Neuer Präsident in Indonesien:Saubermann Widodo will den Filz durchstochern

Joko Widodo

"Jokowi" feiert nach seiner Amtseinführung in Jakarta mit seinen Anhängern.

(Foto: AP)

Das Land mit der größten muslimischen Bevölkerung weltweit hat einen neuen Präsidenten: Joko Widodo ist ein Held der kleinen Leute, er will Korruption und Vetternwirtschaft bekämpfen. Der Widerstand der alten Eliten wird stark sein.

Kommentar von Arne Perras

Das karierte Hemd ist sein Markenzeichen, aber er wird es nicht mehr so häufig tragen wie früher. Joko Widodo steckte in einem dunklen Anzug und hatte sich einen roten Schlips umgebunden, als er am Montag die Hand zum Schwur erhob. Er ist nun als indonesischer Präsident vereidigt. Seine Wähler setzen darauf, dass ihr Idol nur die Hülle gewechselt hat. Sie möchten gerne, dass er ansonsten ganz der Alte bleibt. Sie schätzen "Jokowi", wie sie ihn nennen, als einen Mann, der sich starkmacht für die einfachen Leute, der ankämpft gegen Kungelei und Korruption. So hat er sich als Bürgermeister profiliert, zuerst in der javanischen Stadt Solo und dann in Jakarta.

Es ist nicht übertrieben, den kometenhaften Aufstieg des Möbelschreiners und Forstwirts Joko Widodo als Sensation auf der politischen Bühne Asiens zu betrachten. Er hat als Außenseiter das höchste Amt im Staat erobert. Er gehört keiner der etablierten Eliten an. Das zeugt nicht nur von der Zielstrebigkeit und dem Fleiß eines außergewöhnlichen Mannes. Es spiegelt sich darin auch die Kraft der jungen indonesischen Demokratie. Das lässt hoffen für die Zukunft des südostasiatischen Staates, der im Schatten Chinas immer etwas kleiner wirkte, als er ist. Indonesiens Gewicht, mit seinen 250 Millionen Menschen, wird zunehmen, es ist das Land mit der größten muslimischen Bevölkerung weltweit, und alle Mächte in Ost und West buhlen um die Gunst Jakartas, wo nun der schlaksige Hardrock-Fan Jokowi regiert.

Die Indonesier haben ihn gewählt, weil sie die grassierende Vetternwirtschaft satthaben. Jokowi hat in den beiden von ihm geführten Städten gezeigt, was in ihm steckt. Er hat arroganten Beamten Beine gemacht und sie, wenn nötig, gefeuert. Vor allem aber hat er den Menschen gezeigt, dass Politiker nicht zwangsläufig einer abgehobenen und korrupten Klasse angehören müssen. Jokowi verkörpert einen anderen Typus, er macht den kleinen Leuten Mut. Sein größtes Kapital ist das Vertrauen der Massen, das er sich zäh erarbeitet hat.

Jokowi hat keine Mehrheit im Parlament

Doch nun hat er eine größere Bühne betreten. Wird er Indonesien von der Korruption befreien können, die das Land wie ein Riesenkrake umklammert? Es gibt bislang keinen Grund, an Jokowis Aufrichtigkeit und seinem Tatendrang zu zweifeln. Doch die Fallstricke in der nationalen Arena sind weitaus zahlreicher als in den Städten. Und wer Jokowis Erfolgschancen abschätzen will, muss auch seine Gegner wiegen. Diese Kräfte konnten ihn als Präsidenten zwar nicht verhindern. Aber sie haben Einfluss genug, um ihn auflaufen zu lassen, wenn sie es wollen. Denn der Präsident hat vorerst keine parlamentarische Mehrheit hinter sich organisieren können.

Jokowi wehrte sich dagegen, im zersplitterten Parteiensystem Indonesiens Gefolgschaft durch Kabinettsposten zu kaufen. Damit blieb er zwar hehren Prinzipien treu - aber er zahlt auch einen hohen Preis dafür: Um Reformen durchzudrücken, braucht er das Parlament. Er mag jetzt darauf setzen, Abgeordnete als Blockierer bloßzustellen, wenn sie seinem Kurs nicht folgen. Die öffentliche Empörung soll sie auf Linie bringen. Doch ob diese Strategie aufgeht, ist alles andere als gewiss.

Der stärkste Widerstand gegen Jokowi gruppiert sich um jene demokratiefeindlichen Kräfte, die ihren Einfluss aus den Jahrzehnten der Suharto-Diktatur hinüber in die neuen Zeiten gerettet haben. Sie pflegen ihre patriarchalischen Netzwerke, sie haben durch den Handel mit Edelholz oder den Abbau von Erzen riesige Reichtümer angehäuft. Und nun fürchten sie um ihre Pfründe, wenn der Saubermann Jokowi beginnt, den Filz zu durchstochern. Bleibt der Präsident seinen Idealen treu, wird ihm bald ein harter Wind entgegenblasen, viel härter, als er ihn als Bürgermeister jemals zu spüren bekam.

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