Frage an den SZ-Jobcoach:Soll ich auf die beste Lehrstelle warten?

Stefan K. hat sein Lehramtsstudium geschmissen und bewirbt sich um einen Ausbildungsplatz. Doch was ist, wenn er bei den favorisierten Lehrstellen leer ausgeht? Soll er warten - obwohl er bereits 26 ist?

SZ-Leser Stefan K. fragt:

Ich habe im Frühjahr 2013 mein Lehramtsstudium abgebrochen und mich zunächst um einen Ausbildungsplatz bemüht. Das verlief jedoch ergebnislos, weil das offizielle Bewerbungsverfahren in Niedersachsen ein Jahr vor dem eigentlichen Einstellungstermin anläuft. Nachrücker gehen in der Regel leer aus, zumindest was, wie in meinem Fall, die attraktiven Stellen betrifft. Inzwischen habe ich mich rechtzeitig für den diesjährigen Einstellungstermin um 25 verschiedene Ausbildungsstellen beworben und warte auf eine Antwort.

Wie soll ich mich als 26-jähriger Studienabbrecher verhalten, falls ich auch diesmal bei der Vergabe der favorisierten Ausbildungsstellen leer ausgehen sollte?

Christine Demmer antwortet:

Lieber Herr K., rein theoretisch können Sie sich sogar für das kommende Ausbildungsjahr noch einmal bewerben. Allerdings werden Sie dann nicht nur ein 27-jähriger Studienabbrecher sein, sondern ein 27-jähriger Studienabbrecher, der zwei volle Jahre im Warten auf seine nächste Chance verstreichen ließ. Als ob das Glück bei Ihnen nur einmal im Jahr vorbeischauen würde, nämlich pünktlich zum 1. August, und danach packt es seine Sachen wieder zusammen und zieht von dannen.

Das tut es selbstverständlich nicht! Selbst wenn sich der Spätsommer als üblicher Ausbildungsbeginn durchgesetzt hat, geben Auszubildende zu allen Jahreszeiten auf oder werden von den Unternehmen aufgegeben. Für Nachrücker gibt es immer eine Chance, wenngleich die Auswahl dann natürlich nicht mehr so groß ist. Insbesondere in Unternehmen, die jedes Jahr Dutzende von Ausbildungsstellen zu besetzen haben, läuft zum Jahres- oder Frühlingsbeginn regelmäßig eine zweite Auswahlrunde. Auch wenn Ihre Bewerbung mitten im Winter eintrifft, dürften Sie mit von der Folgepartie sein. Jedenfalls dann, wenn Sie als attraktiver Auszubildender in spe angesehen werden.

Denn machen Sie sich nichts vor: Mit Mitte zwanzig werden Sie nicht überall als erste Wahl gelten, wo sich normalerweise 19-jährige Abiturienten bewerben. Beschränken Sie Ihre Suche deshalb lieber nicht nur auf Ihre Favoriten, sondern seien Sie großzügig und geben Sie auch anderen Arbeitgebern die Chance, Sie kennenzulernen.

Denken Sie an die mittelständische Wirtschaft, die gerne Menschen beschäftigt, die sich als ihres eigenen Glückes Schmied verstehen. Denken Sie an Arbeitgeber in strukturschwachen Regionen, die lautstark über nicht besetzte Ausbildungsplätze klagen. Und wenn Sie noch nicht auf einen bestimmten Beruf festgelegt sind, dann denken Sie bitte an solche, die ihre fertigen Kaufleute oder Gesellen nach dem Abschluss oft wieder verlieren, weil diese dann gerne noch einmal studieren. Ihr Argument kann dann lauten: Das haben Sie ja nun schon hinter sich.

Christine Demmer arbeitet als Wirtschaftsjournalistin in Deutschland und Schweden. Sie ist Managementberaterin, Coach und Autorin zahlreicher Sachbücher zu Management-, Kommunikations- und Personalthemen.

Haben Sie auch eine Frage zu Bewerbung, zu Berufswahl, Etikette, Arbeitsrecht, Karriereplanung oder Führungsstil? Schreiben Sie ein paar Zeilen an coaching@sueddeutsche.de. Unsere sechs Experten wählen einzelne Fragen aus und beantworten sie im Wechsel. Ihr Brief wird selbstverständlich anonymisiert.

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