Bayern-Sieg in der Champions League:Rom geplündert in nur einer Nacht

AS Rome vs FC Bayern Munich

Gnadenlos in Rom: Arjen Robben.

(Foto: dpa)

Der FC Bayern verschärft das Tempo, zu spüren bekommt es der AS Rom: Das 7:1 in der Champions League löst bei den Italienern völlige Ratlosigkeit aus. Nur Trainer Pep Guardiola verbreitet schlechte Laune.

Von Thomas Hummel, Rom

Ob Papst Franziskus einen guten Schlaf hatte in dieser Nacht? Der Mann ist nicht nur Kirchenoberhaupt, sondern auch Bischof von Rom - und als solcher wacht er über das Wohl seiner Schäfchen. Doch dieses Wohl war am Dienstagabend empfindlich gestört worden. Diese Stadt der Schönheit und des lässigen Lebens hatte einen Sturm erlebt, eine Eroberung, eine Plünderung. Und am Mittwochvormittag musste er den Eindringlingen die Ehre einer Audienz gewähren. Mamma mia!

Immerhin, dem Erzengel Michael oben auf der Engelsburg hatten sie nichts anhaben können. Der blickte auch in dieser Nacht angriffslustig und stolz hinunter auf den Tiber. Der ein oder andere Spieler des AS Rom hätte sich vielleicht dorthin gewünscht, in die Trutz- und Fluchtburg der Päpste. An einen sicheren Ort, wo niemand aus diesem vermaledeiten Monaco di Baviera je gelangen kann. Wobei selbst fraglich ist, ob irgendein Erzengel den aktuellen FC Bayern aufhalten könnte.

7:1! Sette a uno! Im dritten Champions-League-Vorrundenspiel gegen den Zweiten der einst glorreichen italienischen Serie A. Gegen die viel gepriesene Roma, die unter dem Trainer Rudi Garcia so gar nicht italienisch spielt. Sondern selbstbewusst, offensiv, mutig. Eigentlich. Und nun 7:1.

Etwa eine Stunde nach Spielende setzte sich Pep Guardiola auf das Podium vor die Kameras und größtenteils römische Presse, woraufhin sein Mediendirektor Markus Hörwick einen Fehler beging. Hörwick fragte ihn tatsächlich, was seine Mannschaft vorhin alles gut gemacht habe. Gut? In Pep Guardiolas Stirn bildeten sich Falten: "In den ersten 20, 25 Minuten der zweiten Halbzeit haben wir nix gut gemacht. Sie hatten drei, vier klare Chancen. Wir hatten Glück, weil Manu ist der Beste."

Manu, der Beste, ist sein Torwart Manuel Neuer. Der hatte zusehen müssen, wie Gervinho erst den Ball an den Pfosten schoss, dann hielt er großartig gegen Alessandro Florenzi und fast unwirklich gegen Gervinho, ehe ihm der Ivorer doch noch ein Tor einschenkte. Das war nach 65 Minuten. Es war das 1:5.

Obwohl Guardiola nicht glücklich wirkte auf dem Podium, fragte ihn ein Italiener, ob seine Mannschaft hier in Rom das perfekte Spiel gezeigt habe. Auch diese Frage vermochte Guardiolas Laune nicht zu heben: "Für mich gibt es kein perfektes Spiel. Nach der Pause hatten wir zu wenig Ballbesitz, mussten mehr laufen, haben De Rossi und Pjanic den Ball gelassen, und haben ein bisschen gelitten."

Der Einwand des Fragestellers, da sei es doch schon 5:0 gestanden, trug ebenfalls nicht zur Stimmungsaufhellung bei. Guardiola, der in Italien selbst gespielt hatte und deshalb der Sprache mächtig ist, redete nun sehr schnell und gestikulierte mit den Händen wie er das oft an der Seitenlinie tut.

Die Bayern-Profis sind zufriedener

Den Römern kam dieser Fußballtrainer jetzt seltsam vor. Dessen Spieler hatten ihren stolzen AS Rom gerade in Grund und Boden kombiniert. Hatten "Such's Balli!" mit den Gastgebern gespielt, diese hochgelobte Mannschaft einfach überrannt, sie zerrupft und kaum etwas von ihr übrig gelassen. Doch der Trainer verbreitete schlechte Laune.

Immerhin machten die Spieler des FC Bayern einen halbwegs zufriedenen Eindruck. "Im Moment gibt's nicht zu klagen", sagte Manuel Neuer, was aus dem Mund eines Torwarts das denkbar größte Lob an die Feldspieler ist. Thomas Müller stellte fest, die Leistung sei diesmal "schon sehr gut" gewesen, während sich Philipp Lahm wundert, dass die Mannschaft trotz der Weltmeisterschaft und der anschließend kurzen Vorbereitung "erstaunlich gut eingespielt" sei. In diesem Stadium der Saison verbietet sich offenkundig Euphorie über die eigene Darbietung, denn die Titel werden noch längst nicht vergeben. Dabei wäre Euphorie die einzig ehrliche Reaktion gewesen. Die Bayern hatten an diesem lauen Abend im Stadio Olimpico eine so bärenstarke, so eindrucksvolle Leistung geboten, dass selbst die Wolfsmutter von Romulus und Remus mit einem Wimmern das Weite gesucht hätte.

Nicht nur, dass alle Münchner ihren Gegenspielern körperlich, taktisch und mental überlegen waren. Guardiola überforderte die Römer zudem mit seiner Strategie. Die beruhte wie so häufig darauf, nur so viele Spieler wie nötig in der Abwehr zu postieren (diesmal drei), und stattdessen dem Gegner so weit vorne wie möglich den Ball abzunehmen. Das Bayern-Pressing löste bei den Gastgebern völlige Ratlosigkeit aus. Hin und wieder kombinierten sie ganz gefällig über ein paar Stationen, aber irgendwann wurde der Druck zu groß. Hatten die Münchner den Ball, lag oft weites, freies Feld vor ihnen. Bis die Römer zurückliefen, war es meist schon geschehen. "Wir waren schon überrascht, wie viele Räume wir hatten", erklärte Müller.

So trafen Arjen Robben (9./30.), Mario Götze (23.), Robert Lewandowski (25.) und Müller per Elfmeter (36.) fünf Mal in der ersten Halbzeit und hatten es dabei nicht einmal schwer. Auf die kurze Schwächephase nach der Pause stellte Guardiola sein System auf Vierer-Abwehrkette um, womit der römische Drang gebremst war. Die eingewechselten Franck Ribéry (78.) und Xherdan Shaqiri (80.) erhöhten auf 7:1, es hätten auch noch mehr Tore fallen können. Wenn Bayern das Tempo anzog, sahen die Römer aus, als würden sie im Stadtteil Trastevere sitzen und sich beim Abendessen diese Hektik verbieten. Als hätten sie sagen wollen: "Macht mal langsam, ihr Deutschen!" Doch die denken derzeit nicht daran.

Ihre vergangenen Ergebnisse: 7:1, 6:0, 4:0. Die Bayern haben zuletzt erheblich an Tempo zugelegt. Ihre Dominanz erinnert an die besten Phasen der beiden vergangenen Spielzeiten. Der ideale Zeitpunkt, um in den kommenden zehn Tagen die heimische Konkurrenz aus Mönchengladbach, Hamburg (im DFB-Pokal) und Dortmund den Unterschied vorzuführen.

In Rom ging die als Fragen getarnte Ehrerbietung weiter. Guardiola aber wollte davon nichts wissen, sprach von einem "Unfall", so schlecht wie das Ergebnis aussage, sei der AS Rom einfach nicht. Es ging trotzdem weiter. Herr Guardiola, ist Xabi Alonso der intelligenteste Spieler, den Sie je trainiert haben? Die perfekte Fangfrage, betonte der Spanier doch immer, dass Philipp Lahm der schlaueste Spieler sei, den er kenne. Der Spanier antwortete auf Italienisch, woraufhin der Übersetzer übersetzte: "Ja, Xabi Alonso ist der intelligenteste Spieler ..." Oh, ein Eklat? Auf Guardiolas Stirn vertieften sich die Falten zu Furchen. "Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt, er ist einer der intelligentesten Spieler, die ich trainiert habe."

Die Hierarchie der Intelligenz im Bayern-Kader wartet wohl noch auf eine endgültige Reihenfolge. Über was man halt so redet, wenn man in der Champions League 7:1 in Italien gewonnen hat.

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