Geburtshilfe:Gröhe gibt den Hebammen-Freund

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Mitgesellschafterin Janka Kreye führte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) durch die Räume des Geburtshauses Charlottenburg in Berlin. (Foto: Britta Pedersen/dpa)

Die Geburtshelferinnen fürchten wegen steigender Kosten noch immer um ihre Existenz, doch sie haben einen Fürsprecher: Gesundheitsminister Gröhe. Beim Besuch eines Geburtshaus in Berlin verkündet er gute Neuigkeiten für die Hebammen.

Von Nina von Hardenberg, München

Vielleicht liegt es an den Babys, an süßen Erinnerungen an den eigenen Nachwuchs: Wenn Politiker auf Hebammen treffen, geraten sie schnell ins Schwärmen. Auch Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), Vater von vier Kindern, konnte am Montag nicht umhin, diesem Impuls nachzugegeben.

Bei seinem Besuch im Geburtshaus Charlottenburg sprach er von der "unschätzbar wichtigen Arbeit", die Hebammen für Schwangere, Mütter und junge Familien leisteten. Gröhe pries auch das Geburtshaus Charlottenburg, als "Vorreiter bei der Qualitätssicherung im Bereich der außerklinischen Geburten."

So viel Lob kommt an. Denn die von den steigenden Haftpflichtprämien geplagten Hebammen fürchten trotz aller politischen Zugeständnisse noch immer um ihre Existenz. Vor allem die Geburtshäuser hatten lange gezweifelt, ob die Politik sie überhaupt unterstützten würde. Schließlich sind Geburten außerhalb von Krankenhäusern in Deutschland immer noch eine Nischen-Erscheinung.

Von mehr als 670 000 Kindern kamen im Jahr 2012 gerade mal etwa 7000 in einem Geburtshaus zur Welt, weitere knapp 3700 zu Hause. Die Unsicherheit nage an den Hebammen, berichtet Christine Bruhn, Geschäftsführerin des Geburtshauses Charlottenburg. Es gebe immer weniger Hebammen, die freiberuflich Geburten betreuen wollten. Zuletzt hätten erfolgreiche Geburtshäuser wie in Kiel wegen Personalnot schließen müssen. Nun aber soll alles besser werden. Gesundheitsminister Gröhe hält zu den Hebammen, davon ist Geschäftsführerin Bruhn überzeugt. Mit der Einladung habe man sich bedanken wollen. "Herr Gröhe hat sich seit Amtsantritt ziemlich für die Hebammen eingesetzt."

Gedeckelte Prämien

Tatsächlich gibt es wahrscheinlich wenig Berufsgruppen für die der Minister so viel getan hat. Die freiberuflichen Hebammen ächzen seit Jahren unter steigenden Haftpflichtprämien, die die Geburtshilfe gerade für Hebammen, die nur wenige Geburten betreuen, unrentabel machen.

Der Minister hat deshalb schon im Sommer durchgesetzt, dass die Krankenkassen den Hebammen diese Kosten voll ausgleichen. Und mehr noch: Er führte sogar einen Sicherstellungszuschlag für Hebammen mit wenigen Geburten ein, damit sich das Geschäft auch für sie lohnt. Ein Ansatz, der von den Krankenkassen zum Teil heftig kritisiert wird. Sie befürchten, dass der Zuschlag gerade Hebammen mit wenig Erfahrung stützt.

In Charlottenburg aber versprach der Minister den Hebammen sogar noch mehr. In Kürze werde er ein Gesetz vorlegen, das den Anstieg der Haftpflichtprämien dauerhaft bremst. Die Kosten für diese Versicherung steigen seit Jahren massiv. Konnte sich eine freiberufliche Hebamme, die auch Geburten betreut, 2002 noch für 453 Euro jährlich versichern, so zahlt sie inzwischen mehr als 5000 Euro.

Die Kassen warnen

Denn die wenigen geschädigten Kinder sind für die Versicherer teurer geworden. Das hat drei Gründe: Erstens leben die Kinder Dank guter medizinischer Versorgung oft länger. Zweitens sprechen die Gerichte den Familien mehr Geld für die Pflege zu. Und drittens holen sich die Kranken- und Pflegeversicherung ihre Kosten für die Versorgung der kranken Kinder öfter als früher von der Haftpflichtversicherung zurück.

Diese sogenannten Regresse will Gesundheitsminister Gröhe nun unterbinden. Wenn nämlich die Kassen die Behandlungskosten der kranken Kinder nicht mehr zurückfordern dürfen, spart die Haftpflicht viel Geld. Die Prämien könnten sinken. Es gibt viele, die glauben, Gröhes Plan sei ein Bruch mit der Versicherungslogik, mit dem Prinzip, dass der Verursacher eines Schadens auch für dessen Kosten haften sollte.

Die Kassen warnen, dass man eine solche Ausnahme nicht allein für die Hebammen machen könne, schließlich litten auch die Ärzte unter steigenden Versicherungsprämien. Gröhe aber ist offenbar entschlossen, die Änderung durchzusetzen. Es sei ihm "Herzensanliegen", dass Hebammen ihre "wichtige Arbeit auch in Zukunft mit guten Rahmenbedingungen ausüben können", sagte er in Charlottenburg.

© SZ vom 07.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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