BVB-Sieg in der Champions Legaue:"Dieses Spiel hefte ich mir ab"

Ciro Immobile mit Jürgen Klopp

Jürgen Klopp spricht mit seinem neuen Sturmtalent Ciro Immobile, der nach einem 50-Meter-Sprint das 1:0 für den BVB erzielte.

(Foto: REUTERS)

Dortmunds Trainer Klopp spricht nach dem 2:0-Sieg gegen den FC Arsenal von einer nahezu perfekten Leistung. Seine Spieler liefen und pressten unaufhörlich, Sonderlob bekommt Stürmer Immobile - nicht nur wegen seines genialen Tricks vor dem 1:0.

Von Felix Meininghaus, Dortmund

So richtig aus der Fassung ist Jürgen Klopp an diesem famosen Abend nur einmal geraten. Es war ein britischer Reporter, der in der ersten Reihe des Presseraums im Dortmunder Stadion saß und den Trainer des BVB für einen kurzen Moment um die Contenance brachte. Dessen Frage, wie groß die Unzufriedenheit aufgrund des doch recht moderaten Ergebnisses sei, ließ Klopp einige Sekunden grübelnd zurück. Dann raffte sich der 47-Jährige auf, straffte seinen Körper und verkündete: "Das ist doch überhaupt nicht wichtig. 2:0 ist ein perfektes Ergebnis für uns."

Tatsächlich ging es um weitaus mehr als um schnöde Zahlenspielerei. Es war nicht in erster Linie das Resultat, über das es nach der Begegnung zwischen Borussia Dortmund und dem FC Arsenal zu sprechen lohnte. Es war der Umstand, dass die Partie zwischen den beiden Favoriten der Champions-League-Gruppe D so frappierend einseitig verlief, dass sich selbst langjährige Beobachter der Königsklasse erst einmal daran gewöhnen mussten. Zum 17. Mal in Serie läuft der Klub aus dem Londoner Norden beim europäischen Millionenspektakel auf, doch so wie in Dortmund sind dem Team des ewigen Trainers Arsène Wenger seine Grenzen wohl selten aufgezeigt worden.

Vor dem letztjährigen Duell hatte Klopp noch einen schönen Vergleich gewählt und gesagt, Arsenal repräsentiere die klassische Variante, während sein Team Heavy Metal bevorzuge. Was er damit meinte, wurde nun deutlich: 90 Minuten Rock 'n' Roll mit voll aufgedrehten Verstärkern, wummernden Bässen, kreischenden Gitarren, mitreißenden Schlagzeugsoli und ohrenbetäubender Kulisse. Kein Präludium, kein Andante, sondern das volle Programm. Alle Regler nach rechts.

Klopp selbst hatte dafür das passende Outfit gewählt: Der Trainer ließ den sonst in der Champions League bevorzugten feinen Zwirn im Schrank und holte stattdessen die Malocherklamotten raus: Jogginghose und Kapuzenpullover - der Blaumann des Fußballers.

Was seine Fußballer in den 90 Minuten an Willen, Laufleistung und Courage boten, war mitreißend. "Wir haben unseren Gegner nie ins Spiel kommen lassen", sagte der überragende Kevin Großkreutz und lieferte die Zutaten für eine solche Gala gleich mit: "Pressing, Gegenpressing, alle füreinander arbeiten - und zwar so lange, bis der Schiri abpfeift."

Klopp löst Hitzfeld als BVB-Rekordtrainer ab

Der aus der Nationalmannschaft zurückgetretene Weltmeister Per Mertesacker sprach von einer "Lehrstunde" für Arsenal, vom zweiten Weltmeister Mesut Özil war nichts zu sehen. Es spielte nur Dortmund. Elf Kilometer mehr als ihre Gegner rissen die entfesselten Männer in Schwarz-Gelb ab und ließen ihren überforderten Gegnern keine Luft zum Atmen. "Wenn wir uns den Ball schnappen, haben wir ein unheimlich hohes Tempo im Spiel", analysierte Klopp: "Das ist irgendwann nicht mehr zu verteidigen und geht nur über Laufleistung."

Der 47-Jährige, der mit 274 Spielen auf der Bank die Ikone Ottmar Hitzfeld als Dortmunder Rekordtrainer ablöste, sprach von einer "Pressingmaschine, die wir auf den Platz bringen wollten". Wie dabei zehn Feldspieler mit nie nachlassendem Elan mitmachten, das musste jeden Beobachter beeindrucken: "Es hat nahezu in Perfektion geklappt", lobte der Trainer. Er habe Szenen gesehen, "die werde ich lange im Gedächtnis behalten. Dieses Spiel hefte ich mir ab."

Eigentlich ist es müßig, aus einer durchweg überzeugenden Mannschaft einzelne Kräfte herauszuheben. Doch im Falle von Ciro Immobile war das dennoch angebracht. Was ist nicht alles geschrieben worden über Dortmunds Königstransfer, der vor der Saison für 18,5 Millionen Euro aus Turin kam und im Revier einen durchaus holprigen Start erlebte. "Die letzten Wochen waren schwer für ihn, weil er ja auch öfter auf der Bank saß", sagte Kapitän Sebastian Kehl: "Heute hat er einen Riesenschritt gemacht, dass er hier ankommt."

"Es war eindeutig gewollt"

Immobile war nicht nur der vorderste Bauteil in Klopps Pressingmaschine, sondern ihm gelang auch noch ein spektakulärer Treffer zur Dortmunder Führung. Ein Tor mit 50 Metern Anlauf, bei dem sich der italienische Nationalspieler von nichts und niemandem aufhalten ließ. Wie er gemeinsam mit seinem Sturmpartner Pierre-Emerick Aubameyang das unglaublich intensive Dortmunder Spiel gegen den Ball eröffnete, wie er die Räume zulief und die überforderten Manndecker Mertesacker und Koscielny zu Fehlern zwang, das offenbarte Mut und Klasse. Entsprechend fiel das Urteil von Trainer Jürgen Klopp aus: "Was Ciro und Auba im Verbund abgerissen haben, das war großartig und neben ihren Toren der Schlüssel zum Sieg."

Wer den Immobile sah, als er den Führungstreffer erzielte, der konnte nachvollziehen, warum ihn Klopp bei seiner Vorstellung als "Krieger" bezeichnet hatte. "Vielleicht haben die mich nicht gekannt", sagte der Stürmer, "aber das ist meine Art Fußball zu spielen. Ich will unbedingt das Tor schießen." Viele Beobachter fragten sich, ob es dem Zufall geschuldet war, dass Immobile nach langem Anlauf kurz das Tempo herausnahm, sich den Ball mit rechts vor das linke Schienbein schoss, um dann plötzlich wieder anzuziehen und in die lange Ecke abzuschließen. Klopp konnte Aufschluss geben: "Ich dachte erst, es wäre ein Pressball, aber ich habe es gerade im Fernsehen gesehen: Es war eindeutig gewollt."

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