Steueroase Luxemburg:Amazon soll weniger als ein Prozent Steuern zahlen

Internet company Amazon does not plan anymore the construction of the distribution centre in Brno D

Ein Amazon-Logistikzentrum

(Foto: Imago Stock&People)
  • Die Steueroase Luxemburg und der Internethändler sollen ausgehandelt haben, dass Amazon kaum Steuern zahlen muss. Die Europäische Kommission ermittelt nun offiziell, ob dieser Deal illegal ist.
  • Unterm Strich zahle Amazon weniger als ein Prozent auf seine europäischen Gewinne, berichtet die Financial Times. Dabei beruft sich das Blatt auf Personen, die an entsprechenden Ermittlungen beteiligt sein sollen.
  • Über den Fall entscheidet die neue EU-Kommission. Chef der Behörde wird Jean-Claude Juncker - er war Premier und Finanzminister in Luxemburg, als Amazon den günstigen Steuerdeal bekommen hat.
  • Die EU ermittelt bereits offiziell gegen Irland wegen Apple, gegen die Niederlande wegen Starbucks und wegen Fiat gegen Luxemburg.

Von Bastian Brinkmann

Amazons Europageschäft läuft über Luxemburg

Die Europäische Kommission leitet ein weiteres Verfahren gegen die Steueroase Luxemburg ein. Es geht um einen Steuerdeal, den die Luxemburger Behörden 2003 mit dem Internetversandhändler Amazon geschlossen haben. Dieser Deal ist bis heute gültig. In Luxemburg hat der Konzern seine europäische Niederlassung namens Amazon EU Sàrl. Wenn deutsche Kunden ein Buch auf Amazon.de kaufen, bekommen sie eine Rechnung aus Luxemburg.

So soll der Deal zwischen Amazon und Luxemburg aussehen

Steueroasen verlangen kaum Abgaben. Politiker dieser Staaten hoffen, dass sich darum zahlreiche Firmen ansiedeln und viele kleine Beträge zu ordentlichen Einnahmen addieren. Luxemburg ist Amazon offenbar sehr weit entgegengekommen. Die steuerrechtliche Konstruktion führt dazu, "dass der Großteil der europäischen Gewinne von Amazon in Luxemburg auflaufen, aber dort nicht versteuert werden", teilt die Kommission mit. Dies führt laut Financial Times dazu, dass der Konzern weniger als ein Prozent Steuern zahle.

Amazon zahlt sogar noch weniger Steuern als Apple

Damit würde Amazon sogar noch Apple unterbieten. Bisher galt der iPhone-Hersteller als der Konzern, der den "Heiligen Gral der Steuervermeidung" gefunden hatte. Apple zahlt laut einer Untersuchung des US-Senats dank Niederlassungen in Irland nur zwei Prozent Steuern.

"Haben keine Sonderbehandlung durch Luxemburg erhalten"

Der Konzern weist die Vorwürfe zurück. Amazon habe keine Sonderbehandlung durch Luxemburg erhalten, so ein Sprecher. "Für uns gelten die gleichen Steuergesetze wie für alle anderen Firmen hier."

Warum darf Brüssel eingreifen?

Die Kommission darf bei Steuerpolitik eigentlich nicht mitreden. Brüssel sieht jedoch die Deals zwischen den Finanzämtern und den Konzernen als so schwerwiegend an, dass sie als unerlaubte Beihilfe eingestuft werden könnten. Europäisches Recht erlaubt staatliche Beihilfen an Konzerne - zum Beispiel finanzielle Unterstützung, wenn eine Firma ein neues Werk in einer armen Region eröffnet. Allerdings darf die Hilfe durch den Staat nicht unfair sein. Genau das könnte jedoch bei Apple, Fiat, Amazon und Starbucks der Fall sein - weil etwa kleinere Konkurrenten nicht so günstige Sonderabsprachen mit dem Fiskus aushandeln können.

Wegen Apple, Starbucks, Fiat laufen bereits Ermittlungen

Die EU-Kommission ist bereits aktiv. Es laufen drei formale Verfahren: gegen Irland wegen Apple, gegen die Niederlande wegen Starbucks - und auch schon gegen Luxemburg wegen einer Finanztochter des Autokonzerns Fiat. In allen drei Fällen geht es um mutmaßlich illegale Beihilfe. Den Konzernen drohen teils milliardenschwere Rückzahlungen. Ende September hatte die Europäische Kommission in den Fällen Apple (PDF) und Fiat (PDF) Zwischenberichte vorgelegt, die die Steuerdeals als nicht erlaubte Beihilfe einstufen. Die nationalen Regierungen und die Konzerne haben nun rund einen Monat Zeit, auf die Vorwürfe zu reagieren.

Entscheiden muss ausgerechnet die Kommission unter Juncker

Ob die günstigen Steuerdeals tatsächlich illegal sind, ist noch nicht entschieden. Das fällt in die Verantwortung der neuen EU-Kommission, die wiederum noch vom Europäischen Parlament bestätigt werden muss. Fest steht allerdings, wer die Kommission führen wird: Jean-Claude Juncker. Er war vorher Premierminister in Luxemburg, bis 2009 auch Finanzminister. In seine Amtszeit fällt nicht nur der Fall Fiat - sondern auch der Ein-Prozent-Deal mit Amazon. Es könnte also sein, dass der Kommissionspräsident Juncker über den Steueroasen-Premier Juncker richten muss.

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