Probleme bei Schalke 04:Mutwillig in die Falle getappt

Borussia Moenchengladbach v FC Schalke 04 - Bundesliga

Wieder mal in Frage gestellt: Schalkes Trainer Jens Keller.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Es ist wieder soweit: Schalkes Trainer Keller muss um seinen Job kämpfen. All die Verletzten gelten nach der desaströsen Vorstellung gegen Gladbach kaum noch als mildernder Umstand.

Von Philipp Selldorf, Mönchengladbach

1:4 in Mönchengladbach verloren, das klingt schon ziemlich schlimm für Schalke 04, das Problem war jedoch: Ausgesehen hat es noch viel schlimmer. Dieses 1:4 war in Wahrheit ein eher gnädiges Resultat, im Laufe der Partie wurden Erinnerungen an die deklassierenden Begegnungen mit Real Madrid und Bayern München aus der Vorsaison wach.

Zwar hätten die Schalker mit etwas mehr Geschick zwei oder drei weitere Tore schießen können, aber es fand sich kein Optimist, der aus diesem Konjunktiv Trost gewinnen wollte, weil da ja noch ein zweiter Konjunktiv im Weg stand. "Ich denke, die hätten auch zehn Stück machen können", sagte Klaas-Jan Huntelaar. Und nein, das war keine Übertreibung aus Wut oder Frust oder beidem. So war es wirklich.

Im ewigen Auf und Ab des Gelsenkirchener Gefühlslebens hat sich Schalke nun wieder im Zustand der Bedrückung eingerichtet. Nach dem chaotischen Auftritt im Borussia-Park gab es keine Gnade mit sich selbst. Huntelaar, wegen Trainingsrückstands nach Krankheit nur als Einwechselspieler tätig, genügte der aktuelle Verriss nicht, er fügte auch rückwirkend negative Akzente hinzu. Die Hoffnungen, die der Klub aus dem hart erkämpften 1:1 gegen die Bayern zwei Wochen zuvor geschöpft hatte, erklärte er zur Illusion: "Die Bayern hätten in den ersten Minuten zwei Tore machen können", stellte er rücksichtslos fest.

Am Samstagabend begegneten sich die beiden Teams als Kontrastprogramm. Hier die Gladbacher, die mit klarer Methodik verteidigten, um dann schlagartig mit einstudierten, aber immer vielseitigen Spielzügen in den schnellen Angriff überzugehen; dort die belastet und gehemmt agierenden Schalker, die in der Defensive die "taktischen Vorgaben katastrophal umsetzten", wie Kapitän Benedikt Höwedes meinte, während sie die Offensive weitgehend als Solo-Show inszenierten: Sam und Choupo-Moting mussten sich vornehmlich mit Einzelaktionen durchwurschteln, woran auch die Einwechslung des allenfalls halbfitten Draxler nicht mehr viel änderte.

Im zentralen Mittelfeld sicherten die Borussen Kramer, Xhaka und Raffael gegen Neustädter, Höger und den bedenklich matten, altersmüde wirkenden Boateng die Spielhoheit, was ihnen relativ leicht fiel. Wie beim 1:0: Ballverlust Boateng, Kramer passt auf Kruse, Kruse passt auf Hahn - und weit und breit kein Schalker, der störte. "Auf einzelnen Positionen haben wir da nicht genügend Verantwortung genommen", sagte Höwedes - eine Grußadresse an die Kollegen im Mittelfeld.

"Das ist enttäuschend, das ist ein Fehlstart"

Dem Schalker Trainer Jens Keller kann man nun aber nicht nachsagen, dass er seine Leute nicht gewarnt hätte. "Es war ja das zu erwartende Spiel: Gladbach stellt sich hinten rein und kontert", rekapitulierte auch Höwedes. Schalke ging den Gladbachern trotzdem wie mutwillig in die Falle, als das Spiel in der ersten Hälfte noch offen war.

In der zweiten Hälfte galt das nicht mehr, da haben sich die Schalker schlicht überrennen lassen. Und weil diese Eindrücke die bestimmenden waren, wollte außer Keller auch kaum jemand auf die mildernden Umstände durch die in der Tat extremen Besetzungsprobleme plädieren.

Das Fehlen des oft unterschätzten, in Wahrheit unentbehrlichen Matip in der Defensivzentrale, die Notbesetzung Clemens auf der rechten Abwehrseite, die Notbesetzung Fuchs auf dem linken Flügel, der Einsatz von Aogo, der seit neun Monaten kein Ligaspiel bestreiten konnte, der erzwungene Verzicht auf Draxler, Huntelaar und Meyer - das alles ist ja nur ein Ausschnitt des auch sonst dramatischen Personalstands. Horst Heldt wollte das aber nur am Rande gelten lassen. "Es hilft nichts, sich Alibis zu beschaffen", meinte der Sportvorstand, dem ohnehin nicht nach Beschönigungen zumute war. "Ein Punkt aus drei Spielen, das ist enttäuschend, das ist ein Fehlstart", resümierte er dunkel.

Für den gestressten Trainer Jens Keller bedeutet das nichts Gutes. Aber auch nichts Neues. Sein Kampf um den Erhalt seines Postens geht am Mittwoch in der Champions League beim FC Chelsea weiter.

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