Wartenberg:Aufarbeiten statt Schweigen

Grüne im Erdinger Kreistag fordern lückenlose Aufklärung der Vorfälle in der Wartenberger Ganztagesintensivklasse

Von Wolfgang Schmidt, Wartenberg

Die Vorfälle in der Ganztagesintensivklasse (Gik) in der Wartenberger Heimvolksschule haben die politische Ebene erreicht. In einer Anfrage an Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) fordert die Erdinger Kreistagsfraktion der Grünen eine lückenlose Aufklärung des Sachverhalts und die Beendigung der Zusammenarbeit mit dem jetzigen Träger, dem Seraphischen Liebeswerk Altötting, das die Grünen nicht mehr für einen geeigneten Partner des Landkreises halten. "Schon gar nicht in einer so hochsensiblen Angelegenheit wie unserer Gik", steht in der von der Fraktionsvorsitzenden Helga Stieglmeier unterzeichneten Anfrage.

Diese Einschätzung kommt nicht von ungefähr. Gegen einen Arbeitstherapeuten der Gik, dessen Vertrag vom Seraphischen Liebeswerk nicht mehr verlängert wurde, wird von der Staatsanwaltschaft Landshut wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz, Beleidigung und Körperverletzung ermittelt. Gegen den Direktor der Heimvolksschule ist bei der Regierung von Oberbayern eine Dienstaufsichtsbeschwerde anhängig, weil dieser von den Vorfällen gewusst haben soll, aber nicht dagegen eingeschritten sei.

In der Gik erhalten Jugendliche, die von keiner Regelschule mehr aufgenommen würden, eine letzte Chance, doch noch einen Schulabschluss zu machen und auf dem Arbeitsmarkt unterzukommen. Für die Grünen ist es "mehr als besorgniserregend", in welche Richtung sich das mit finanziellen Mitteln des Landkreises und aller seiner Kommunen geförderte "Aushängeschild für eine bessere Bildung im Landkreis" entwickele. Und sie fragen Landrat Bayerstorfer, wer für diesen Negativtrend die Verantwortung trägt. Unter anderem fordern sie das Gesprächsprotokoll eines Krisengesprächs von Ende Juli an, an dem alle an der Gik beteiligten Institutionen - nach SZ-Informationen also auch Landratsamt, Schul- und Jugendamt - teilgenommen hatten. Weiter verlangen die Grünen Auskunft, wer zu welchem Zeitpunkt von den im Raum stehenden Vorwürfen erfahren habe, wer in der Gik die Verantwortung trage und wie das öffentliche Geld in der Einrichtung verwendet wurde.

Bekannt ist inzwischen auch, dass sich unter dem Dach des Josefsheims das Gik-Team über den richtigen pädagogischen Umgang mit den schwierigen Schülern regelmäßig gestritten hat. Auch hier wollen die Grünen den Mantel des Schweigens lüften. Die von Stefan König, Personalchef des Seraphischen Liebeswerks, "Unstimmigkeiten" genannten unterschiedlichen Auffassungen zwischen dem langjährigen Klassenleiter Walter Mooser und Direktor Michael Braun will Stieglmeier konkretisiert haben. Sie will unter anderem wissen, ob die "Unstimmigkeiten" Sachverhalte betreffen, die in Zusammenhang mit den aktuellen Ermittlungen stehen, ob es Meldungen des Klassenleiters und der Sozialpädagogin Petra Reichel über Vorkommnisse gab, wann das war und an wen gemeldet wurde. Die beiden Letztgenannten, gegen die es keine strafrechtlichen Ermittlungen gibt, sind inzwischen aus dem Gik-Team ausgeschieden. Die Grünen interessieren sich für die Gründe, die zur Versetzung "zweier langjähriger und erfahrener Kräfte" geführt haben. Und sie wollen wissen, warum das komplette Team mit Ausnahme der Heilpädagogin ausgetauscht wurde. Stieglmeier wird deutlich: Man könnte, so schreibt sie, zu dem Schluss kommen, "dass, wer Missstände anprangerte, aus der Gik entfernt wurde".

Nach den Äußerungen von Personalchef König, der im Gespräch mit der SZ die Verfehlungen des beschuldigten Arbeitstherapeuten als Schlamperei verniedlicht und als Grund für die Nichtverlängerung seines Vertrags ausdrücklich andere pädagogische Vorstellungen genannt hatte, sollte der Landkreis sich nach Ansicht der Grünen Gedanken über einen anderen Partner für die Gik machen. Daher die Frage, ob der Landkreis möglichst umgehend die Zusammenarbeit mit dem derzeitigen Träger beenden könne, welche alternativen Träger in Frage kommen und ob nicht doch wieder eine Trägerschaft des Landkreises möglich wäre.

Stieglmeier schreibt an Landrat Bayerstorfer, ihre Partei gehe davon aus, "dass alle, denen Qualität und Ruf der Gik ein echtes Anliegen sind, unsere Meinung teilen und bereits entsprechende Überlegungen stattfinden".

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