Amal Alamuddin:Hochzeitsbonus für Mrs Clooney?

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Ist von einer britischen Zeitung unter die einflussreichsten Persönlichkeiten Londons gewählt worden: Amal Clooney, vormals Alamuddin. (Foto: Getty Images)

Amal Alamuddin, jetzt Clooney, ist von einer britischen Zeitung auf Platz vier der einflussreichsten Personen aus London gewählt worden. Aber hätte sie diese Auszeichnung auch ohne ihren neuen Nachnamen bekommen?

Zu ihrem Glück spricht Amal Alamuddin, die seit ihrer Hochzeit mit dem gleichnamigen Schauspieler zusätzlich den Namen Clooney trägt, zwar fließend Englisch, Arabisch und Französisch, aber kein Deutsch. So bleibt sie von einer nervigen Formulierung verschont. Derzeit muss sie sich nämlich in mindestens jedem zweiten Artikel, der in deutscher Sprache über sie erscheint, als "frischgebackene Ehefrau" oder "frischgebackene Mrs Clooney" titulieren lassen. Das ist in erster Linie unfassbar abgegriffen und selbst, wenn es nicht so gemeint ist, schwingt dabei eine betuliche Spießigkeit mit, die eine sehr erfolgreiche und selbstbewusste Frau auf das Anhängsel eines ebenfalls sehr erfolgreichen und selbstbewussten Mannes reduziert.

Amal Alamuddin, jetzt Clooney, hat an Eliteuniversitäten in Oxford und New York studiert, ist seit Jahren eine international anerkannte Menschenrechtsanwältin, sie vertritt unter anderem Wikileaks-Gründer Julian Assange und die ehemalige ukrainische Premierministerin Julia Timoschenko, außerdem berät sie die Vereinten Nationen.

Von der Zeitung The Evening Standard wurde sie jetzt auf Platz vier der Liste der 1000 einflussreichsten Bürger Londons gewählt. Noch einflussreicher sind, jedenfalls wenn es nach der Jury geht, nur drei Männer: der britische Finanzminister George Osbourne, Londons Bürgermeister Boris Johnson und Unternehmer Demis Hassabis, dessen Start-up-Firma künstliche Intelligenz erforscht hat und Anfang des Jahres für 400 Millionen Euro an Google verkauft wurde.

Amal Clooney ist also die einflussreichste Frau Londons. Jetzt ließe sich fragen, ob sie als Amal Alamuddin auch so weit oben aufgetaucht wäre. Sicher, in den Top-Positionen auf der Liste sind auch andere Frauen vertreten: Designerin und UN-Botschafterin Victoria Beckham (Platz neun), Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai (zwölf) und Sängerin Kate Bush (16). Aber hat der Evening Standard wirklich nur das Engagement der Top-Anwältin bewertet? Oder hat sich die Jury doch beeinflussen lassen, von der glamourös inszenierten Feier in Venedig und von den schönen Bildern auf dem Canal Grande. Gab es, um es mal so zu formulieren, einen kleinen Hochzeitsbonus für Mrs Clooney?

Vermeintliche Feminismus-Debatte

Auf den ersten Blick mag das so wirken, selbst wenn niemand wissen kann, welche Gründe für die Jury am Ende tatsächlich den Ausschlag gegeben haben. Doch selbst wenn die Hochzeit und ihr neuer Nachname Amal Clooney auf der Liste ein bisschen nach oben gehievt haben: Was wäre daran schlimm?

Erstens ist ungewiss, wie einflussreich eine Liste der einflussreichen Persönlichkeiten überhaupt ist. Und zweitens gibt es bei einer solchen Liste keine objektiv messbaren Kriterien. Das Ganze ist eher eine mehr oder weniger aus dem Bauch getroffene Einschätzung derjenigen, die diese Liste erstellen. Es geht dabei viel um mediale Aufmerksamkeit und um PR. Vor allem PR für die Zeitung selbst, aber vielleicht ein bisschen auch für die Sache.

Bevor Amal Alamuddin mit George Clooney zusammenkam, war sie zwar bereits eine etablierte und sehr erfolgreiche Anwältin. Aber ihren Namen kannten trotzdem nur Eingeweihte innerhalb der Menschenrechts-Community. Das ist jetzt anders, inzwischen kann sie kaum einen Schritt tun, ohne von Kameras begleitet zu werden, und Promi-Magazine fabulieren darüber, ob sie wegen all des Stresses möglicherweise zu viel abgenommen habe.

Dann wurde vergangene Woche wegen der Änderung ihres Nachnamens auch noch über eine vermeintliche Feminismus-Debatte berichtet (zum Beispiel hier oder hier). Sogar die Website der Anwaltskanzlei Doughty Street Chambers, wo der neue Name als erstes zu lesen war, sei deshalb kurzzeitig zusammengebrochen.

Außer zwei Einträgen auf australischen Blogs, in denen sich die Autorinnen verwundert zeigten ( hier und hier), gab es allerdings gar keine ernstzunehmende Feministin, die sich wirklich aufgeregt hätte. Möglicherweise, weil, wie der Guardian schreibt, Amal Clooney nur eine zu Berufszwecken abgekürzte Version ihres offiziellen Namens ist. Möglicherweise auch, weil sich die Betroffene nicht dazu geäußert hat und man also nur spekulieren kann, warum genau sie ihren Namen auf der Website geändert hat. Ob aus Bequemlichkeit, aus Kalkül oder aus Liebe.

Das Ganze ist also eine ziemliche Scheindiskussion. Ohne den Machern des Evening Standard jetzt zuviel Idealismus zu unterstellen: Kann ja immerhin sein, dass sie mit der Erwähnung auf der Liste die Aufmerksamkeit wieder ein bisschen auf die Arbeit von Amal Alamuddin, jetzt Clooney, lenken wollen.

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