Münchner Sinnkrise:Muschelarmband gegen trübe Gedanken

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Unzufrieden: Bayern-Trainer Pep Guardiola

(Foto: AFP)

Die Zeiten von Dominanz und Davoneilen lassen sich beim FC Bayern München momentan nicht wiederbeleben. Wie das 0:0 beim HSV zeigt, stecken die Münchner weiter in der Findungsphase - und werden merklich unzufriedener.

Von Saskia Aleythe, Hamburg

Pep Guardiola trug ein Muschelarmband und so ein Muschelarmband ist ein Statement. Ein Muschelarmband ist kein Nietenarmband mit der Symbolkraft schwerfälliger Gedanken und Trübsal, sondern vielmehr das Gegenteil: Seht her, Sonne, Meer, Leichtigkeit, das sagt das Muschelarmband. Ein paar Zentimeter weiter oben wollte der Gesichtsausdruck von Guardiola nur ganz und gar nicht zu diesem Statement passen. Der Trainer des FC Bayern schaute so düster drein, als wäre sein Team gerade in der Vorrunde der Champions League gescheitert.

So weit ist es noch nicht gekommen mit den Münchnern, allerdings mussten sie den nächsten Punktverlust in dieser Saison hinnehmen mit dem 0:0 beim Hamburger SV, dem bis dato Tabellenletzten. Die Zeiten von Dominanz und Davoneilen lassen sich momentan nicht wiederbeleben, der FC Bayern steckt weiter in der Findungsphase - und wird merklich unzufriedener.

"Im Tiefschlaf" sei das Team in der ersten Hälfte gewesen, merkte etwa Thomas Müller an, "wir haben irgendwie gewartet, dass uns etwas in den Schoß fällt." Das passierte nicht, die Hamburger agierten unter neuem Trainer mit aufmerksamer Abwehrarbeit. Die Münchner gerieten unter Druck. Fehlpässe waren das Resultat - und bis zur Pause gerade mal zwei ordentliche Torchancen der Gäste.

Nun ist es nicht so, dass die Bayern-Elf miserabel spielte, mit 67 Prozent Ballbesitz bestimmten sie die Partie, HSV-Vorstöße in den eigenen Strafraum wurden früh unterbunden. Anständige Spielzüge zum Tor entwickelten sich allerdings erst in der zweiten Hälfte - doch da fehlte es dann mal Müller, mal Lahm, mal Alaba zum präzisen Abschluss.

Guardiola holte lange Luft, bevor er seine Gedanken in Worte fasste. "Ein sehr schweres Spiel" sei das nach dem Champions-League-Auftakt gegen Manchester City gewesen und der Katalane gab auch gleich zu verstehen, dass er die nahe Zukunft seiner Mannschaft ähnlich trüb sieht: "Bis Dezember wird es nicht leichter." Dann warten ja auch noch andere Gegner als der HSV. Kollektive Erschöpfung habe den FC Bayern eingenommen, so beschreibt Guardiola sein Team.

B-Elf? Schonprogramm? Nicht wirklich!

Eigentlich sollte dieser Samstagnachmittag wieder ein Schritt raus werden aus der Depression über zahlreiche Verletzte, der Name Arjen Robben fand sich in der Startaufstellung wieder. Nach seinem Mini-Auftritt gegen Manchester sollte der Niederländer nun also wieder von Beginn an mitmischen, doch als kurz vor 15.30 Uhr die Spieler aus dem Tunnel liefen, fehlte einer: Arjen Robben. Er hatte sich beim Aufwärmen verletzt.

Guardiola hatte sein Team im Vergleich zur Champions-League-Partie so kräftig durchgemischt, dass das Wort B-Elf schon wieder durch die Sommerluft waberte. Auf der Bank: Medhi Benatia, Xabi Alonso, Mario Götze, Robert Lewandowski. Dafür durften Dante, Pierre-Emile Höjbjerg, Xherdan Shaqiri und Claudio Pizarro ran - Spieler also, die bisher eher wenig in Erscheinung getreten waren.

Hatte Guardiola damit sein Schonprogramm überstrapaziert? Nicht wirklich: Götze, Lewandowski und Alonso kamen in der zweiten Halbzeit zum Einsatz, Alonso brachte auch den einen oder anderen netten Impuls nach vorne - doch spielentscheidend wurde das nicht mehr. "Wir hatten im Gegensatz zum City-Spiel am Ende auch nicht das Quäntchen Glück", befand Müller, "jetzt stehen wir mit dem 0:0 da und müssen uns ärgern."

Beinahe noch ärgerlicher wäre es in der Nachspielzeit geworden: Da hastete Manuel Neuer fast bis zur Mittellinie, um die Chance zu vereiteln und nahm nach einigem Gewusel die Hand zur Hilfe. "Das war schon Absicht", gab er später unbeirrt zu, "das war meine beste Parade heute". Die Defensive stimmte, doch das war für Guardiola kein Thema mehr. Er verließ das Stadion mit Muschelarmband und trüben Gedanken. Am Dienstag wartet der punktgleiche Tabellenführer aus Paderborn.

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