Luftfahrtbundesamt:Etihad und Air Berlin dürfen doch gemeinsam fliegen

File photo of Air Berlin and Etihad Airways staff posing before a news conference at Schoenefeld airport south of Berlin

Zwei verschiedene Airlines, zwei Uniformen - aber eine gemeinsame Strategie. Die Flugbegleiterinnen im Bild arbeiten für Etihad Airways (grau) und Air Berlin.

(Foto: Fabrizio Bensch/Reuters)
  • Erst verboten, jetzt wieder erlaubt: Air Berlin darf seine Gemeinschaftsflüge mit Etihad vorerst weiter anbieten.
  • Doch ob diese Lösung langfristig gilt, ist noch offen. Am Montag treffen sich Delegationen der Bundesregierung und der Vereinigten Arabischen Emirate treffen, um darüber zu reden.

Von Jens Flottau, Berlin

Die gute Nachricht drang am Donnerstag durch. Nach SZ-Informationen will das Bundesverkehrsministerium nun die Gemeinschaftsflüge von Air Berlin und Etihad doch nicht schon zum Winterflugplan verbieten. Behördenkreisen zufolge hat das Luftfahrtbundesamt einen neuen Bescheid erlassen, der das Verbot aufschiebt. Am Montag werden sich Delegationen der Bundesregierung und der Vereinigten Arabischen Emirate treffen, um zu klären, wie der Disput auf Dauer zu lösen ist.

Ein Streit, der die Krise der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft deutlich zu verschärfen droht und bei ihr im schlimmsten Fall weitere Arbeitsplätze kosten könnte. Die Beteiligten äußerten sich bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht offiziell.

Folgen für Air Berlin wären dramatisch

Die schlechte Nachricht aus Sicht von Air Berlin: "Keiner weiß, wie die Kuh vom Eis gebracht werden kann", so formuliert es ein Insider. Das Luftfahrtbundesamt hatte Air Berlin und Etihad vor einigen Wochen mitgeteilt, dass Etihad vom Winterflugplan an die eigenen Flugnummern auf etwa 30 von Air Berlin ausgeführten Flügen nicht mehr vergeben darf. Betroffen davon sind im Wesentlichen Flüge zwischen Abu Dhabi und Berlin sowie Anschlussflüge zu anderen europäischen Zielen und nach Nordamerika.

Die Folgen wären vor allem für Air Berlin dramatisch, denn beim in der Branche üblichen Code-Sharing kann Etihad Plätze auf Air-Berlin-Maschinen mitverkaufen. Die deutsche Fluggesellschaft hat also Zugang zu einem größeren Markt und kann ihre Maschinen besser auslasten. Strecken, die sich sonst nicht rentieren würden, lohnen sich dann. Im Winterflugplan, der Ende Oktober in Kraft tritt, wären 50 000 Sitze betroffen.

Das Luftfahrtbundesamt hatte das Arrangement zwischen Air Berlin und Etihad insgesamt sechsmal genehmigt, nun seine Haltung geändert und wollte das Verbot auch sofort umsetzen. Rein formal geht es um die Auslegung des Luftverkehrsabkommens, welches das Amt nun anders interpretiert. Im Hintergrund wirken Lufthansa und Condor, die das Wachstum von Etihad und anderer Airlines am Persischen Golf ausbremsen wollen. Lufthansa gibt 2015 ihre eigenen Flüge nach Abu Dhabi auf.

Es seien "erhebliche Überkapazitäten entstanden, weil staatlich subventionierte Golf Carrier ihre Angebote massiv ausgeweitet haben", kritisiert die Lufthansa. Auch die Ministerpräsidenten Bayerns und Hessens, Horst Seehofer und Volker Bouffier, hatten Briefe an Verkehrsminister Alexander Dobrindt geschrieben, und darauf hingewiesen, dass die großen Drehkreuze in München und Frankfurt geschützt werden müssten. Lufthansa-Drehkreuze, wohlgemerkt. Was bisher geduldet worden sei, werde nun eben streng nach dem Wortlaut des Abkommens geregelt, sagt einer von der Gegenseite zufrieden.

Es gibt Streit um das Wort "only"

Doch es gibt bei Abkommen oft Raum für Interpretationen. Im konkreten Fall geht es um einen einzigen Satz. In einem Zusatzprotokoll zum Abkommen aus dem Jahr 2000 steht, dass die Airlines aus den Emiraten vier Ziele in Deutschland anfliegen können. Derzeit sind dies Frankfurt, München, Düsseldorf und Hamburg. Darüber hinaus gebe es drei zusätzliche Ziele, "die nur auf Code-Sharing-Dienste in der Bundesrepublik Deutschland beschränkt sind".

Der englische Wortlaut lautet: "limited to codeshare services only in the Federal Republic of Germany." Der Streit rankt sich um das Wort "only": Air Berlin und Etihad sowie bisher das Luftfahrtbundesamt argumentieren, "only" beziehe sich auf die Gemeinschaftsflüge an sich. Etihad dürfe also vier Ziele selbst anfliegen und bei drei weiteren ihre Flugnummer auf Dienste der Air Berlin vergeben - wie auf der Strecke Berlin-Abu Dhabi.

Lufthansa und Condor wollen Etihad ausbremsen

Die Gegenseite behauptet neuerdings, das "nur" beziehe sich auf "Bundesrepublik Deutschland" und leitet daraus ab, dass Air Berlin und Etihad Gemeinschaftsflüge nur innerhalb Deutschlands von den vier zulässigen Zielen aus anbieten dürften, nicht aber Direktflüge von und nach Abu Dhabi.

Dass das Verkehrsministerium erst darauf bestand, das Code-Sharing rasch zu verbieten, ist ungewöhnlich. In einer E-Mail an die deutschen Fluggesellschaften vom Februar 2014 weist die Fachabteilung Internationaler Luftverkehr darauf hin, dass im Falle von fünf afrikanischen Staaten "derzeit noch Flugverkehr durch deutsche Fluggesellschaften ohne eine völkerrechtliche Grundlage" stattfinde. Bei vier gehe es um Code-Sharing-Flüge, die nicht durch ein Abkommen geregelt seien.

Das Ministerium macht deutlich, dass beim Code-Sharing auch die Fluggesellschaft, die ihre Flugnummer auf den Flug einer anderen vergibt, "über eigene Verkehrsrechte verfügen muss". Deshalb sollten mit betroffenen Ländern Vereinbarungen getroffen werden. Bis dahin gelte: "Die bestehenden Altfälle genießen zeitlich begrenzten Vertrauensschutz". Betroffen sind Code-Sharing-Dienste der Lufthansa in 14 Ländern, unter anderem mit Brussels Airlines, South African und Ethiopian.

Lufthansa und Ferienflieger Condor versuchen seit Längerem, Etihad in Deutschland auch auf der politischen Schiene auszubremsen. Auch auf Druck der Industrie hin prüft die Europäische Kommission, ob Etihad de facto die unternehmerische Kontrolle bei Air Berlin übernommen hat. Dies wäre nicht zulässig. Etihad hält 29,2 Prozent der Anteile, hat aber auch eine Anleihe von Air Berlin gezeichnet, die der deutschen Airline das Überleben sichert.

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