Länder alleingelassen: NRW droht Bundesregierung mit Klage

SPD gegen SPD: Die Bundesregierung hat in einem Gerichtsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof dem Land NRW jede Unterstützung versagt. Wenn das nicht besser wird, will Nordrhein-Westfalen die Sache vor das Bundesverfassungsgericht bringen.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Das Land Nordrhein-Westfalen droht der Bundesregierung mit Klage, sollte sie nicht bereit sein, die Länder gegenüber dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) besser zu vertreten. Die für Bundes- und Europa-Angelegenheiten zuständige NRW-Ministerin Angelika Schwall-Düren (SPD) sagt der SZ: "Wenn wir nicht bald zu einer einvernehmlichen Regelung kommen, werden wir gezwungen sein, das Bundesverfassungsgericht anzurufen."

Anlass ist eine an diesem Mittwoch veröffentliche Entscheidung des EuGH zur Frage, wie weit das Tariftreuegesetz von NRW reicht. Es verlangt von Unternehmen, die Aufträge öffentlicher Institutionen annehmen, dass sie in ihren Unternehmen Tariflöhne zahlen müssen. Der EuGH hat nun entschieden, dass dieses nicht gelten dürfe, wenn diese Unternehmen die Aufträge an ausländische Partnerfirmen weiterreichten. In dem konkreten Fall ging es um einen Auftrag der Stadt Dortmund, um den sich die Bundesdruckerei vergeblich beworben hatte. Sie hatte den Auftrag von einem polnischen Unternehmen durchführen lassen wollen, in dem deutsche Tariflöhne nicht gelten.

In dem Verfahren hat sich NRW von der Bundesregierung nicht ausreichend vertreten gefühlt. "Die Bundesregierung hat keine unserer Stellungnahmen weitergereicht. Selbst einen Beschluss des Bundesrates, eine mündliche Anhörung zu dem Fall vor dem EuGH zu beantragen, hat die Bundesregierung ignoriert", sagt Schwall-Düren. So ein Vorgehen dürfe sich "nicht wiederholen". (Der Beschluss des Bundesrates findet sich hier)

Verschiedene Verhandlungsrunden, keine Lösung

Nach den Regeln des Grundgesetzes und des europäischen Rechts kann nur der Bund gegenüber den europäischen Institutionen die Interessen der Länder vertreten. In Rechtsstreitigkeiten auf europäischer Ebene sind die Länder deshalb vollständig auf die Unterstützung der Bundesregierung angewiesen.

Ende Mai hat deshalb Bundesratspräsident Stephan Weil (Niedersachsen, SPD) in einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel bereits die Möglichkeit einer Klage angedroht, sollte sich der Bund nicht grundsätzlich dazu bereiterklären, seiner Verantwortung gerecht zu werden. Merkel hat Anfang Juni geantwortet, dass es in ihrem Interesse sei, wenn es zu einer einvernehmlichen Lösung komme. So eine Lösung steht aber trotz verschiedener Verhandlungsrunden immer noch aus.

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