Gespräche mit Poroschenko:Putin will in Wien über Zukunft der Ukraine verhandeln

Russlands Präsident Putin schlägt vor, Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland in Wien zu führen. Bundespräsident Gauck legt mit scharfer Kritik an Putin nach: Der Bruch des Völkerrechts und die Missachtung der Menschenrechte mache einen Staatsbesuch in Russland derzeit unmöglich.

  • Im Ringen um die Zukunft der Ukraine schlägt Kremlchef Putin nun Wien als Ort für Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine vor.
  • Bundespräsident Joachim Gauck übt erneut ungewöhnlich harsche Kritik an Russland: Der Bruch des Völkerrechts und der Menschenrechte mache einen Staatsbesuch derzeit unmöglich.
  • Wenig Verständnis hat der Bundespräsident für russlandfreundliche Haltungen.
  • Von der Bundesregierung wünscht sich Gauck ein stärkeres Engagement im Bereich der Krisenprävention.

Friedensgespräche in Wien

Der russische Präsident Wladimir Putin hat in einem Telefongespräch mit dem österreichischen Kanzler Werner Faymann Wien als Tagungsort für Friedensgespräche in der Ukraine-Krise vorgeschlagen. Faymann wird auf dem Internetportal der Zeitung Österreich mit den Worten zitiert, Putin sehe Wien als guten Ort für Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine an. Die Idee sei in einem 20-minütigen Telefongespräch am Vortag geboren. Faymann habe auch seine deutsche Kollegin Angela Merkel darüber informiert, hieß es weiter. Ein Sprecher Faymanns bestätigte den Bericht.

Faymann habe Putin außerdem die vier Forderungen der EU erklärt: Alle russischen Soldaten müssten die Ostukraine so rasch wie möglich verlassen, die Achtung der Souveränität und Integrität der Ukraine müsse sichergestellt sein, die Grenzen zur Ukraine müssten überwacht werden und Russland solle den Friedensprozess nachhaltig unterstützen.

Österreich versucht den Spagat zwischen der EU-Politik der Sanktionen und dem Offenhalten der Gesprächskanäle mit Russland. Die österreichische Wirtschaft, die enge Geschäftskontakte nach Russland hat, sieht die Sanktionen kritisch.

Gauck wirft Russland Völkerrechtsbruch vor

Bundespräsident Joachim Gauck hat der russischen Führung einen Bruch des Völkerrechts und die Verletzung von Menschenrechten vorgeworfen. Dies mache einen Staatsbesuch in Russland derzeit unmöglich, sagte Gauck der Rheinischen Post. Zugleich warf er der Führung in Moskau vor, mit Schutzbehauptungen eine angebliche Bedrohung durch den Westen als Vorwand dafür zu nehmen, das Selbstbestimmungsrecht anderer Völker einzuschränken.

Er kritisiere nicht Russland als Land, sondern dessen Regierung. "Mir geht es um die Missachtung von Bürgerrechten, von Menschenrechten und um den Bruch des Völkerrechts", betonte Gauck. "Wenn ich nach Russland blicke, dann sehe ich nicht nur die Regierung, sondern auch die Regierten. Ihr Schicksal ist der Grund für meine Kritik am Kreml."

Kein Verständnis für russlandfreundliche Haltungen

Der Bundespräsident äußerte auch harsche Kritik an der Position, man könne Russland etwa die Westorientierung der Ukraine nicht zumuten. "Das Selbstbestimmungsrecht der Völker hat Vorrang ... Ich kann nicht nachvollziehen, dass wir in vorauseilendem Gehorsam die Empfindsamkeiten Russlands ernster nehmen sollten als das Selbstbestimmungsrecht der ukrainischen Bevölkerung", betonte Gauck.

Mehr Verantwortung Deutschlands in Krisenprävention

Der Bundespräsident lobte zudem ein "außerordentlich verantwortungsvolles" Vorgehen der Bundesregierung in der Ukraine-Krise und verteidigte die Nato-Osterweiterung. "Unsere Nachbarn hatten das Recht, der Nato beizutreten, die für sie nicht nur als politisches Bündnis, sondern auch als Verteidigungsbündnis von zentraler Bedeutung war und ist." Sicherheitsgarantien seien deshalb unverzichtbar.

Von der Bundesregierung forderte Gauck dennoch mehr Verantwortung im Bereich der Vorbeugung von Krisen. Bei der deutschen Bevölkerung sehe er Bereitschaft dafür. "Allerdings sollten wir offen darüber diskutieren, wie vielschichtig diese Verantwortung sein kann. Sie spielt ja nicht nur auf dem Feld der Diplomatie - also wenn eine Krise bereits schwelt -, sondern auch auf dem Feld der Krisenprävention", so Gauck.

Gaucks Russland-Schelte in Danzig sorgte für Irritationen

Anfang September hatte Gauck eine Debatte ausgelöst, weil er in seiner Rede in Danzig Russlands Präsident Putin scharf kritisiert hatte. Mit Blick auf die Ukraine-Krise, die in Polen für große Unruhe sorgt, sagte Gauck: "Die Geschichte lehrt uns, dass territoriale Zugeständnisse den Appetit von Aggressoren oft nur vergrößern." Russland habe die Partnerschaft mit dem Westen "de facto aufgekündigt".

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