Tatort München: "Der Wüstensohn":An der Kalauergrenze

Tatort; Tatort BR Der Wüstensohn

In "Der Wüstensohn" (Szene mit Christina Hecke und Samir Fuchs) werden sich Batic (r.) und Leitmayr immer ähnlicher.

(Foto: Heike Ulrich/Claussen+Wöbke+Putz)

In der Münchner Groteske über einen arabischen Prinzen reden die Tatort-Kommissare Batic und Leitmayr über Kameltreiber und Teppichhändler - und reißen manchmal einen Buddy-Witz zu viel. Zwei ältere Herren im arabischen Herbst.

Von Holger Gertz

Dass alte Ehepaare einander ähnlicher und immer ähnlicher werden, ist nicht nur ein Eindruck; ein Wissenschaftler aus Liverpool hat die entsprechende Studie vorgelegt. Die Ähnlichkeit der Partner, heißt es darin, "könnte von ihren gemeinsamen Erfahrungen herrühren und davon, wie sie das Gesicht prägen".

Die Ermittler Batic und Leitmayr sind kein Ehepaar, haben allerdings so viele gemeinsame gesichts- und frisurprägende Erfahrungen gemacht, dass man sie inzwischen nicht mehr auseinanderhalten kann. Auch die Körpersprache der beiden ist nicht im Dialog, sondern in Einklang. Im aktuellen Tatort kommt es also vor, dass man Leitmayr in einen Spiegel schauen sieht, es ist dann aber immer gar kein Spiegel, Leitmayr steht nur neben Batic. Ein Effekt, den man so überzeugend zuletzt bei Alice und Ellen Kessler gesehen hat.

München à la Münster

"Der Wüstensohn" von Regisseur Rainer Kaufmann handelt von einem Prinzen - Sohn des Emirs von Kumar - der mit einem Sportwagen durch München brettert, eine Leiche auf dem Beifahrersitz. Der Prinz ist verdächtig, kann aber nicht belangt werden, für ihn ist immer arabischer Frühling. Es gibt schließlich übergeordnete Interessen, das fiktive Kumar ist ein wichtiger Handelspartner des Freistaats Bayern, da lappt die Story ins Reale: als der Diktatorensohn Saif al-Arab Gaddafi in München lebte, konnte er es auch ziemlich krachen lassen.

Die Geschichte hätte ein Problemstück über Waffen und Moral werden können, aber Kaufmann und seine Autoren Alex Buresch und Matthias Pacht erzählen sie als Groteske. München à la Münster. Die Kommissare reden über Kameltreiber und Teppichhändler - ihre Alltagsrassismen werden schön abgefedert dadurch, dass der Prinz einen Teppichladen hat und ein Kamel im Garten spazieren führt. Die beiden anderen Kamele sind grad zum Besamen in Wien. Die Nebenfiguren tragen Namen wie damals bei Dietl, "Ginger-Ali" zum Beispiel. Batic und Leitmayr balancieren an der Kalauergrenze und reißen manchmal auch den einen Buddy-Witz zu viel. Dafür werden sie sich sogar während der Folge ähnlicher und ähnlicher.

Zwei ältere Herren im arabischen Herbst. Vielleicht sollte es einer mal mit einer Mütze probieren.

ARD, Sonntag, 20.15 Uhr.

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