Afghanistan:Bundeswehr lässt lebensgefährliche Blindgänger zurück

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Blindgänger der Bundeswehr sollen einem Bericht zufolge Menschen in Afghanistan gefährden. Während sich in Kabul eine Regierung bildet, töten die Taliban nahe der Hauptstadt mehr als 100 Menschen.

  • Deutsche Soldaten sollen bei ihrem Abzug aus Afghanistan lebensgefährliche Blindgänger zurückgelassen haben.
  • Mehr als 100 Menschen sollen bei Angriffen der Taliban in der Provinz Ghasni in Afghanistan getötet worden sein. Der Kontakt zur Polizei in der Region sei abgerissen, berichten Behörden.
  • Nach monatelangem Streit einigen sich die beiden Präsidentschaftskandidaten auf die Bildung einer Einheitsregierung.

Gefährliche Hinterlassenschaften der Bundeswehr

Die Bundeswehr hat nach Recherchen des ARD-Magazins "Panorama" bei ihrem Abzug vom nordafghanischen Standort Kundus gefährliche Blindgänger auf einem Übungsgelände zurückgelassen. Unabhängige Prüfer im Auftrag des US-Militärs hätten auf der Schießbahn "Wadi" alleine durch Sichtkontrolle etwa 100 Blindgänger an der Oberfläche entdeckt, berichtet "Panorama". Am Dienstag hat der NDR eine längere Fassung des Berichts ausgestrahlt, hier das Video.

In dem "Panorama" vorliegenden Gutachten heiße es auch, dass das frühere Trainingsgelände dringend unter der Erde geräumt werden müsse, um Gefahren für die Bevölkerung auszuschließen. Die deutschen Soldaten waren vor knapp einem Jahr aus Kundus abgezogen. "Panorama" berichtete, die Bundeswehr habe erst durch eine Anfrage des Magazins von dem Gutachten erfahren und eine Kopie angefordert. Die Auswertung laufe noch.

Die Bundeswehr habe aber mitgeteilt, dass stillgelegte Schießbahnen grundsätzlich durch Fachpersonal an der Oberfläche geräumt würden. Das sei auch bei der Schießbahn "Wadi" geschehen. Für eine weitere Räumung etwa im Untergrund sei die Internationale Schutztruppe Isaf zuständig. Die Isaf verweist nach "Panorama"-Angaben dagegen darauf, dass die Räumung von Übungsgeländen in der Verantwortung der Truppenstellernationen liege.

Mehr als 100 Tote bei Taliban-Angriffen in Afghanistan

Bei Angriffen der radikalislamischen Taliban in Afghanistan sind nach Behördenangaben in den vergangenen Tagen mehr als 100 Menschen getötet worden. Hunderte der Extremisten hätten einen Bezirk in der Provinz Ghasni nur etwa 200 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Kabul gestürmt, sagte der stellvertretende Provinzgouverneur Ahmadullah Ahmadi. Die Taliban enthaupteten demnach auch 15 Menschen.

Behördenvertretern zufolge hat die Provinzregierung den Kontakt zur Polizei im Bezirk Adschrestan im Westen der Provinz Ghasni verloren. Der Bezirk ist etwa 200 Kilometer von Kabul entfernt. Man habe die Zentralregierung in der Hauptstadt um Verstärkung gebeten, erklärte Ahmadi. Diese sei bislang nicht eingetroffen.

Bereits Anfang September hatte es Berichte gegeben, wonach islamistische Kämpfer in der Region ihren Einfluss ausweiten und etwa Straßen sperrten. Zudem sollen die Taliban immer wieder Behördenvertreter überfallen, die auf der wichtigen Verbindungsstraße zwischen Kabul und Kandahar unterwegs sind. Bei Bombenanschlägen gab es viele Opfer.

Bildung einer Einheitsregierung

Kurz vor dem Abzug der letzten internationalen Kampfeinheiten bildet sich in Afghanistan eine Einheitsregierung. Darauf einigten sich die beiden Präsidentschaftskandidaten Abdullah Abdullah und Aschraf Ghani. Neues Staatsoberhaupt wird Ghani, der Hamid Karsai ablöst. Die Taliban erkennen die Regierung nicht an, weil sie sie als Marionette ihres Erzfeindes USA betrachten.

Ghani soll am kommenden Montag in sein Amt eingeführt werden. Die Wahlkommission in Afghanistan hatte den früheren Finanzminister und Weltbankexperten am Sonntag nach einem monatelangen Machtkampf und einer Neuauszählung der Stimmen zum Sieger der Präsidentschaftswahl erklärt. Ghani und sein Kontrahent Abdulah Abdullah unterzeichneten eine Vereinbarung über die Bildung einer "Regierung der nationalen Einheit".

© SZ.de/Reuters/AFP/dpa/jasch - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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