Urheberrecht im Hip-Hop:Alles hängt am "Oh!"

Beyonce,JAY Z

Traumpaar Beyoncé und Jay Z auf ihrer Tour 2014 in Paris.

(Foto: Rob Hoffman/AP)

Es ist nur eine Silbe, ein Wörtchen: Kann es geistiges Eigentum sein? Der Rapper Jay-Z wurde wegen der unerlaubten Verwendung des Ausrufs "Oh!" verklagt - und die Zukunft ganzer Genres steht auf dem Spiel.

Von Julian Dörr

Die Zukunft des Hip-Hop hängt gerade an einer einzigen Silbe. Und an der Frage, ob ein dahin gesprochenes Wörtchen geistiges Eigentum sein kann. So sieht es zumindest das Label TufAmerica. Dessen Anwälte haben den US-amerikanischen Rapper und Produzenten Jay-Z verklagt, wegen unerlaubter Verwendung des Ausrufs "Oh".

Das Label behauptet, Jay-Zs Hit "Run This Town" von 2009 enthielte ein unlizenziertes Sample des Funk-Stücks "Hook and Sling - Part 1" von Eddie Bo aus dem Jahre 1969. Eben jenes "Oh", eine einzige Silbe, zu hören an einer einzigen Stelle im Song. Dass ausgerechnet Jay-Z, der doch selbst ohne Pause "Ohs", "Uhs" und "Ahs" ausstottert wie ein verstopftes Maschinengewehr, auf fremde Vokale zurückgreifen muss, ist eine erschütternde Erkenntnis - in Anbetracht der Dinge, die hier auf dem Spiel stehen, aber egal.

Was tun mit all den "Las", "Yeahs" und "Shoobabs"?

Wichtiger und relevanter ist der Streit um die Schöpfungshöhe eines Werkes. Jay-Zs Anwälte beharren darauf, dass eine Silbe zu wenig ist für einen Urheberrechtsanspruch. Wo kämen wir denn auch hin, müssten wir nun alle "Las", "Yeahs" und "Shoobabs" der Musikgeschichte als eigenständige Kunstwerke behandeln? Bekämen die Jungs von Inner Circle für "Sweat (A La La La La Long)" dann einen eigenen Saal in der Rock 'n' Roll Hall of Fame?

Trotz aller Absurdität steht aber im Fall Jay-Z die Zukunft des Samplings und damit ganzer Genres auf dem Spiel. Schon einmal hat ein Rechtsstreit dieser Art die Ästhetik des Hip-Hop grundlegend verändert. Nicht eine Silbe, sondern drei Worte waren es, die der Rapper Biz Markie ohne Erlaubnis dem Song "Alone Again (Naturally)" des Iren Gilbert O'Sullivan entlieh - zu dieser Zeit eine gängige Praxis.

Doch O'Sullivan klagte, er bekam recht und Sampling ohne Zustimmung des Urhebers wurde verboten. Künstler wie Public Enemy mussten ihre Veröffentlichungspraxis grundlegend überdenken. Wird die Klage von TufAmerica einen neuen, epochalen Einschnitt im Umgang mit Samples bringen? Die Zukunft des Hip-Hop liegt in den Händen der Richter. Oh, oh!

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