PR-Gag aus der Landwirtschaft:Windeln für Kühe

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Pampers Größe Maxi Doppelplus für Milchkuh Doris: Mit der Aktion will Landwirt Huber aus Gmund am Tegernsee seinem Ärger über die EU Luft machen. (Foto: dpa)

Wenn es nach der EU geht, soll Düngen auf Almen verboten werden. Den bayerischen Bauern ist das gar nicht recht. Im Kampf gegen Brüssel greifen sie zu ausgefallenen Maßnahmen.

Von Christian Sebald, München

Eine Kuh in einer Pampers-Windel, und das auf einer saftigen Almwiese am Tegernsee, das ist doch ein witziger PR-Gag. So oder so ähnlich muss sich das der oberbayerische Bauernpräsident Anton Kreitmair gedacht haben, als er mal so richtig seinem Ärger über die EU und ihre Regelungswut Luft machen wollte. Am Mittwoch war es so weit. Auf einer Weide am Bergerhof hoch über dem Tegernsee verpasste Kreitmair mit dem Gmunder Milchbauern Johann Huber der Kuh Doris eine Riesen-Pampers.

Was Kreitmair so ärgert, ist die sogenannte Nitrat-Richtlinie der EU. Dabei will die EU damit doch nur garantieren, dass Bäche, Flüsse, Seen und das Grundwasser sauber bleiben, also möglichst frei von Nitrat sind. Nitrat gelangt hauptsächlich durch Mist, Gülle und Kunstdünger in den Boden, welche die Bauern massenhaft auf Weiden und Äckern ausbringen.

Belastetes Trinkwasser in Deutschland
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Weil Deutschlands Bauern zu viel düngen, ist die Nitrat-Belastung in einem Viertel aller Trinkwasser-Reservoirs deutlich höher als erlaubt. Die Folgen können schwerwiegend sein: Säuglinge leiden an Sauerstoffmangel, bei Erwachsenen könnte Krebs entstehen. Warum die Verunreinigungen weiter zunehmen.

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Zwar ist Nitrat kein tödliches Gift. Aber es kann bei Säuglingen den Sauerstofftransport im Blut behindern, bis sie blau anlaufen. Außerdem steht Nitrat im Verdacht, Krebs auslösen zu können. Vor allem in Regionen mit Massentierhaltung und industriellem Ackerbau steigt die Nitrat-Belastung des Grundwasser seit einiger Zeit bedenklich an - auch vielerorts in Bayern.

Milchkuh Doris in Riesen-Pampers: eine Augenweide

Die EU-Kommission akzeptiert das nicht. Sie verlangt ein Bündel von Maßnahmen, darunter auch ein Düngeverbot auf steileren Hängen, Almwiesen und Weinbergen. Das passt den Bauern nicht. "Denn dann könnten in Bayern zehn Prozent der Wiesen und Äcker nicht mehr bewirtschaftet werden", klagt Kreitmair. "Bei den Weinbergen wäre es sogar die Hälfte."

Dabei ist die Gefahr doch schon gebannt. In gleichsam vorauseilendem Gehorsam hat die Bundesregierung der EU-Kommission mitgeteilt, man werde die Forderung nicht erfüllen. Die Protestaktion auf dem Bergerhof war dennoch sehr gelungen. Gleich zu dritt haben sie der Milchkuh Doris die Riesen-Pampers angelegt. Die hat das Spektakel sehr gelassen über sich ergehen lassen.

© SZ vom 09.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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