"Er sagt, sie sagt":Wenn sich Partner peinlich finden

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Was anderen Leuten meist gar nicht auffällt, ist dem Partner oft peinlich.

(Foto: iStock)

Sie sitzen in einem Restaurant, die Flasche Wein ist zu zwei Dritteln geleert. Da zieht er die Nase hoch, nimmt seine rote Papierserviette und beginnt, sie in der Mitte, am Falz entlang, zu durchtrennen - mit dem Ergebnis, dass beide Hälften in Fetzen reißen.

Von Violetta Simon

Sie (sieht ihn fassungslos an): Was tust du denn da, warum zerreißt du die Serviette?

Er: Ich muss mir die Nase putzen (schnaubt in eine zerfetzte Serviettenhälfte).

Sie: Aber doch nicht in die Serviette! Gott, wie peinlich. Sie sieht sich im Lokal um, um sich zu vergewissern, ob jemand etwas mitbekommen hat.

Er: Na, wenn ich gerade kein Taschentuch bei mir habe.

Sie: Warum fragst du mich dann nicht einfach, ich habe immer welche dabei!

Er: Schön für dich, aber es geht auch so, wie du siehst.

Sie: Nein, so geht es eben nicht! Sie beobachtet angewidert, wie er sich in seinem Stuhl ausstreckt und die gebrauchte Papierserviettenhälfte in seine Hosentasche stopft. Ihr missbilligender Blick bleibt abrupt an seiner Nase hängen.

Er: Was schaust du denn so komisch?

Sie: Deine Nase. Da hängt ein roter Fetzen.

Er (friemelt an seiner Nasenspitze herum und schnippt das Papierstück schließlich von sich): So. Zufrieden?

Sie: Ich fasse es nicht. Du bist manchmal einfach so peinlich.

Er: Ach ja? Ich? Peinlich? Dann solltest du dich mal nach zwei Gläsern Wein lachen hören!

Sie: Warum, was ist mit meinem Lachen?

Er: Dein beschwipstes Lachen ist ... irgendwie nicht menschlich, ja, es lässt einem das Blut in den Adern gefrieren.

Sie: Wie meinst du das?

Er: Du klingst wie diese Schabrackenhyänen, die wir damals auf der Safari im Krüger-Nationalpark gehört haben. Nur mit Erkältung.

Sie: Was für eine Unverschämtheit!

Er: Moment, das ist noch nicht alles: Beim Luftholen nämlich, da grunzt du.

Sie: Ich grunze? Du spinnst ja.

Er: Aber nein, wie ein Ferkel (imitiert ein Grunzgeräusch)!

Sie: Das ist nicht wahr!

Er: Und ob das wahr ist.

Sie: Das werden wir gleich haben. Herr Ober! Würden sie mir wohl einen Gefallen tun und mal einen Moment zuhören? Sie räuspert sich und legt eine Hand auf ihr Brustbein: Ha, ha, ha! Na, fällt Ihnen etwas auf?

Kellner: Entschuldigung? Ich verstehe nicht ...

Sie: Moment, ich muss erst ein wenig in Schwung kommen: Ha, ha, haaaaa! Sie beugt sich vor und zurück, klopft sich dabei auf die Oberschenkel. Die Leute an den benachbarten Tischen halten inne und drehen sich neugierig zu ihr um. Und, irgendetwas ungewöhnlich an meinem Lachen?

Kellner: Nun ja, schwer zu beurteilen, es wirkt etwas gekünstelt.

Sie: Und sonst? Klingt mein Lachen irgendwie unmenschlich, vielleicht wie das eines bestimmten Tieres?

Der Kellner schaut verstört erst sie, dann ihn an und entfernt sich wortlos vom Tisch.

Sie: Siehst du? Alles normal.

Er: Ja, weil du nicht wirklich lachen musstest. Aber wenn du es nicht mehr unter Kontrolle hast, dann ist was los!

Sie: Wann bitte hatte ich mein Lachen nicht mehr unter Kontrolle?

Er: Weißt du noch damals, als Hubert diese Geschichte von den beiden alten Männern erzählt hat?

Sie: Du meinst der dicke und der dünne in der Sauna?

Er: Ja, genau die!

Sie (hält sich die Hand vor den Mund und beginnt in sich hinein zu röcheln): Hör sofort auf damit!

Er: Erinnerst du dich noch, wie die beiden hießen?

Sie (holt grunzend Luft): Das ist unfair!

Er: Und wie die Tür von der Sauna aufging und plötzlich ein Dritter, als Pfannkuchen verkleidet ...

Sie kann nicht mehr und bricht in wieherndes Hyänengelächter aus, unterbrochen von grunzenden Atemgeräuschen. Sämtliche Gespräche im Lokal verstummen, alle Blicke sind auf sie gerichtet.

Er: Na, glaubst du mir jetzt?

Sie (zwischen zwei Lachern): Ich hasse dich (grunzt)!

Er: Und weißt du was? Ich liebe dein beschwipstes Lachen, auch wenn es entsetzlich klingt. Grinsend teilt er die restliche Serviette in zwei Stücke und stopft sie sich in die Ohren. Als sie ihn ansieht, verschluckt sie sich vor Lachen, so dass zu den Wieher- und Grunzlauten auch noch Husten hinzukommt. Der Kellner kommt an den Tisch.

Kellner: Könnten Sie sich bitte etwas zusammenreißen? Die anderen Gäste fühlen sich gestört.

Sie hält ihre Serviette vor den Mund, er bezahlt eilig. Als sie hinausgehen, eilt ihnen der Kellner nach.

Kellner: Übrigens: Jetzt weiß ich, was Sie vorhin meinten!

Sie drehen sich um und schauen ihn fragend an.

Kellner: Das Tier, jetzt habe ich es erkannt! Es war eine Bergziege, richtig?

Beide: Verschwinden Sie!

Kellner: Dann ein balzender Truthahn? Ruft ihnen hinterher: Ach, kommen Sie schon!

Der Kellner geht zurück ins Lokal und grübelt laut vor sich hin. Ob es vielleicht doch eine Hyäne war? Aber nein, wenn, dann eine mit Erkältung.

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