Wegen Kriegsverbrechen:Anklage fordert lebenslange Haft für Karadzic

Er gilt als Drahtzieher des Massakers von Srebrenica: Jetzt fordert die Anklage beim Kriegsverbrechertribunal in Den Haag eine lebenslange Haftstrafe für den früheren bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic. Ein schnelles Urteil ist aber nicht zu erwarten.

  • Der frühere bosnische Serbenführer Radovan Karadzic soll lebenslang in Haft. Das fordern die Kläger beim Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien.
  • Karadzic muss sich wegen Völkermords, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten.
  • Insgesamt starben im Bosnienkrieg zwischen 1992 und 1995 etwa 100 000 Menschen.

Lebenslange Haft für Karadzic beantragt

Beim Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien (ICTY) haben die Kläger gegen den früheren bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic eine lebenslange Haftstrafe beantragt. Dies sei "das einzig angemessene Strafmaß", hieß es in einem von der Klagevertretung in Den Haag veröffentlichten Dokument. In wenigen Tagen sollen die Schlussplädoyers gesprochen werden. Ein Urteil wird nicht vor Ende kommenden Jahres erwartet.

"Unter seinem Kommando und seiner Aufsicht haben Karadzics Befehlsempfänger und diejenigen, die mit ihnen kooperiert haben, Hunderttausende Muslime und Kroaten vertrieben, getötet, gefoltert und auf andere Weise misshandelt", hieß es von den Klägern weiter. "Das Ausmaß und der Umfang dieser kriminellen Akte ist enorm."

Angeklagt in elf Punkten

Karadzic muss sich wegen Völkermords, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bosnienkriegs vor dem Haager Tribunal verantworten. Der 69-Jährige ist in insgesamt elf Punkten angeklagt. Er war im Juli 2008 in der serbischen Hauptstadt Belgrad gefasst worden, nachdem er sich 13 Jahre lang versteckt gehalten hatte. Der frühere bosnische Serbenführer fordert seinen Freispruch in allen Anklagepunkten.

Die Anklage wirft Karadzic sowie dem inzwischen verstorbenen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic und dem früheren bosnisch-serbischen Armeechef Ratko Mladic vor, nach dem Zusammenbruch Jugoslawiens 1991 gemeinsam "ethnische Säuberungen" in den von Serben beanspruchten Teilen Bosniens vorgenommen zu haben. Muslime, Kroaten und andere nicht-serbische Bevölkerungsgruppen wurden systematisch vertrieben.

Verschleppt, getötet, verscharrt

Insgesamt starben im Bosnienkrieg zwischen 1992 und 1995 etwa 100 000 Menschen. Rund 2,2 Millionen weitere Menschen wurden vertrieben. Allein bei dem als Völkermord eingestuften Massaker von Srebrenica im Juli 1995 wurden etwa 8000 muslimische Jungen und Männer verschleppt, getötet und in Massengräbern verscharrt.

Karadzic gilt als Drahtzieher des Massakers. Ebenfalls verantworten muss sich Karadzic wegen der 44-monatigen Belagerung von Sarajevo, bei der nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen etwa 10 000 Zivilisten getötet wurden.

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