Europäische Banken:Was der Stresstest für Sparer bedeutet

Gänse am Mainufer

Szene am Mainufer in Frankfurt: Was bedeutet der Stresstest für Sparer?

(Foto: dpa)

Die EZB hat 130 europäische Banken auf ihre Überlebenschancen im Krisenfall getestet. Am Sonntag werden die Ergebnisse veröffentlicht. Worauf Sparer und Anleger achten müssen.

Von Stephan Radomsky

Am Sonntag wird die Europäische Zentralbank (EZB) die Ergebnisse ihres Stresstests für die größten Banken der Euro-Zone vorlegen. Damit soll endlich Klarheit darüber herrschen, welches Geldhaus wirtschaftlich gesund und auch im Krisenfall stabil ist - und welches nicht.

Und dann? Dann geschieht erst einmal nichts - zumindest nicht für Kleinanleger und Sparer, sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). "Der Stresstest ist eine Simulation. Er zeigt also nur, was im Extremfall passieren könnte." Der Extremfall, das wäre eine neue Finanzkrise, ein zweiter Fall Lehman.

Selbst wenn also die eigene Hausbank bei der EZB durchfällt, können und sollten Verbraucher am Montagmorgen erst einmal abwarten. "Egal was beim Stresstest also herauskommt: Er hat keine unmittelbaren Auswirkungen in der realen Welt - und deshalb auch keinen Grund zur Panik für Sparer oder Anleger." Denn selbst im Extremfall sind die durchschnittlichen Ersparnisse sicher. So sind Spareinlagen, etwa in Form von Tages- oder Festgeld, durch die Einlagensicherung geschützt: Bankkunden bekommen damit auch im Pleitefall ihr Geld zumindest bis zu 100 000 Euro zurück.

Um einen Überblick über den Zustand der eigenen Bank zu erhalten, können Kunden auf das sogenannte harte Eigenkapital schauen: je höher die Quote, desto besser. "Alles über zehn Prozent ist hier sehr ordentlich, aber auch darunter ist nicht gleich Alarm angesagt", sagt Tüngler. "Wer trotzdem ein schlechtes Gefühl hat, kann überlegen, sein Erspartes bei einer anderen Bank anzulegen oder es auf mehrere Häuser zu verteilen. Aber bitte nicht auf Hauruck."

Noch besser geschützt sind Fonds-Anleger. Denn ihr Geld taucht nicht direkt in der Bilanz eines Kreditinstituts auf, sondern liegt in einem Sondervermögen. "Selbst wenn die Bank pleitegehen würde, ginge dieses Kapital nicht in die Insolvenzmasse, sondern bliebe im Fonds und damit bei den Anlegern", erklärt Tüngler.

Wer unter dem Stresstest leiden könnte

Als einzige könnten Aktionäre unter einem negativen Ergebnis leiden, wenn der Kurs ihrer Beteiligung abrutscht. "Eigentlich ist der Stresstest aber ein Geschenk für alle Aktionäre", sagt Tüngler. "Ihre Beteiligung wird komplett durchleuchtet, und sie erhalten von höchster Stelle ein unabhängiges Rating." Der Test zeige Schwachstellen auf, die damit rechtzeitig behoben werden könnten, bevor sie zum Tragen kommen. Die Anleger erfahren also zumindest, wie hoch das Risiko im Portfolio tatsächlich ist.

"Auch wenn eine Bank durch den Stresstest fällt, ist das nicht ihr Ende. Was dann kommt, wird aber für ihre Eigentümer schmerzhaft und kostet Geld." Denn es sind die Eigentümer, die im Ernstfall Kapital nachschießen müssen. Möglicherweise trifft das dann auch die kleinen Aktionäre: Durch eine Kapitalerhöhung wird ihr Anteil verwässert, oder sie müssen neues Geld nachschießen.

Fragwürdiger Nutzen

Hinter den Nutzen des Tests für Kleinanleger macht Andreas Oehler von der Universität Bamberg dagegen ein großes Fragezeichen. "Als Privatinvestor hat man keine Chance, mit dem Stresstest etwas Sinnvolles anzufangen", sagt der Professor für Finanzwirtschaft. "Wie gefährdet die eigene Anlage ist, kann der Einzelne daher überhaupt nicht zuverlässig beurteilen."

Der Test der EZB ist zweistufig: Zunächst hatten die Notenbanker die Bilanzen der Geldhäuser genau durchleuchtet, anschließend wurde analysiert, wie sie sich unter bestimmten Szenarien verändern würde - etwa, wenn die Konjunktur einbricht. Rutscht eine Bank unter die erforderliche Kapitalhürde, wird sie Probleme bekommen, sich frisches Geld an den Finanzmärkten zu besorgen. Im Ernstfall müsste sie sogar zusperren. Das hält Oehler aber für unwahrscheinlich: "Mit Bonitätsausfällen aufgrund des Stresstests rechne ich nicht."

Was für den Durchblick fehlt

Er bemängelt, dass der EZB-Test "politisch weichgespült" sei und eigentlich viel strenger sein müsste. So sei auch ohne Stresstest längst bekannt, dass viele Banken tendenziell unterkapitalisiert sind, vor allem Investmentbanken und Großbanken mit Investmentsparten.

Um die Bürger und ihr Geld besser zu schützen, sei für alle wichtigen Verbraucher-Finanzprodukte eine einfache, verständliche Darstellung der Risiken viel dringender als ein Stresstest, fordert Oehler. "Das fehlt bisher leider völlig." So fürchtet er, dass der Stresstest Sparer und Anleger nur noch weiter verunsichere - und sie noch risikoscheuer werden. "Das wäre aber falsch, weil risikoarme Anlagen nicht einmal mehr die Inflation ausgleichen."

Und kurzfristig? Könnte für risikofreudige Anleger sogar ein ordentlicher Gewinn drin sein, glaubt Tüngler. Denn gerade die Wackelkandidaten im Test haben in den vergangenen Wochen teils deutlich abgewertet. Falls einer von ihnen besser als erwartet davonkommt, dürfte sich der Kurs Anfang der Woche schnell erholen - wie gesagt: falls.

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