Terrormiliz "Islamischer Staat":Ankara schweigt über Umstände der Geiselbefreiung

Turkish hostages held by Islamic State freed

Der türkische Premier Ahmet Davutoğlu nimmt die Geiseln in Ankara in Empfang.

(Foto: dpa)

+++ 46 IS-Gefangene sind in der Türkei angekommen +++ Die Hintergründe der Geiselbefreiung bleiben unklar +++ Zehntausende kurdische Syrer sind in die Türkei geflohen +++

  • 46 türkische Geiseln der IS-Terrormiliz sind wieder frei. Im Juni waren die Türken in die Gewalt der Terroristen geraten, als diese Mossul eroberten.
  • Seit Freitag haben etwa 45 000 syrische Flüchtlinge die Grenze zur Türkei überquert.

46 türkische IS-Geiseln wieder frei

Nach mehr als drei Monaten in der Gewalt der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) sind 46 türkische Geiseln wieder frei. Sie seien am Samstagmorgen sicher in die Türkei zurückgegekehrt, sagte der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu. Laut Staatschef Recep Tayyip Erdogan wurden die Geiseln bei einer "Rettungsaktion" des Geheimdiensts befreit. Details wollte er nicht preisgeben.

Hurriyetdailynews.com allerdings zitiert Quellen aus diplomatischen und nachrichtendienstlichen Kreisen, wonach es keine militärische Operation gegeben habe, um die Geiseln zu befreien. Auch sei kein ausländischer Geheimdienst involviert gewesen und kein Lösegeld gezahlt worden. Einen Gefangenenaustausch schlossen die Quellen laut dem Bericht ebenfalls aus, wodurch weiter im Unklaren bleibt, wie die Freilassung der Geiseln gelang.

Sicherheitskreisen zufolge sollen die Verschleppten in Syrien nahe der türkischen Grenze freigelassen worden sein, nachdem sie aus der ostsyrischen IS-Hochburg Rakka dorthin gereist waren. Drei mit den Türken entführte Iraker waren schon früher freigekommen.

Die Terrormiliz hatte die Türken in ihre Gewalt gebracht, als sie am 11. Juni das Konsulat im nordirakischen Mossul stürmte. Unter den Geiseln befand sich der Generalkonsul, weitere Diplomaten, ihre Familienangehörigen, sowie Mitglieder türkischer Spezialeinheiten, die zum Schutz des Gebäudes abgestellt waren. Seitdem war wenig über das Schicksal der Geiseln an die Öffentlichkeit gedrungen. Die Regierung in Ankara hatte die Geiseln stets als Grund dafür angeführt, warum sie sich nicht stärker im internationalen Kampf gegen IS engagieren könne.

45 000 syrische Flüchtlinge in 24 Stunden

Viele Kurden fliehen derzeit aus Syrien vor der Terrormiliz. Seit der Öffnung eines Grenzabschnitts am Freitag seien etwa 45 000 syrische Kurden in die Türkei gekommen, sagte der stellvertretende Ministerpräsident Numan Kurtulmus im Fernsehsender CNN Turk.

Die Flüchtlingsbewegung aus dem überwiegend von Kurden besiedelten Nordosten Syriens ist die Folge einer IS-Offensive gegen die Stadt Ain al-Arab nahe der Grenze zur Türkei. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte hatten die IS-Kämpfer seit Donnerstag etwa 60 Dörfer rund um Ain al-Arab erobert und kurdische Kämpfer zurückgedrängt.

Der Beobachtungsstelle zufole drangen in der Nacht zum Samstag mindestens 300 türkische Kurdenkämpfer über die Grenze nach Syrien vor, um den Kampf der syrischen Kurden gegen den IS zu unterstützen. Salih Muslim Mohamed, ein Vetreter der syrischen Kurdenbewegung, forderte Hilfe von den USA und Europa. Bei Ain al-Arab drohten "sogar noch schlimmere ethnische Säuberungen als jene in Sindschar."

Die türkischen Behörden hatten sich zunächst geweigert, die syrischen Kurden ins Land zu lassen. Die Türkei sieht sich von der Vielzahl an Flüchtlingen im Land überfordert. Die türkische Regierung sprach demnach von einer "Ausnahme". Seit dem Beginn des syrischen Bürgerkriegs vor dreieinhalb Jahren sind insgesamt fast 1,5 Millionen Menschen in die Türkei geflohen.

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