungstruppen erneut Verstoß gegen Waffenruhe vor

Crisis in Ukraine

Ist die Feuerpause eingehalten worden oder nicht? Es gibt widersprüchliche Angaben. Dieser ukrainische Soldat jedenfall macht ein Pause in der Nähe der Stadt Debalzewo.

(Foto: Roman Pilipey/dpa)

In der Hafenstadt Mariupol soll es Explosionen gegeben haben. Prorussische Rebellen und ukrainische Regierungstruppen werfen sich gegenseitig Brüche der Feuerpause vor. Der beschlossene Gefangenenaustausch soll aber schon begonnen haben.

  • Feuerpause soll erneut gebrochen worden sein. Separatisten und Regierungstruppen geben sich gegenseitig die Schuld.
  • Die Präsidenten der Ukraine und Russlands sehen die Waffenruhe als weitgehend eingehalten an.
  • Russland droht der EU mit Gegenmaßnahmen, falls die angekündigten Sanktionen tatsächlich Anfang der Woche in Kraft treten.

Raketenbeschuss und Explosionen in Donezk und Mariupol

Die Separatisten in der Ostukraine haben den Regierungseinheiten erneut einen Verstoß gegen die vereinbarte Feuerpause vorgeworfen. Stellungen nahe Mariupol seien unter Feuer genommen worden, teilten die Aufständischen am späten Samstagabend mit. Bewohner der strategisch wichtigen Hafenstadt am Asowschen Meer berichteten örtlichen Medien zufolge von Schüssen und Detonationen. Details waren zunächst nicht bekannt.

Sowohl die Separatisten in der Ostukraine als auch die Regierungstruppen werfen sich gegenseitig vor, die am Freitag ausgerufene Waffenruhe gebrochen zu haben. In den Außenbezirken von Donezk habe es am Freitagabend Raketenbeschuss gegeben, sagte der Separatistenvertreter der selbsternannten Volksrepublik Donezk, Wladimir Makowitsch. Zudem sei aus der nahegelegenen Region Saporischija ein Konvoi mit schweren Waffen eingetroffen. Die Separatisten wollten ihren Kampf für die Unabhängigkeit der Ostukraine deshalb fortsetzen, erklärte Makowitsch.

Die ukrainische Armee warf umgekehrt den Separatisten vor, die Waffenruhe gebrochen zu haben. "Wir haben eine Reihe von Provokationen durch die Rebellen vorliegen", sagte Militärsprecher Andrej Lyssenko am Samstag. Die Separatisten hätten am Freitag 28 mal auf ukrainische Einheiten geschossen, zehn der Vorfälle hätten sich nach Inkrafttreten der Waffenruhe ereignet.

Waffenruhe seit Freitag in Kraft

Die Waffenruhe trat am Freitag offiziell um 18 Uhr Ortszeit (17 Uhr MESZ) in Kraft. Makowitsch zufolge soll die Feuerpause gegen 21 Uhr gebrochen worden sein. Die Separatisten hätten das Feuer aber nicht erwidert, hieß es. Die Aufständischen riefen die Regierungseinheiten auf, die in der weißrussischen Hauptstadt Minsk beschlossene Feuerpause einzuhalten. Die prowestliche Führung in Kiew wies die Vorwürfe umgehend zurück.

Zuvor hatten örtliche Behörden allerdings davon gesprochen, dass die vereinbarte Waffenpause eingehalten worden sei. Nach monatelangen Gefechten hätten die Regionen um die Separatistenhochburgen Donezk und Lugansk eine ruhige Nacht erlebt, teilte die Stadtverwaltung von Donezk mit.

Auch nach Einschätzung der Präsidenten der Ukraine und Russlands, Petro Poroschenko und Wladimir Putin, werde die Waffenruhe weitgehend eingehalten. In einem Telefongespräch hätten die Staatschefs am Samstag festgestellt, dass die am Freitag vereinbarte Waffenruhe "im Allgemeinen" eingehalten werde, teilte das ukrainische Präsidialamt am Samstag in Kiew mit. Poroschenko und Putin hätten über Maßnahmen gesprochen, die getroffen werden müssten, damit die Waffenruhe von Dauer sei.

Gefangenenaustausch vereinbart

Die prorussischen Aufständischen sollen der Regierung zufolge am Samstag mit der Freilassung von Gefangenen begonnen haben. Mehrere Soldaten seien in der Nähe der Separatistenhochburg Lugansk übergeben worden, sagte Poroschenkos Sprecher Swjatoslaw Zegolko in der Hauptstadt Kiew. Die prowestliche Führung der Ex-Sowjetrepublik will ihrerseits vermutlich am Montag erste Gefangene freilassen. Die Aufständischen haben Schätzungen zufolge etwa 1000 Soldaten in ihrer Hand, die Regierungstruppen demnach etwa 200 moskautreue Kämpfer.

Der ukrainische Geheimdienst SBU hat den Separatisten nach eigenen Angaben bereits eine Liste mit Namen vermisster Soldaten übergeben. Die Ostukraine-Beauftragte von Präsident Petro Poroschenko, Irina Geraschtschenko, sagte in Kiew, der am Freitag von beiden Seiten vereinbarte Austausch sollte nicht länger als sieben Tage dauern.

Russland droht der EU mit Gegenmaßnahmen

Russland hat für den Fall weiterer EU-Sanktionen Gegenmaßnahmen angedroht. "Wenn sie (die Sanktionen) umgesetzt werden, wird es natürlich eine Reaktion von unserer Seite geben", erklärte das Außenministerium in Moskau. Die EU-Botschafter hatten sich am Freitag auf eine Verschärfung der Sanktionen gegenüber Russland verständigt. In Kraft treten sollen sie allerdings erst zu Beginn der Woche. Die EU erklärt zudem, die zusätzlichen Strafmaßnahmen könnten ausgesetzt werden, wenn Russland seine Soldaten aus der Ostukraine abziehe und die neu vereinbarte Waffenruhe zwischen prorussischen Separatisten und ukrainischen Regierungseinheiten eingehalten werde.

Schon seit Monaten gibt es Sanktionen gegen Russland, die Regierung in Moskau hat mit Gegenmaßnahmen reagiert. Darunter leidet die Wirtschaft beider Seiten. Von den neuen Sanktionen wären laut EU-Diplomaten die Bank des staatlich kontrollierten Energiekonzerns Gazprom und dessen Ölsparte Gazprom Nest betroffen. Für russische Oligarchen sollen Reiseverbote und eine Sperrung von Vermögenswerten gelten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: