Chemie-Nobelpreis für Deutschen und zwei Amerikaner:Blick in die Nanowelt

Chemie-Nobelpreis für Deutschen und zwei Amerikaner: 0,2 Mikrometer galten lange als die Grenze, unterhalb derer Objekte nicht mehr optisch abgebildet werden können. Die Nobelpreisträger überwanden diese Grenze.

0,2 Mikrometer galten lange als die Grenze, unterhalb derer Objekte nicht mehr optisch abgebildet werden können. Die Nobelpreisträger überwanden diese Grenze.

(Foto: Quelle: Nobelprize.org)
  • Ein Deutscher und zwei Amerikaner werden mit dem Chemie-Nobelpreis geehrt.
  • Ihre Forschungen ermöglichten die Entwicklung von Nanomikroskopen. Mit ihnen können Objekte betrachtet werden, die mehr als fünfhundert Mal dünner sind als ein menschliches Haar.

Den diesjährigen Chemie-Nobelpreis erhalten die Amerikaner Eric Betzig und William E. Moerner sowie der Deutsche Stefan W. Hell. Sie entwickelten Methoden zur Fluoreszenzmikroskopie. Durch ihre Arbeiten ist es möglich, einzelne Moleküle innerhalb lebender Zellen zu verfolgen.

Die von Betzig, Hell und Moerner maßgeblich entwickelte Methode wird auch Nanoskopie genannt. Sie operiert in einer Größenordnung, die lange für unmöglich gehalten wurde. "Das hat es ermöglicht, molekulare Prozesse in Echtzeit zu verfolgen", teilte das Nobelpreiskomitee mit.

Wissenschaftler können nun live mit ansehen, welche Veränderungen im Gehirn erfolgen, wenn es etwas lernt - oder wie einzelne Moleküle an der Entstehung von Krankheiten mitwirken. So können sie beispielsweise die Anhäufung von Proteinen betrachten, die typisch für die Alzheimer-Erkrankung ist, oder Vorgänge innerhalb von befruchteten Eizellen beobachten.

Lange galten solch winzige Objekte als unsichtbar

Forscher glaubten lange, dass es unmöglich sei, Strukturen optisch zu erkennen, die kleiner als etwa 0,2 Mikrometer sind, rund ein Fünfhundertstel des Durchmessers eines menschlichen Haares. Diese Auflösungsgrenze galt als physikalisch feste Grenze für Lichtmikroskope, festgelegt durch die halbe Wellenlänge des sichtbaren Lichts.

Mit Rasterelektronenmikroskopen war es zwar auch bislang möglich, kleinere Strukturen wie Viren oder DNA-Stränge zu erkennen. Dabei gleitet ein Elektronenstrahl über das Objekt, das vergrößert werden soll. Die Wechselwirkungen der Elektronen mit dem Objekt nutzt das Mikroskop, um ein sichtbares Bild zu erzeugen. Der Einsatz der Technik bei lebenden Zellen ist jedoch schwierig. Ein E.Coli-Bakterium ist etwa lediglich einen Mikrometer lang.

Den Preisträgern gelang es auf zweifache Weise, dieses sogenannte Abbe-Limit zu umgehen. Hell entwickelte um das Jahr 2000 die STED-Mikroskopie (stimulated emission depletion), bei der ein Laserstrahl ein Molekül zum Leuchten anregt. Dieses Leuchten kann vergrößert und aufgenommen werden. Ein zweiter Laserstrahl beseitigt Störsignale aus der Aufnahme. Betzig und Moerner legten unabhängig voneinander die Grundlagen für die zweite Methode, die Mikroskopie einzelner Moleküle. Diese Technik beruht darauf, die Fluoreszenz, also Leuchterscheinungen, einzelner Moleküle an- und abzuschalten, und die Oberflächen der Teilchen zu scannen.

Hell ist Direktor am Max-Planck-Insitut in Göttingen

Chemie-Nobelpreis für Deutschen und zwei Amerikaner: Die Gewinner des Chemie-Nobelpreises: Eric Betzig, Stefan Hell und William Moerner (v.l.)

Die Gewinner des Chemie-Nobelpreises: Eric Betzig, Stefan Hell und William Moerner (v.l.)

(Foto: AFP)

Stefan W. Hell wurde 1962 in Rumänien geboren. Der Physiker ist Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen. Außerdem leitet er die Abteilung "Hochauflösende Optische Mikroskopie" am Deutschen Krebsforschungszentrum.

Eric Betzig, Jahrgang 1960, forscht am Janelia Farm Research Campus des Howard Hughes Medical Institute in Ashburn im US-Bundesstaat Virginia. Moerner wurde 1953 geboren, er ist Professor an der Stanford University in Kalifornien.

Der Preis ist mit acht Millionen schwedische Kronen (rund 880 000 Euro) dotiert. Vergangenes Jahr hatten die drei in den USA arbeitenden Molekularchemiker Martin Karplus, Michael Levitt und Arieh Warshel die Auszeichnung für ihre Entwicklung von Computermodellen zur Voraussage chemischer Prozesse erhalten.

Damit sind für dieses Jahr alle Träger der naturwissenschaftlichen Nobelpreise verkündet. Am Montag wurden bereits die Preisträger im Fach Medizin bekannt gegeben: Die Neuroforscher John O'Keefe sowie May-Britt und Edvard Moser werden für ihre Entschlüsselung des inneren Navigationssystems geehrt. Den Physik-Preis teilen sich die japanischstämmigen Forscher Isamu Akasaki, Hiroshi Amano und Shuji Nakamura. Sie waren wesentlich an der Entwicklung energiesparender LEDs beteiligt.

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