Ausstellung:Geschenke für alle

Zur Einstimmung auf Weihnachten eröffnet das Stadtmuseum Fürstenfeldbruck eine Ausstellung über die Geschichte des Schenkens. Anschaulich zeigen die Exponate, welchen Zweck die Gaben haben und wie sie instrumentalisiert werden können

Von Viktoria Großmann, Fürstenfeldbruck

Früher war mehr Lametta. Das belegen die historischen Fotografien im Brucker Stadtmuseum deutlich. Teils tragen die Tannen auf den Weihnachtsbildern mehr Baumschmuck als Nadeln. Das zeigt den Willen zum festlichen Rahmen und der ist zu kaum einem Anlass, zu dem es Geschenke gibt, wichtiger als zu Weihnachten. Schenken, Geschenke machen, Geschenke empfangen - das ist das Thema der Ausstellung mit dem knappen Titel "Geschenkt!", die von Donnerstag an im Stadtmuseum zu sehen ist.

Stadtmuseum FFB

Historische Plakate zeigen, dass die Konsumindustrie das Ritual des Geschenkemachens schon lange vereinnahmt hat.

(Foto: Günther Reger)

Weihnachten ist nur ein, wenn auch nicht unwichtiger Teil dieser Ausstellung. Als größtes Fest des Jahres ist es auch das wichtigste Geschenkefest, in jedem Jahr wird erhoben, wie viel Geld die Deutschen im Durchschnitt für Weihnachtsgeschenke ausgeben. Etwa 288 Euro sollen es im vergangenen Jahr gewesen sein. Dabei geht es doch gar nicht um Geld. Sondern um Wertschätzung, Ideen, Liebe, Zuwendung - oder um alles gemeinsam? "Schenken ist ein sozialer Akt", sagt Eva von Seckendorff, die stellvertretende Leiterin des Museums. Mit dem Schenken wird eine Beziehung bekräftigt, Herrscher versicherten sich der Loyalität ihrer Untertanen, Paten geben ihrer Verantwortung für den Täufling Gestalt. An prominenter Stelle im Ausstellungsraum zeigt ein großes Gemälde die Heiligen Drei Könige, die zum Christuskind eilen, ihre Geschenke zu überreichen. Eine Urszene. Zugleich ein bis heute typischer Anlass, zu Schenken: die Geburt.

Sie wird ebenso wie später Schulanfang, Konfirmation, Hochzeit oder Firmenjubiläum mit Gaben begleitet. Dieses Ritual leite sich aus dem Gedanken ab, dem Menschen Schutz zu geben beim Übergang in einen neuen Lebensabschnitt und ihn zugleich darauf vorzubereiten, erklärt Museumsleiterin Angelika Mundorff. Das kann das praktische Topfset für Frischverheiratete sein, aber auch die Uhr oder ein Handy für Konfirmanden, die damit auch darauf hingewiesen werden, dass Erwachsenensein Verantwortung bedeutet. Noch bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts seien zu bestimmten Anlässen allerdings die immer selben Standardgeschenke überreicht worden, sagt Seckendorff. Zur Taufe der silberne Löffel, zur Kommunion der mehr oder weniger wertvolle Rosenkranz. Erst seit den Sechzigerjahren sei das Schenken immer stärker individualisiert worden. Heute gehe der Trend zu ausgefalleneren Erlebnisgutscheinen.

Schenken ist ein Wirtschaftsfaktor geworden - wie historische Plakate in der Ausstellung zeigen, ermahnen Händler schon seit Jahrzehnten ihre Kunden, ans Schenken zu denken. Die beiden Museumsleiterinnen haben sich den Spaß gemacht, in einen der unzähligen Geschenkeläden zu gehen. Ihre Ausbeute präsentieren sie im Einkaufswagen als lieblosen Ramsch - das Geschenk ist zum Konsumobjekt verkommen.

Nicht zufällig ist wenige Schritte daneben der Weg vom Schenken zum Spenden skizziert und mit ihm auch der Missbrauch des guten Willens in Diktaturen. Plakate aus den Dreißigerjahren fordern recht aggressiv auf, mit dem Kauf bestimmter Geschenke das Winterhilfswerk zu unterstützen. Währen die Kirche seit Jahrhunderten mit dem Heilsversprechen als Gegenleistung für Spenden arbeitet und Hilfswerke an das Gewissen appellieren, erzwangen Spendensammlungen im Dritten Reich zugleich das Bekenntnis zur NS-Ideologie. Dieser düstere Teil der Ausstellung ist gekrönt von der Skulptur eines Adlers, den die Stadt Fürstenfeldbruck 1935 anlässlich ihrer Erhebung zur Stadt vom bayerischen Kultusministerium geschenkt bekam. Ein Geschenk, dass eine eindeutige politische Haltung einforderte.

Ganz und gar anlasslos oder gar ohne Hintergedanken ist Schenken jedoch selten. "Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft" mahnt ein Holzschildchen an der Wand. "Schenken zielt auf die Gefühle ab", sagt Angelika Mundorff. Folgerichtig ergänzt Eva Seckendorff die These, dass mehr Geschenke Ausdruck wachsenden Liebesbedürfnisses in einer ruppiger werdenden Gesellschaft sein könnten.

Ausdruck einer wohlhabenderen Gesellschaft ist in jedem Fall die voranschreitende Verpackungskultur. Diese habe erst Mitte des 19. Jahrhunderts ihren Anfang genommen, erklären die Museumsleiterinnen. Erst dann kamen Seidenpapiere und schließlich immer aufwendiger gestaltete Kartons, Tüten und Hüllen auf. Papiere, deren Muster die Hamburger Gestalterin und Unternehmerin Waltraud Bethge in den AchtzigerJahren entworfen hat, werden gerahmt und hinter Glas wie Kunstwerke präsentiert. Weitere Exponate stammen aus dem Plakatfundus der Außenwerbungsfirma Ströer in München - und zum großen Teil aus Brucker Haushalten, darunter einige Fotografien.

Einfacher gemacht hat jedenfalls auch die Verpackungstechnik das Schenken nicht. "Die Auswahl des richtigen Geschenks war schon immer schwierig", heißt es in einem Begleittext. Da hilft vielleicht der Rat des großen, kleinen Sachsen Joachim Ringelnatz: "Schenke mit Geist, ohne List. / Sei eingedenk, dass Dein Geschenk Du selber bist."

"Geschenkt!", Museum Fürstenfeldbruck im Kloster Fürstenfeld. Geöffnet Dienstag bis Samstag 13 bis 17 Uhr, Sonn- und Feiertage 11 bis 17 Uhr.

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