Prozess gegen Hells Angels:Tödliche Abfuhr an der Tür

Hells Angels

Hells Angels in Jacken mit dem Logo ihres Klubs (Archivbild). In Berlin stehen jetzt drei Rocker vor Gericht.

(Foto: dpa)

Drei Hells Angels sollen aus Rache einen Türsteher erschossen haben - weil ein Kollege des Opfers andere Rocker zuvor nicht in eine Berliner Disco ließ. Das Gericht stellt sich auf einen langen Indizienprozess mit schwierigen Zeugen ein.

Von Verena Mayer, Berlin

Dass die drei Angeklagten zu den Hells Angels gehören, sieht man ihnen nicht an. Sie tragen Hemd und Anzug, und nur wer genau hinsieht, bemerkt die an den Hälsen entlang laufenden Tätowierungen. Den dreien, sie sind zwischen 28 und 31 Jahre alt, wird heimtückischer Mord vorgeworfen. Sie sollen im September 2013 einem Berliner Türsteher aufgelauert und getötet haben - weil sie die Ehre der Hells Angels verletzt sahen. Beziehungsweise, um "mit einer Racheaktion auf körperliche Verletzungen und Kränkungen ihrer Mitglieder zu reagieren", wie es in der Anklageschrift heißt.

Das Opfer, ein 39 Jahre alter Mann, wusste nichts davon, weder von den angeblichen Kränkungen noch von den Hells Angels. Er musste sterben, weil einer seiner Kollegen Wochen zuvor andere Mitglieder des Rockerklubs nicht in eine beliebte Disco im Prenzlauer Berg gelassen hatte. Vier Schüsse soll der Angeklagte René P. auf ihn abgefeuert haben. Die anderen beiden sollen aufgepasst und den Fluchtwagen gefahren haben. Der Türsteher konnte sich noch in den Club schleppen, um Hilfe zu holen. Er verblutete im Krankenhaus.

Der Richter weist die drei Männer darauf hin, dass sie sich durch Schweigen verteidigen können. Das tun sie. Nur einer sagt knapp, er habe nichts mit der Sache zu tun. Seine Verteidigerin ergänzt, der Prozess sei für ihn "belastend", da er nur aufgrund eines Kronzeugen überhaupt hier sei. Das Gericht stellt sich auf einen langen Indizienprozess mit schwierigen Zeugen ein. Hells Angels sind nicht bekannt dafür, mit den Behörden zu kooperieren.

Gedenken an ermordeten Türsteher

Stilles Gedenken: Kerzen am Tatort erinnern an das 39-jährige Opfer.

(Foto: Paul Zinken/dpa)

Berlin kämpft seit Jahren gegen die Rockerbanden

Seit etwa zehn Jahren sind Rockerklubs ein fester Bestandteil der Hauptstadtkriminalität. Zum einen, weil sie mafiaähnlich organisiert sind, mit Anabolika und Drogen handeln und Schutzgeld eintreiben. Zum anderen, weil es zwischen einzelnen Gruppen immer wieder zu Auseinandersetzungen kommt. Ermittler sprechen von einem regelrechten Krieg zwischen den verfeindeten Hells Angels und Bandidos. Es gab Anschläge auf Klubhäuser, Racheakte. Der Angeklagte René P. soll zudem ein Mitglied der Bandidos niedergestochen haben, um sich "innerhalb der Hells Angels zu profilieren", wie es in der Anklage heißt. Das Opfer, das er vor einem Bandidos-Klubhaus abgefangen haben soll, überlebte durch eine Notoperation. Auch dazu will sich P. nicht äußern. Ein früheres Mitglied der Hells Angels, das selbst in Haft ist, belastet ihn und die beiden anderen Männer.

Die Berliner Behörden sind seit Jahren mit den Banden beschäftigt. Seit diesem Frühsommer ist es den Hells Angels verboten, ihre Kutten und Abzeichen öffentlich zu tragen, was bereits Wirkung gezeigt habe, wie es bei der Polizei heißt. Die Westen mit dem geflügelten Totenkopf, die vor allem zur Einschüchterung dienten, würden nicht mehr so offensiv getragen. Und nach einem weiteren Mord im Milieu vom Januar sind nun elf Mitglieder in Haft. Unter ihnen ist auch Kadir P., 30, er gilt als Kopf der Berliner Hells Angels. Im Oktober wird er sich wegen Anstiftung zum Mord verantworten müssen. Dann steht der nächste große Rockerprozess an.

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