EU-Politik:Schweden schert aus

Swedish PM Lofven gives a news conference after his government declaration at the Swedish parliament Riksdagen in Stockholm

Der neue Ministerpräsident Schwedens: Sozialdemokrat Stefan Löfven.

(Foto: REUTERS)

Mit Paukenschlag ins neue Amt: Gegen die EU-Linie kündigt der sozialdemokratische Regierungschef in Stockholm, Stefan Löfven, die Anerkennung eines Palästinenserstaats an. Israel ist erzürnt. Und versucht es mit Sarkasmus.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Schwedens neuer sozialdemokratischer Regierungschef Stefan Löfven hat die Anerkennung eines Palästinenserstaats angekündigt - und damit ein ebenso heftiges wie geteiltes Echo provoziert. Während die Palästinenser-Führung in Ramallah den Schritt überschwänglich begrüßte, reagierte Israel empört und bestellte den schwedischen Botschafter ein. Die USA kritisierten die Ankündigung als "verfrüht". Innerhalb der Europäischen Union könnte der Stockholmer Alleingang nun die Diskussion über den Umgang mit dem hochsensiblen und umstrittenen Anerkennungsthema wieder befeuern.

Grundsätzlich verfolgt die EU die Linie, dass ein unabhängiger Palästinenserstaat nur durch eine Verhandlungslösung mit Israel geschaffen werden kann, bei der auch die Grenzen beider Staatsgebiete festgelegt werden. Dass diese Verhandlungslösung mehr als 20 Jahre nach den Osloer Verträgen ferner denn je erscheint, wird allerdings von manchen Mitgliedsstaaten zunehmend der israelischen Politik angelastet, vor allem wegen des ungebremsten Siedlungsbaus in den besetzten Gebieten.

Was fehlt, ist eine einheitliche Position der EU

Die Zerrissenheit der EU bei diesem Thema war bereits vor zwei Jahren offenbar geworden, als der Status der Palästinenser bei den Vereinten Nationen zum Beobachterstaat aufgewertet wurde. Unter den 138 Befürwortern waren damals auch einige EU-Staaten, darunter Schweden, Frankreich und Italien. Deutschland hatte sich wie die Mehrheit der EU-Partner enthalten. Tschechien hatte als einziges EU-Land zu den neun Nein-Stimmen beigetragen.

Zu einer einheitlichen Position hatten die Europäer auch im Anschluss nicht gefunden. Schwedens neuer Ministerpräsident Löfven preschte nun in seiner Antrittsrede vor und erklärte: "Eine Zwei-Staaten-Lösung erfordert gegenseitige Anerkennung und den Willen zur friedlichen Koexistenz. Schweden wird deshalb den Staat Palästina anerkennen." Einen Zeitpunkt dafür nannte er nicht. Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas lobte die Ankündigung als "ehrenhaft", sein Außenminister Riad al-Maliki forderte die andern Europäer auf, diesem Beispiel zu folgen.

Palästina verbreitet Hoffnung, Israel reagiert mit Sarkasmus

Die Palästinenser hoffen nun also auf einen Dominoeffekt und die zähe Kraft des Faktischen. Weltweit ist Palästina bereits von 138 Staaten offiziell anerkannt worden, seitdem der frühere PLO-Chef Jassir Arafat 1988 erstmals aus dem Exil heraus die Staatsgründung verkündet hatte. Innerhalb der EU haben auch schon Polen, Ungarn und die Slowakei den Palästinenser-Staat anerkannt - allerdings jeweils vor ihrem Beitritt zur Union. Solange die Palästinensergebiete unter israelischer Besatzung stehen, hat diese Anerkennung jedoch eher symbolischen Charakter.

Israels Außenminister Avigdor Lieberman verband die für diesen Montag angesetzte Einbestellung des schwedischen Botschafters mit der sarkastischen Anmerkung, der neue Stockholmer Regierungschef habe offenbar noch nicht genug Zeit gehabt, sich ins Thema zu vertiefen, sonst wüsste er, dass in den vergangenen 20 Jahren die Palästinenser ein Abkommen verhindert hätten. "Wenn er sich um den Nahen Osten sorgt", so erklärte Lieberman, "sollte er sich besser auf die täglichen Massenmorde in Syrien oder Irak konzentrieren."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: