Koalition gegen den IS:Guerillas töten Terroristen

Luftangriff auf IS-Stellungen in Kobanê 2014

In der seit Wochen umzingelten syrisch-kurdischen Grenzstadt Kobanê haben die kurdischen Kämpfer mit Hilfe der Luftschläge den Vormarsch des IS offenbar gebremst.

(Foto: AFP)

Sie bringen einen IS-Terroristen nach dem anderen um, 100 bis jetzt: Eine Guerillagruppe namens "Weißes Leichentuch" kämpft in Syrien angeblich seit Monaten gegen den IS. Offenbar haben die USA einen nicht vorgesehenen Partner in ihrer Allianz.

Von Sonja Zekri, Kairo

Die Amerikaner haben viele und sehr unterschiedliche Alliierte im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS), und nun haben sie einen weiteren: Eine Guerillagruppe namens "Weißes Leichentuch" operiert seit ein paar Monaten im syrischen Deir al-Sur und bringt einen Terroristen nach dem anderen um, 100 bis jetzt. Ihr Ziel sei es, die IS-Kämpfer zu verunsichern, so zitiert die britische Daily Mail einen der Guerilla-Anführer: "Heute läuft keiner von denen mehr alleine herum."

Ob das stimmt oder nicht, ist kaum zu überprüfen, aber es wäre verglichen mit dem Engagement anderer Mitglieder der Anti-IS-Koalition immerhin ein klares Engagement. 60 Staaten zählt Amerika inzwischen dazu. Mit den Militärchefs von 20 davon traf sich US-Präsident Barack Obama am Dienstag.

Europäische Verbündete wie Deutschland, Frankreich und Belgien gehören zu der Allianz, aber auch regionale Kampfgefährten wie Saudi-Arabien, die Emirate und - die Türkei. Einen Monat nach dem Beginn der Bombardierung Syriens nämlich und einige Wochen mehr seit Beginn der Anti-IS-Luftangriffe im Irak fasst der immer angriffsfreudige US-Senator John McCain die Lage so zusammen: "Sie gewinnen. Und wir nicht."

In der seit Wochen umzingelten syrisch-kurdischen Grenzstadt Kobanê haben die kurdischen Kämpfer offenbar einen wichtigen Hügel zurückerobert und die schwarze Flagge der Dschihadisten heruntergeholt. Zudem trafen Luftschläge IS-Kämpfer um die Stadt und eine Raffinerieanlage in der Nähe der Stadt Mayadin. Aber die Terroristen halten immer noch ungefähr die Hälfte von Kobanê; fällt die Stadt, kontrollieren sie 200 der 900 Kilometer, die die Grenze zu Syrien misst.

Offensive gegen Bagdad

Im Irak deutet manches darauf hin, dass sich die IS-Kämpfer der Hauptstadt Bagdad nähern. Inzwischen stehen sie nach amerikanischen Schätzungen nur noch 20 bis 25 Kilometer vom Flughafen in Bagdad entfernt. Dort sind Hunderte amerikanischer Soldaten und Flugzeuge stationiert. Dutzende Menschen starben zudem am Samstag, als der IS Bombenanschläge im Norden der Hauptstadt verübte. Am Sonntag ermordeten sie den Polizeichef der Provinz Anbar. Ohnehin rücken die IS-Kämpfer seit Wochen dort vor. Nach Kämpfen um die Stadt Hīt zwischen Dschihadisten und der irakischen Armee sind inzwischen 180 000 Menschen geflohen. Die Eroberung der Provinz Anbar und damit einer breiten Nachschubroute wäre eine gute Voraussetzung, um eine Offensive gegen Bagdad zu beginnen. Und da klang es etwas matt, als Washingtons Stabschef Ray Odierno sagte, er sei "irgendwie" zuversichtlich, dass die irakische Armee Bagdad halten könne.

Nimmt man die anstehenden amerikanischen Kongresswahlen hinzu, so ist klar, dass das internationale Treffen auf der Andrews Air Force Base in der Nähe von Washington mehr als einem Ziel dient. Es gehe darum, die Koalition enger zusammenzuführen und die Fähigkeiten der einzelnen Mitglieder in die weitere Strategie zu integrieren, sagt Alistair Baskey, der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses. Und damit ist natürlich vor allem die Türkei gemeint.

Vielleicht überschätzt Washington die Bereitschaft der Koalition

Am Wochenende hatte Amerika verkündet, dass Ankara der Koalition die Nutzung von Luftwaffenstützpunkten in der Türkei erlauben würde, und damit war vor allem der Stützpunkt Incirlik im Süden der Türkei gemeint, bereits heute Basis für 1500 amerikanische Soldaten und eine Einheit der US-Luftwaffe. Am Montag aber dementierte der türkischen Außenminister Mevlut Çavuşoğlu: Es gebe keine Einigung. Die Türkei will den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad loswerden, Amerika nur den IS. Zudem fürchtet Ankara, dass die Kurden - ermutigt durch die Anerkennung im Anti-Terror-Kampf - neue Forderungen stellen.

Amerika will keine Bodentruppen schicken. Ankara will dies aber auch nicht - sondern stattdessen eine Schutzzone und eine Flugverbotszone an der Grenze. Möglicherweise wollte Amerika mit der Verkündung einer Einigung über Incirlik Druck auf Ankara ausüben. Sicher geht es Obama darum, den kriegsmüden Amerikanern eine möglichst vielfältige Schar von Verbündeten zu präsentieren. Eine Zusammenarbeit auf Geheimdienstebene deutet sich mit Russland an. Die Außenminister beider Länder, John Kerry und Sergej Lawrow, sprachen am Dienstag in Paris darüber, ihren Austausch von Informationen über die Islamisten zu intensivieren.

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