Audienz beim Papst:Schon wieder die Bayern

Bayerische Pilger in Rom

Wenn bayerische Pilger im Vatikan vorbeischauen (so wie hier im Sommer 2012), fällt das stets ins Auge. Und in den vergangenen Jahren haben viele vorbeigeschaut.

(Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Seit Joseph Ratzinger Papst wurde, pilgern Abordnungen aus dem Freistaat regelmäßig in den Vatikan. Heute - nach ihrem 7:1-Sieg gegen Rom - sind die Fußballer des FC Bayern bei seinem Nachfolger Franziskus. Hoffentlich stellen sie sich besser an als die Sechzger.

Von Hans Kratzer

Härte, Gier, Aggressivität. So heißen die wichtigsten Tugenden des FC Bayern. An diesem Mittwoch werden die Fußballer allerdings auch die Demut auspacken müssen, denn sie sind zu einer Privataudienz beim Papst eingeladen. Zum Glück hat dieser den Münchnern längst verziehen, dass ein früherer Präsident steuerlich gesündigt und dass der Spieler Müller nach dem Gewinn des WM-Titels schmutzige Wörter ins Mikrofon geraunzt hat. Der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge spielte deshalb im Vorfeld den Ball reuig dem Papst zu: "Wir verlangen nicht, dass er uns einen besonderen Segen gibt, dass wir in der Zukunft unbesiegbar sind."

Die Urkunde von 1860 war falsch und angeblich nicht rechtens

Nun sind die Bayernspieler aber nicht die ersten Fußballer aus dem Freistaat, die in die Nähe des Papstes vordringen, die Sechzger waren schon vorher zu Besuch. Da sie freilich als klassische Vertreter der biblischen Massenkategorie "Mühsame und Beladene" nach Rom kamen, wurden sie im Gegensatz zu den Elite-Bayern nicht privat empfangen. Die Ehrenmitglieds-Urkunde und eine signierte 1860-Fahne überreichten sie dem Pontifex trotzdem, und zwar auf der Generalaudienz.

Leider stellte sich die Delegation im Vatikan fast so deppert an wie die Sechzgerspieler im Strafraum. In der Urkunde wurde der Papst als Franziskus I. betitelt, was aus kirchenrechtlicher Sicht ein Schmarrn ist. Und dann zogen die Münchner Löwen den Papst auch noch in einen Rechtsstreit hinein, weil sie die Urkunde ohne Beschluss der Delegiertenversammlung ausgestellt hatten.

Es ist aber schon vor den unglückseligen Sechzgern viel schief gelaufen bei den bayerischen Papstvisiten. Einmal ist eine bayerische Schützenkompanie mitten in Rom entwaffnet worden. Es mögen italienische Urängste im Spiel gewesen sein, dabei ging es lediglich um den Ehrensalut zum Geburtstag des Kardinals Joseph Ratzinger, der nur mit Hängen und Würgen erlaubt wurde. Nicht einmal als Papst konnte Ratzinger eine weitere Genehmigung für einen Salut im Vatikan erwirken. Dabei hatte ihm die Geburtstagsknallerei so gut gefallen, dass er sie theologisch legitimierte. Sie sei "Ausdruck göttlicher Freude", sagte er - die Carabinieri aber schauten wie 99 Teufel und jagten die Schützen nach Hause.

Sicher wäre alles anders gelaufen, hätten die Italiener den bairischen Dialekt verstanden. Die gute Absicht aber hörte eben nur Joseph Ratzinger heraus, dem Dialektschützer wurde deshalb 2006 in Rom die Bairische Sprachwurzel verliehen, die den Papst immerhin auf eine Stufe mit christkatholischen Breznsalzern wie Stefan Dettl, Marcus H. Rosenmüller und Georg Ringsgwandl stellte. Letzterer hatte den Papst-Tourismus schon in den 80er Jahren mit seinem Lied "Papst gseng" befeuert.

Vorher war die bayerische Papst-Euphorie etwas eingeschlafen, nachdem Oskar Maria Graf die Reaktion seiner enttäuschten Mutter geschildert hatte. Als Papst sollten sie schon ein festeres Mannsbild ausgesucht haben, meinte die Heimrath Resl nach einem Rom-Besuch. Der Stellvertreter Christi sollte ihrer Meinung nach auch körperlich jeden Menschen überragen.

Mariss Jansons dirigierte sich den Finger blutig

Seit Benedikt XVI. ist die Zartheit des päpstlichen Leibes aber kein Thema mehr. Was zählt, ist die Hingabe an das große Ganze, wie sie vor den Augen des Papstes sehr eindrucksvoll der Münchner Dirigent Mariss Jansons zelebriert hatte. Das BR-Symphonieorchester brillierte mit Pomp in der Audienzhalle im Vatikan, als Jansons heftig aus einer Schnittwunde zu bluten begann, aber trotzdem tapfer weiterdirigierte.

Das Kunststück, gleich zwei Päpsten zu begegnen, gelang Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) bei seiner sechsten Papst-Audienz: Erst empfing ihn Papst Franziskus, danach traf er sich mit Benedikt XVI., dessen Vorgänger. Seehofer überreichte Franziskus einen Geschenkkorb mit bayerischen Spezialitäten und eine vom Papst erbetene Spende für syrische Flüchtlingskinder, deren Höhe von 5000 Euro die Bayern aber wie Notschnapper aussehen ließ.

Dieses magere Almosen für ein Hilfsprojekt des Vatikans im Libanon markierte einen weiteren Mosaikstein in der nicht immer ideal und glücklich verlaufenen Besuchsgeschichte der Bayern im Vatikan. "Schau mer mal", pflegt Franz Beckenbauer, der Ehrenpräsident des FC Bayern, vor Ereignissen mit ungewissem Ausgang zu sagen. Wird schon schiefgehen, lieber FC Bayern.

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