Dirigent des Jahres:Lachender Perfektionist

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Konkurrenzlos als Dirigent für Hochromantisches wie Wagner, Strauss, Puccini: Kirill Petrenko. (Foto: dpa)

Schon als 28-Jähriger hat er Wagners "Ring" aufgeführt - es war der Beginn einer Bilderbuchkarriere. Kritiker haben den Münchner Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper nun zum Dirigenten des Jahres gewählt. Auch sein Haus kann sich über eine Ehrung freuen.

Von Reinhard J. Brembeck

Diesem Lachen kann niemand widerstehen. Kirill Petrenko kann kindlich überwältigend lachen, wenn er ungläubig staunt über den tobenden Jubel nach seinen Aufführungen. Und er lachte sympathisch bescheiden, als nach seinem Bayreuth-Debüt im vergangenen Jahr der "Ring"-Regisseur Frank Castorf zwanzig Minuten (!) lang vor dem Vorhang ausgebuht wurde, während hinter dem Vorhang Musiker, Sänger und Dirigent ungeduldig auf ihren Auftritt warteten. Da erschien plötzlich Petrenkos Kopf mit diesem Lachen durch den Vorhang hindurch, und dann wurde er per Akklamation zum neuen König des Grünen Hügels bestimmt.

Petrenko, der gerade von der Fachzeitschrift Opernwelt zum besten Dirigenten des Jahres gewählt wurde ist derzeit der begehrteste und geradezu konkurrenzlos beste Dirigent für Hochromantisches, für Pfitzner, Puccini, Strauss und vor allem Wagner, dessen "Ring" er erstmals als 28-Jähriger in Meiningen aufgeführt hat. Geboren wurde er im sibirischen Omsk. Der Vater war Geiger, und als er 1990 eine Stelle beim Sinfonieorchester Vorarlberg erhielt, zog die ganze Familie mit. Was Kirill den Militärdienst ersparte, er hätte womöglich drei Jahre lang U-Boot fahren müssen. In Vorarlberg begann dann seine Dirigentenkarriere, er hat das nicht vergessen, kommt immer wieder zurück und hat dort gerade die Sechste von Gustav Mahler dirigiert, die er danach erst in München präsentierte.

Unbändige Lust am Detail

Dann ging es schnell und steil nach oben. Petrenko wurde Generalmusikdirektor, 1999 in Meiningen, 2002 an der Komischen Oper in Berlin und zuletzt 2013 in München. Dass er auch an die Met eingeladen wurde, nach Wien, Paris, London, Dresden und zu den Berliner Philharmonikern, versteht sich geradezu von selbst. Das ist eine Bilderbuchkarriere, hinter der jedoch ein überaus skrupulöser Arbeiter steckt, der sich nie als Pultmagier gibt und auch nie das Publikum zu überrumpeln sucht. Sondern durch eine unbändige Lust am Detail überzeugt.

Das aber geht nur, weil Petrenko ganz genau weiß, was er will - und es auch bei den Musikern, die ihn lieben, durchsetzen kann. Obwohl seine Aufführungen durch ihre emotionale Wärme so gut wie jeden, Musiker wie Zuhörer, zum Schwärmen bringen, ist er letztlich ein akribischer Perfektionist, der wohl deshalb kaum Aufnahmen gemacht hat und bisher auch einen Mitschnitt seines Bayreuthers "Rings" ablehnt.

Kein Wunder, dass dieser Wundermusiker weltweit begehrt ist. Aber Petrenko eignet sich nicht zum Tausendsassadirigenten à la Daniel Barenboim. Er konzentriert seine Kräfte derzeit auf München und Bayreuth. Die Gerüchteküche aber weiß, dass er den "Ring" in Bayreuth wohl nur noch nächstes Jahr machen wird, und dass die Münchner schon jetzt um eine Vertragsverlängerung buhlen. Aber leicht wird es wohl nicht werden, dieses sympathische Lachen auch weiterhin an München zu binden.

© SZ vom 01.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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