Sponsoring des VfL Wolfsburg:Volkswagen muss Millionen-Bußgeld zahlen

Martin Winterkorn

VW-Chef Martin Winterkorn ist ebenso Fußballfan wie Einkaufschef des Automobilkonzerns.

(Foto: dpa)

Aufträge für T-Sytems? Gerne, aber nur, wenn auch der VfL Wolfsburg gesponsert wird - bei VW kam das offenbar vor. Nun muss der Konzern zwei Millionen Euro Bußgeld zahlen und vermeidet damit einen langwierigen Prozess.

Von Klaus Ott

Da hat Franciso Javier Garcia Sanz aber noch mal Glück gehabt. Schließlich hätte die Stuttgarter Staatsanwaltschaft nicht nur der Volkswagen AG, sondern auch deren Einkaufsvorstand ein Bußgeld aufbrummen können. Doch Garcia Sanz, immerhin die Nummer drei bei dem Wolfsburger Autokonzern nach Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch und Vorstandschef Martin Winterkorn bleibt von Post aus Stuttgart verschont.

Der mächtige Einkaufsvorstand braucht nicht Buße tun für eine, so sehen es die schwäbischen Ermittler, verbotene Verquickung von Konzerngeschäften mit einem Sponsoring beim Werksklub VfL Wolfsburg. Dem Fußball-Bundesligisten ist Garcia Sanz sehr verbunden, als Vorsitzender des Aufsichtsrats und Mitglied des Präsidiums.

Weil VW und VfL allzu eng kooperiert haben, muss der Autokonzern zwei Millionen Euro zahlen. Das besagen die beiden Bußgeldbescheide, die nach Angaben der Staatsanwaltschaft jetzt verschickt wurden, bei VW aber noch nicht angekommen sind. Zwei Führungskräfte aus der Einkaufssparte von Garcia Sanz haben bereits gezahlt, immerhin 100 000 beziehungsweise 150 000 Euro. Dafür kommt VW auf.

Keine Gerichtsverhandlung, keine Öffentlichkeit

Das ist alles der Preis dafür, dass die Justiz die Akten schließt und nicht in einem Prozess aufklärt, wie Volkswagen Zulieferer und Dienstleister offenbar systematisch gedrängt hat, den konzerneigenen Fußball-Klub als Sponsoren zu unterstützen. Keine Gerichtsverhandlung, keine Öffentlichkeit, und alsbald auch keine Schlagzeilen mehr, obwohl es immerhin um Korruption geht, so die Staatsanwaltschaft. Es wäre ein Musterprozess gewesen, am Beispiel eines Deals zwischen Volkswagen und der Telekom-Tochter T-Systems, von dem der VfL Wolfsburg profitieren sollte: Was ist bei Konzern-Geschäften rund um den Fußball erlaubt, und was nicht?

Für Volkswagen ist das jetzige Ende eines langen Ermittlungsverfahrens eine billige Lösung, nicht nur, weil Garcia Sanz glimpflich davonkommt. Nach der neuen Gesetzeslage wären für den Autokonzern bis zu 20 Millionen Euro fällig gewesen wären. Doch im Jahr 2010, als VW mit T-Systems dealte, galt noch altes Recht.

Die damaligen Paragrafen sahen maximal eine Million Euro Bußgeld für eine Ordnungswidrigkeit vor. Macht bei den beiden von der Stuttgarter Staatsanwaltschaft festgestellten Verstößen also zwei Millionen Euro, die sich nach Angaben der Ermittlungsbehörde wie folgt aufteilen: Eine Million Euro dafür, dass der Einkaufsvorstand Garcia Sanz "pflichtwidrig" keine Vorkehrungen gegen solche Straftaten getroffen habe. Und eine Million Euro für die strafbaren Koppelgeschäfte zwischen VW und VfL, die durch die Konzernstruktur nicht verhindert worden seien. Da VW aber nach "Bekanntwerden der Bestechungstaten" Konsequenzen gezogen und Abhilfe geschaffen habe, sah die Staatsanwaltschaft laut eigener Auskunft von einem persönlichen Bußgeld für Garcia Sanz ab.

Dass Volkswagen Aufträge für Zulieferer nicht mehr mit Sponsoringwünschen für den VfL verquicke, davon geht auch das Landgericht Stuttgart aus. Das Gericht hat, unter Geldauflagen, ein Verfahren gegen fünf Angeklagte wegen Bestechung beziehungsweise Bestechlichkeit eingestellt. Drei frühere Manager und Mitarbeiter von T-Systems zahlten zwischen 20 000 und 50 000 Euro (zwei von ihnen leisteten auch soziale Dienste). Also deutlich weniger als die beiden ebenfalls angeklagten Führungskräfte aus der Einkaufssparte von Garcia Sanz mit ihren 100 000 beziehungsweise 200 000 Euro. Das zeigt, wo nach Ansicht der Justiz die Hauptschuld lag. Bei VW und nicht bei der Telekom. Die hatte das anstößige Geschäft, nachdem es intern aufgefallen war, selbst angezeigt.

Zahlreiche Hinweise auf Koppelgeschäfte

Das Gericht befand, dieses Verfahren habe in der Wirtschaft "den Blick für mögliche Gefährdungen geschärft", wenn die Zuständigkeiten für Einkauf und Sponsoring "nicht hinreichend klar" getrennt seien. Es sei "äußerst unwahrscheinlich", dass ein Fall wie der bei VW, Telekom und VfL in absehbarer Zeit bei einem deutschen Unternehmen wieder vorkommen werde. Den Ermittlungsergebnissen zufolge hatte Volkswagen 2010 einen hoch dotierten Dienstleistungsvertrag mit T-Systems für die Pflege der Computersysteme erst dann fortgeführt, nachdem die Telekom-Tochter ihrerseits angekündigt hatte, einen Sponsorvertrag mit dem VfL über vier Millionen Euro pro Saison zu verlängern. Dass T-Systems dann doch beim VfL ausstieg, machte aus Sicht der Staatsanwaltschaft den Gesetzesverstoß nicht hinfällig.

Die Strafverfolger hatten bei Durchsuchungen in Wolfsburg zahlreiche Hinweise auf Koppelgeschäfte zwischen Konzern und Klub gefunden. Einschließlich mancher Dokumente, die auf dem Schreibtisch von Garcia Sanz gelandet waren. Doch nun ist für VW alles ausgestanden. Volkswagen ist zwar "weiterhin der Überzeugung", sich im rechtlich zulässigen Rahmen bewegt zu haben. Der Konzern wird aber gegen die beiden Bußgeldbescheide keinen Einspruch einlegen, sondern zahlen. Dadurch solle, so VW, ein jahrelanges Gerichtsverfahren vermieden werden, das viele Ressourcen im Unternehmen binden und "immer wieder Unruhe in den Konzern und den VfL Wolfsburg bringen würde".

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