Königsdorf:Parsifal klingt pink

Jutta Bosch lässt sich von Richard Wagner zu "Farbklängen" inspirieren. Auf dem Hoffest am Sonntag in Mooseurach sind die Ergebnisse zu sehen

Von Stephanie Schwaderer, Königsdorf

Rheingold, sagt Jutta Bosch, sei zunächst einmal düster. Parsifal hingegen "hat viel Rot und Pink". Audiovision oder "Kontinuum" nennt sie die Technik, die sie vor mehr als zwei Jahrzehnten für sich entdeckt hat. Grob gesagt, handelt es sich um die Grenzauflösung zwischen Hören und Sehen, ein synästhetisches Ereignis, das in seinem Entstehungsprozess viel Farbe und Leinwand verschlingt, sich dann aber fast vollständig entmaterialisiert. Der Rezipient eines Bosch-Kontinuums sitzt idealerweise in einem Kino und sieht zur Musik Projektionen der Bilder, welche die Künstlerin zu eben diesen Klängen in einem meditativen Rausch erschaffen hat - lichtstarke Spiegel des Unsichtbaren. Am Sonntag, 12. Oktober, zeigt Jutta Bosch im Rahmen des Mooseuracher Hoffests erstmals ihr jüngstes Werk: einen Wagner-Zyklus.

Lange habe sie gezögert, sich diesem Komponisten zu nähern, "schon wegen seiner antisemitischen Haltung", sagt die 1960 geborene Malerin, die mit ihrer Familie in Mooseurach lebt und arbeitet. Wagner sei "abscheulich - aber auch ein Genie". Das sei ihr bereits mit Anfang 20 bewusst geworden, als sie Mühe hatte, seinen Opern aufmerksam zu folgen. Als zäh und langwierig habe sie diese über weite Strecken empfunden. "Aber dann passiert es: Plötzlich ist er glasklar, macht reine Seelenmusik. Brillant."

Drei solcher Partien, "die zutiefst berühren", hat sie ausgesucht: die Ouvertüren zu Rheingold, Parsifal und Lohengrin, jede etwa 25 Minuten lang. Ihre Übersetzung in Acryl füllt 130 große Leinwände. "Diesmal war ich bescheiden", sagt sie. "Bei Chopin vor zwei Jahren waren es 1200." Einen kleinen Teil der Wagner-Bilder werden die Gäste beim Mooseuracher Hoffest in natura zu sehen bekommen. Die anderen wurden abfotografiert und werden bei der Audiovision mit einer speziellen Überblendtechnik gezeigt, die ein fließendes Sehen ermöglicht.

Zum Malen hat Jutta Bosch 1991 nach einem Sommeraufenthalt bei Hermann Nitsch in Salzburg gefunden. Damals habe sie alles hinter sich gelassen, was sie als Bildhauerin an der Akademie gelernt hatte, sagt sie. Mehr und mehr habe sie ihr Augenmerk nach innen gerichtet: "Malen hat für mich viel mit Meditation zu tun." Auch als Mensch sei sie "eher nach innen als nach außen gerichtet" - ein Grund, weshalb öffentliche Kontinuum-Vorstellungen rar sind.

Die Themen, um die ihr Denken und Schaffen kreisen - "die menschliche Seele, die Mystik im Leben" - lassen sich schwer in Worte fassen. Deshalb greift Jutta Bosch zum Pinsel. "Und idealerweise findet beim Zuschauer ein ähnlicher Prozess statt wie beim Malen: Dass das Herz sich öffnet und der Geist aufmacht."

"Farbklänge von Jutta Bosch", Sonntag, 12. Oktober, 16 Uhr, Mooseurach. www.mooseurach.de

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