Treppenlauf-Weltrekordler Riedl:70 148 Stufen in zwölf Stunden

Christian Riedl Treppenläufer

Treppenläufer Christian Riedl vor dem Frankfurter Hochhaus, in dem er den Zwölf-Stunden-Weltrekord verbesserte

(Foto: Towerrunning World Association)

Treppenläufer Christian Riedl stellt in Frankfurt einen Weltrekord auf: Er bewältigt mehr als 13 000 Höhenmeter. Ein Gespräch über Muskelschmerzen, Laufen mit Stirnlampe und Rekordversuche am Hochzeitstag.

Von Johannes Knuth

Christian Riedl zählt zu den besten Treppenläufern der Welt. Am vergangenen Sonntag versuchte sich der 34-jährige Diplom-Physiker aus Erlangen im Frankfurter "Tower 185" am Weltrekord im Zwölf-Stunden-Treppenlaufen - mit Erfolg.

SZ.de: Hallo Herr Riedl, herzlichen Glückwunsch zum neuen Treppenlauf-Weltrekord. Sie haben 13 145 Höhenmeter in 12 Stunden zurückgelegt. Kommen Sie heute überhaupt eine Treppe hoch?

Christian Riedl: Relativ gut sogar. Ich bin bei weitem nicht so müde, wie ich das von anderen Veranstaltungen kenne, vom Triathlon zum Beispiel. Aber ich bin schon etwas fertig.

13 000 Höhenmeter in zwölf Stunden, das klingt gewaltig. Wie muss man sich das genau vorstellen?

Ich bin 71 Mal dieses Hochhaus hochgelaufen, dazwischen mit dem Aufzug wieder runter. Ein Aufstieg sind 185,15 Meter, wenn ich mal kurz nachdenke (denkt keine Sekunde nach), das macht insgesamt 13 145,65 Höhenmeter. Oder 70 148 Stufen. Das ist in etwa so, als würde ich auf die Höhe eines Passagierflugzeugs laufen. Wahlweise auf den Mount Everest plus die Zugspitze. Das klingt natürlich ein bisschen verrückt. Aber letztlich ist das einfach eine besondere sportliche Leistung. Der alte Rekord stammt von einem Amerikaner, der zählt in den USA zu den besten Treppenläufern. Die haben dort eine hochklassige Szene.

Wie gestaltet man das logistisch: 12 Stunden Treppenlaufen?

Ich habe vor dem Lauf ein Helferteam zusammengestellt. Die haben den Aufzug geholt, so dass der schon oben steht, wenn ich ankomme, haben Energie-Gels und Bananen bereitgehalten, die Getränke nachgefüllt, die Kameras getauscht. Ich habe den kompletten Lauf mit mehreren kleinen mobilen Kameras an einem Brustgurt mitgefilmt. Ich will den Versuch auch beim Guinness Buch der Rekorde einreichen, die brauchen einen Videobeweis. Der Präsident des Treppenlauf-Weltverbands und Kampfrichter vom hessischen Leichtathletik-Verband waren auch da, alle zehn Stockwerke saßen Leute, die kontrolliert haben, dass ich auch wirklich laufe...

... und nicht den Aufzug nehmen...

... genau. Den habe ich nur genommen, wenn ich oben angekommen war und wieder heruntermusste. Am Ende zählen natürlich nur die Meter, die ich nach oben zurückgelegt habe.

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Christian Riedl während seines Weltrekordversuchs im Frankfurter Treppenhaus.

(Foto: Towerrunning World Association)

Wie viel Zeit haben Sie auf der Toilette verloren?

Ich musste tatsächlich während der zwölf Stunden nicht einmal austreten. Das lag wohl daran, dass ich das, was ich getrunken habe, sofort wieder ausgeschwitzt habe. Im Treppenhaus hat kaum ein Luftzug geweht, da schwitzt man unglaublich viel.

Sie haben am Sonntag nicht nur zwölf Stunden lang einen Weltrekord in einem stickigen Treppenhaus gejagt, sondern hatten auch noch Hochzeitstag. Was sagt Ihre Frau dazu?

Naja, äh (lacht), das hat sich terminlich irgendwie so ergeben. Unter der Woche hätte ich zum Beispiel den Aufzug nicht nehmen können, weil ständig Leute ein- und aussteigen. Meine Frau war am Sonntag dann selbst dabei. Das war auch wichtig. Sie hatte zuvor als einzige meine Trainingsläufe in dem Hochhaus begleitet und konnte alle anderen Helfer einweisen. Wir haben unseren Hochzeitstag dann einfach einen Tag vorgezogen.

Wie kamen Sie auf die Idee, ein derartiges Projekt in Angriff zu nehmen?

Ich bin Triathlet, war letztes Jahr bei der Ironman-WM in Hawaii, mit längeren Distanzen kenne ich mich also ein bisschen aus. 2007 habe ich zudem mit dem Treppenlaufen angefangen. Da rennt man in der Regel nur einmal ein Gebäude hinauf. So gesehen, habe ich mit dem 12-Stunden-Lauf in Frankfurt die beiden Belastungen kombiniert. Das ist meine persönliche Stärke, und das war dann auch der Gedanke hinter dem Rekordversuch. Der Aufwand dafür war aber ziemlich groß. Ich habe rund ein Jahr lang alles geplant, von der Verpflegung bis zur Genehmigung.

Wie trainieren Sie für eine derartige Herausforderung? Geht das überhaupt?

Für den Weltrekord selbst durfte ich im Hochhaus in Frankfurt trainieren. Ansonsten laufe ich viel, fahre Rad, ab und zu streue ich einen Berglauf ein. Oft suche ich mir einfach ein Wohnhaus mit 20 Stockwerken und sprinte da hoch. Da sind die Trainingsbedingungen natürlich nicht so perfekt wie in anderen Sportarten. Abends oder im Winter bleibt das Licht im Treppenhaus meist nur fünf Stockwerke lang an. Dann muss ich halt mit Stirnlampe laufen.

Sie haben viele bekannte Treppenläufe gewonnen oder erfolgreich absolviert, ein Weltrekord gehört nun auch Ihnen. Wo rennen Sie als nächstes rauf?

Zunächst einmal muss der Weltrekord offiziell von den Guinness-Leuten anerkannt werden. Ansonsten gibt es immer mehr Treppenläufe, eine Weltcup-Serie, nächstes Jahr findet die erste Weltmeisterschaft statt, die Konkurrenz wird immer besser, das ist eine Herausforderung. Dann haben wir im Januar dieses Jahres in Köln den ersten Treppenlauf-Verein Deutschlands gegründet. Wir versuchen natürlich auch hier, auf die Sportart aufmerksam zu machen, unter anderem mit meinem Weltrekord. Bei so einem Treppenlauf kann jeder mitmachen, es geht einmal den Turm hoch, da kommt jeder an. Man ist innerhalb weniger Minuten ganz weit über dem Erdboden, hat im Ziel eine fantastische Aussicht. Ich glaube, das gibt es in dieser Form nur im Treppenlaufen.

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