Islamisten-Netzwerke in Deutschland:Parkas und Stiefel für die Front

In einer Großrazzia sind Bundesanwaltschaft und BKA gegen mutmaßliche Unterstützer islamistischer Terrorgruppen vorgegangen. Vier Männer aus dem Rheinland wurden verhaftet.

Von Hans Leyendecker, Düsseldorf

Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt sind am Wochenende bei einem groß angelegten Einsatz in sieben Bundesländern gegen 15 mutmaßliche Unterstützer islamistischer Terrororganisationen vorgegangen. Schwerpunkt der Aktion war Nordrhein-Westfalen. Vier Männer aus dem Rheinland wurden festgenommen. Gegen zwei von ihnen lagen bereits Haftbefehle vor, die beiden anderen sollten am Sonntagabend dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden. Die meisten der mutmaßlichen Terrorhelfer werden der Salafisten-Szene zugerechnet.

Der Einsatz war ursprünglich, wie aus Polizeikreisen bekannt wurde, für Ende Oktober geplant gewesen. Er sei vorgezogen worden, weil sich angeblich mindestens einer der Verdächtigen absetzen wollte. Bei der koordinierten Aktion wurden zahlreiche Wohnungen in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Schleswig-Holstein durchsucht.

Die Netzwerke der Unterstützer sind dichter geworden

Die bislang umfangreichste Razzia im fanatisierten Islamisten-Milieu zeigt zum einen, dass die Ermittler inzwischen tiefere Einblicke in die Unterstützer-Szene von Vereinigungen wie beispielsweise "Islamischer Staat im Irak und Großsyrien" (ISIG) haben. Zum anderen tun sie sich mit der wachsenden Zahl der Terrorhelfer schwer. Auch sind die Netzwerke der Unterstützer dichter geworden.

Hauptverdächtige in dem aktuellen Fall sind ein 38-jähriger tunesischer Staatsangehöriger und ein 28-jähriger Russe. Die beiden radikalisierten Muslime, die in Aachen lebten, sollen einen 17-jährigen Jugendlichen aus Deutschland in den Krieg nach Syrien geschleust haben. Der 38-jährige Verdächtige soll zudem der Terrororganisation ISIG Kleidung im Wert von 1300 Euro sowie 3400 Euro Bargeld zur Verfügung gestellt haben.

Ziel der Organisationen ist die Errichtung eines Kalifats im Nahen Osten

Neben ISIG-Helfern sind auch Unterstützer der terroristischen Vereinigung "Ahrar al-Sham" ins Visier der Ermittler geraten. Die aus islamistischen und salafistischen Gruppen bestehende Vereinigung wurde 2011 gegründet und hat seitdem beständig an Größe zugenommen. Ziel der beiden Terrororganisationen ist der Sturz des Regimes des syrischen Diktators Baschar al-Assad und die Errichtung eines Kalifats im Nahen Osten. Sieben der weiteren Tatverdächtigen sollen an die Organisation "Ahrar al-Sham" Tausende Stiefel und Parkas sowie Militärhemden geliefert haben. Einer der vier festgenommenen Männer gilt als Koordinator der Lieferungen an die Front.

Bei den Bundes-und Länderbehörden stapeln sich mittlerweile die Akten zu 140 Verfahren gegen Dschihadisten und ihre Helfer. Erst vor einigen Wochen hatte die Bundesanwaltschaft beim Staatsschutzsenat des Düsseldorfer Oberlandesgerichts gegen drei mutmaßliche Unterstützer der Terrormiliz IS Anklage wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung und Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten eingereicht.

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