Machtkampf beim TSV 1860:Immer Ärger mit Harie

TSV 1860 München - FC Ingolstadt 04

Auf dem Oktoberfest ist der Tumult bisweilen kaum größer als beim TSV 1860.

(Foto: dpa)

Wer kungelt mit wem? Wer verfolgt welche Ziele? Ein Foto auf Facebook heizt den Machtkampf beim TSV 1860 München weiter an. Nun will Notvorstand Mayrhofer mit Verwaltungsrat Steiner nichts mehr zu tun haben.

Von Philipp Schneider und Markus Schäflein

Es scheint ein recht gemütliches Treffen im "Straubinger Hof" gewesen zu sein, so wirkt es jedenfalls auf dem Foto, das der Filmemacher Hubert Pöllmann auf Facebook gepostet hat. Ebenfalls anwesend bei dem informellen Zusammensein einiger Menschen, die sich für den TSV 1860 München interessieren, waren Verwaltungsratsmitglied Otto Steiner - und Harald Riedl, berühmt als "Löwenforums-Harie".

Den wiederum habe er gar nicht gekannt, jedenfalls "physiognomisch nicht", beteuert Pöllmann, denn wenn ihm die gewaltige Tragweite bekannt gewesen wäre, hätte er doch niemals dieses Bild ins Internet gesetzt. Hätte Pöllmann eine der zahlreichen Verhandlungen im Fall Helmut Kirmaier, der auf die Unrechtmäßigkeit des Präsidiums Mayrhofer pocht, besucht, hätte er ihn gekannt: Denn der Löwenforums-Harie trat ja als treuer Begleiter Kirmaiers und zeitweise als sein Sprecher auf.

Das Treffen hat nun eine gravierende Folge: Nach SZ-Informationen sieht sich das Präsidium bzw. der Notvorstand um Gerhard Mayrhofer derzeit außer Stande, weiterhin vertrauensvoll mit Otto Steiner zusammenzuarbeiten. Im Bauch des Löwen befürchtet man eine Verschwörung: Arbeitet Otto Steiner (der den Löwenforums-Harie nach Angaben vom Löwenforums-Harie im Gegensatz zu Pöllmann physiognomisch sehr wohl kennt, und zwar bereits seit 2006) gemeinsam mit jenem ominösen Harie an einer Exit-Strategie und plant eine Zukunft ohne Investor Ismaik? Will er die Insolvenz, eine Rückkehr in die vierte Liga, ins Grünwalder Stadion?

Dem Kicker sagte Steiner jedenfalls bereits im Juni: "Eine Insolvenz wäre an manchen Punkten der bessere Weg gewesen. Dann hätte man bei null neu anfangen können."

Aalen wichtig für von Ahlen: Bernd Schuster möglicher Kandidat bei 1860

Beim Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München ist ein Trainerkandidat öffentlich geworden - für den Fall, dass sich Sportchef Gerhard Poschner mit Interimstrainer Markus von Ahlen nicht auf ein langfristiges Engagement wird einigen können. Der kicker berichtete, dass Poschner auch mit Bernd Schuster gesprochen hat. "Ich kenne Bernd Schuster schon lange, aber ich bin nicht der Einzige, der ihn kennt", sagte Poschner am Montag. Für von Ahlen sei das Freitagsspiel gegen Aalen "entscheidend". Das 2:0 gegen Greuther Fürth, bei dem von Ahlen ein ordentliches Debüt als Verantwortlicher gegeben hatte, habe bewiesen, dass "es ansatzweise gut funktioniert", sagte Poschner: "Wir müssen die Leistung bestätigen, sonst war es ein Schuss in den Ofen." Von Ahlen ist vor allem an einem langfristigen Engagement bei 1860 interessiert. SZ

Die Verschwörungsidee sei Unfug, sagt der Löwenforums-Harie: "Ich hab' den Otto seit vier Jahren nicht gesehen. Dann habe ich ihn angesimst und gefragt, ob wir uns nicht mal treffen könnten. Um einen Weg zu finden, die Kirmaier-Klage aus der Welt zu schaffen." Geredet hätten die zwei lediglich über "Themen, die es auch an einem ganz normalen Löwenstammtisch" gebe: "Es ging nicht um Interna, weil Otto meinte, Interna kann er nicht herausgeben." Das wäre in der Tat eine erstaunliche Wandlung, da Steiner seit jeher Interna herausgibt wie sonst nur die lustigen Gesellen des Rosenmontagszugs ihre Kamelle. Steiner war auf SZ-Anfrage nicht zu erreichen.

Der Löwenforums-Harie wiederum ist als äußerst kritischer Fan bekannt, so bezeichnete er auf der namensgebenden Internetseite den Sport-Geschäftsführer Gerhard Poschner als "Stevic 2.0" - im Anspielung auf den früheren Manager Miroslav Stevic, der den Löwen ebenfalls zahlreiche kostspielige Profis aus dem Ausland zugeschustert hatte. Der Löwenforums-Harie sagte am Montag zunächst, er habe mit der Kirmaier-Klage "überhaupt nichts" zu tun.

Erst auf den Einwand, er habe doch am 13. Juni an einem der SZ bekannten Schlichtungstreffen mit Helmut Kirmaier, Erich Meidert, Noor Basha und Vizepräsident Erik Altmann im Wirtshaus Kugler Alm teilgenommen, sagte er: "Das stimmt. Aber da war ich auf ausdrücklichen Wunsch von Erich Meidert, weil ich mich in Satzungsfragen gut auskenne."

1860-Anwalt Kambli erhebt schwere Vorwürfe gegen Meidert

Das bestätigt auch Meidert, ein ehemaliger Vizepräsident von 1860, der im vergangenen Jahr am Präsidenten-Selektionsverfahren des Aufsichtsrats gescheitert war - und der damals sogar auf eigene Kosten Ismaik besucht hatte in Abu Dhabi, um als möglicher neuer Präsident vorstellig zu werden. Fakt ist: Erich Meidert, den der Kläger-Anwalt Heinz Veauthier im Vorjahr versuchte, als Not-Vorstand von 1860 einzusetzen, ist schon länger im Dunstkreis der Kirmaier-Klage aktiv.

Guido Kambli, Rechtsanwalt des Präsidiums im Prozess, erhebt nun erstmals schwere Vorwürfe gegen Meidert. Bei einem weiteren Treffen mit ihm am 10. Juni habe "Erich Meidert angeboten, er könne dafür sorgen, dass Kirmaier seine Klage zurückzieht. Gegen die Zahlung von 500 000 Euro", sagt Kambli: "Als wir dann alle staunten, schob er nach, er könne Herrn Kirmaier sicherlich auf 100 000 Euro herunterhandeln."

Bei jenem Treffen forderte der Löwenforums-Harie als Grundlage einer Einigung laut Meidert auch Einsicht in die Bücher. Zudem wurden angeblich einige Satzungsänderungen gewünscht; so soll die Möglichkeit, den Verwaltungsrat mit 150 Stimmen abzuwählen, ebenso vorgeschlagen worden sein wie eine Begrenzung der Macht der Gremiums und die Wiedereinführung einer Wahlausschusses.

Kamblis Vorwurf bestreitet Meidert nur zum Teil: Er habe "versucht zu schlichten", weil er "alle Beteiligten gut kenne". Aber die Summe von 500 000 Euro habe er "niemals" erwähnt: "Ich hab' gesagt: Gebt's ihm (Kirmaier, d. Red.) 100 000. Aber das habe ich flapsig gesagt, und der Vorschlag kam von mir. Nicht von Kirmaier." Und zur möglichen Motivlage, weshalb er die Summe genannt haben könnte, sagt Meidert: "Es wird ja spekuliert, der Meidert ist pleite. Dabei baue ich gerade am Schliersee für 8,5 Millionen Euro 18 Eigentumswohnungen. Ich mache eine Million Umsatz mit meinen Wasserfiltern und hab' inzwischen acht Angestellte. Der Löwe interessiert mich, aber an Ämtern bin ich nicht interessiert. Der Schliersee ist Realität."

In jedem Fall Realität ist das Treffen Steiners mit Riedl, der sagt: "Ich habe auf Herrn Kirmaier keinerlei Einfluss. Hier wird etwas konstruiert, nur weil ich der Auffassung bin, dass diese Klage nicht ganz unrechtmäßig ist, weil eben die Satzung bestimmte Dinge vorschreibt." Realität ist auch: Es war ein Treffen, von dem das Präsidium Mayrhofer nichts wusste.

Und in Anbetracht von Steiners ohnehin zwielichtiger Vergangenheit bei 1860 fällt nun neuerliches Misstrauen auf einen gesättigten Nährboden: Schon Dieter Schneider, Mayrhofers Amtsvorgänger, hatte Steiner mit fragwürdigen Methoden aus dem Amt geputscht - anstatt einen Machtwechsel zu moderieren. Dann hatte er in Hep Monatzeder einen Kandidaten bestellt, der auf der Delegiertenversammlung nicht bestätigt wurde. Und als Vorsitzender des Aufsichtsrats jenen folgenschweren Ladungsfehler verantwortet, der die Kirmaier-Klage erst ermöglichte.

Dass sich ausgerechnet Steiner nun ohne Rücksprache mit den Präsidiumsmitgliedern, die unter der Klage am meisten leiden, mit dem Löwenforums-Harie traf, das hat zweifelsfrei ein Geschmäckle. Steiner könnte argumentieren, er habe nichts von der Beteiligung seines alten Weggefährten an der Klage gewusst. Dem aber wäre entgegenzuhalten, dass er im Protokoll einer Verwaltungsratssitzung, in der Vizepräsident Erik Altmann über Löwenforums-Haries Beteiligung an der Klage referierte, als anwesender Teilnehmer aufgeführt wird. Steiner müsste schon sagen: Da habe ich wohl gerade ein Nickerchen gemacht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: