In der 42. Minute sinkt Holger Badstuber zu Boden. Mit schmerzverzerrtem Gesicht sitzt er da auf dem Rasen, hält sich das Bein, schüttelt den Kopf. Ohne Zutun des Gegners war er umgeknickt. Im Publikum tauschen die Zuschauer vielsagende Blicke aus. Der Badstuber, das Knie, du weißt schon. Der Abwehrchef der Bayern humpelt vom Feld.
Nach dem Spiel stehen die Journalisten in der Mixed-Zone. Auch hier gibt es nur ein Gesprächsthema. Der Badstuber, das Knie, du weißt schon. Dann kommt der 25-Jährige aus der Kabine, geht in Richtung Mannschaftsbus, er hinkt, aber nur leicht. "Alles gut, ich kann laufen. Ist nur der Oberschenkel", ruft er über die Schultern zurück. Der Badstuber und der Oberschenkel, nicht das Knie, es klingt weniger bedrohlich.
Xabi Alonso lässt es in der Mittelfeldzentrale ordentlich chefeln. Jérôme Boateng wird künftig auf Schuhplatteln umsteigen. Und Gianluca Gaudino könnte noch ein paar Muckis vertragen. Der FC Bayern beim 2:0 gegen den VfB Stuttgart in der Einzelkritik.
Bis am Sonntagmittag die Diagnose feststeht: Holger Badstuber erleidet einen Muskelsehnenriss im linken Oberschenkel. Er muss operiert werden und wird wohl mindestens drei Monate ausfallen. Es ist ein erneuter Rückschlag für den Innenverteidiger, der erst im Mai nach 20 Monaten Verletzungspause und zwei Kreuzbandrissen wieder aufs Fußballfeld zurückkehren konnte.
"Natürlich bin ich in diesem Moment sehr enttäuscht", wird Badstuber auf der Vereins-Homepage zitiert. Aber mittlerweile wisse er, wie er mit einer solchen Situation umzugehen habe.
Es war durchaus beeindruckend, wie schnell Badstuber nach seiner langen Verletzungspause wieder zu alter Stärke gefunden hatte. In allen drei Bundesligapartien spielte Badstuber von Anfang an. Egal ob Dreier- oder Viererkette: Badstuber war da, war solide und nach der Verletzung von Javier Martínez im Supercup übernahm er in der Bundesliga wie selbstverständlich dessen Rolle als Abwehrchef.
Der FC Bayern wurstelt sich weiter durch: Beim 2:0 gegen den VfB Stuttgart deutet sich dank Xabi Alonso immerhin eine Lösung für die Probleme im Mittelfeld an - und mit Franck Ribery kehrt der erste Langzeitverletzte erfolgreich zurück.
Ein Badstuber in dieser Verfassung ließ die 26 Millionen Euro für Mehdi Benatia wie einen überteuerten Panik-Einkauf der Bayern wirken. Jetzt ist Pep Guardiola wohl froh, mit dem Marokkaner noch einen zusätzlichen Verteidiger in den Kader geholt zu haben.
Nach der Partie war der Spanier noch zuversichtlich: "Wir wissen zwar noch nichts Genaues zu Badstuber. Der Arzt sagt aber, es sei nicht schlimm." Nun, der Arzt hatte sich in der Schnell-Diagnose getäuscht. Und für Guardiola könnte der Ausfall eines weiteren Innenverteidigers bedeuten, dass der Flirt mit der Dreierkette vorerst vorbei ist.
Badstuber dürfte es egal sein, wie viele Nebenmänner er zukünftig in der Verteidigung hat. "Macht euch keine Sorgen. Ich werde wiederkommen", wendet er sich an die Fans. "Ich werde wiederkommen und dann dort weitermachen, wo ich mich jetzt nach meiner langen Verletzungspause hingekämpft hatte. Ich gebe nicht auf!"
