Simona Halep beim WTA-Finale:Listiger Williams-Schreck

BNP Paribas WTA Finals: Singapore 2014 - Day Three

Simona Halep: In Topform in Singapur

(Foto: Getty Images)

Wie besiegt man eine Weltranglisten-Erste? Die Rumänin Simona Halep schafft das gegen Serena Williams in beeindruckender Manier - beim WTA-Finale beschert sie der Amerikanerin die größte Pleite seit 16 Jahren.

Von Lisa Sonnabend

Simona Halep kratzte sich an der Nase, strich sich mit der rechten Hand Schweiß aus dem Gesicht, fasste sich an den Hinterkopf. Dann hielt ihr jemand ein Mikrofon hin, sie sollte zum Publikum sprechen. "Es war das beste Match meines Lebens", sagte die überwältigte Halep. "Ich bin wirklich glücklich." Dann prustete sie los. Es war aber auch komisch.

Die rumänische Tennisspielerin hatte nie zuvor in ihrer Karriere gegen eine Top-3-Spielerin gewonnen. Doch beim WTA-Finale in Singapur besiegte die 23-Jährige nun die Weltranglisten-Erste. Halep rang Serena Williams jedoch nicht nieder, sondern sie führte die Amerikanerin vor, sie demontierte sie. 6:0 und 6:2 stand es nach nur 62 Minuten. So deutlich hatte Serena Williams seit 16 Jahren nicht mehr verloren. Damals in Oklahoma City war sie 1:6 und 1:6 an Joannette Kruger aus Südafrika gescheitert.

Nicht Williams, sondern Halep hat nun beim WTA-Finale die ersten beiden Matches in der Roten Gruppe gewonnen, der Einzug ins Halbfinale ist der 1,68 Meter großen Rumänin kaum mehr zu nehmen. Am Freitag trifft sie in ihrer letzten Vorrundenpartie auf Ana Ivanovic.

Der mühelose Sieg gegen die Nummer eins ist ein enormer Erfolg für Halep, ein weiterer. Denn der Aufstieg der Weltranglisten-Vierten verlief in den vergangenen Monaten ohnehin schon rasant. Beim WTA-Finale, wo sich die besten acht Spielerinnen des Jahres messen, ist sie zum ersten Mal dabei.

Mit vier Jahren nahm ihr großer Bruder sie erstmals mit auf einen Tennisplatz. Mit 16 gewann sie den Juniorenwettbewerb bei den French Open. Schon früh interessierten sich die Medien für die Tennisspielerin - vor allem aber, weil sie sich 2009 die Brüste um drei Körbchengrößen verkleinern ließ. Spätestens seit 2013 wird Halep nicht mehr so oft nach ihrer Oberweite gefragt. Denn seitdem macht sie mit sportlichen Ergebnissen auf sich aufmerksam.

Highlight French Open

Im vergangenen Jahr in Nürnberg gewann die damalige Weltranglisten-58. überraschend ihr erstes WTA-Turnier. Die Woche darauf in 's-Hertogenbosch sicherte sie sich sogleich einen weiteren Titel, nur zwei Wochen später in Budapest bekam sie erneut den größten Pokal überreicht. Am Ende des Jahres zeichnete die WTA sie mit dem "Most Improved Player Award" aus, als die am stärksten verbesserte Spielerin. "Ich werde jetzt zu Hause von jedem auf der Straße erkannt", sagte Halep, die schüchtern und zurückhaltend ist, einem Reporter. "Das ist neu für mich."

Doch Halep kam mit der Situation klar, sie überzeugte weiterhin. Bei den Australian Open erreichte sie das Viertelfinale und stieß erstmals in die Top Ten vor. Bei den French Open verlor sie erst im Endspiel gegen Maria Scharapowa - und das knapp in drei Sätzen. In Wimbledon reichte es bis zum Halbfinale. In der Weltrangliste kletterte sie zwischenzeitlich sogar auf Position zwei. Zuletzt lief es nicht ganz so gut, bei den US Open war in Runde drei Schluss, vor drei Wochen in Peking musste Halep wegen einer Hüftverletzung aufgeben. Ihre Bilanz 2014 kann sich aber sehen lassen: zwei Titel in Doha und Bukarest, 43 Siege, nur 14 Niederlagen.

Halep überzeugt vor allem durch ihre taktische Spielweise. Sie streut immer wieder überraschende Richtungswechsel ein. Mit platzierten, langen Bällen treibt sie ihre Gegnerinnen zu Fehlern. Die Rumänin ist schnell, rennt viel, hat ein solides Service. Ihr bester Schlag: die longline gespielte beidhändige Rückhand.

Es war beeindruckend zu sehen, wie die kleine Halep sich am Mittwoch gegen die kraftvolle Williams durchsetzte. Sie brachte jeden Ball zurück und überlistete die Amerikanerin immer wieder mit platzierten Passierbällen und druckvollen Grundschlägen. Erst nach 37 Minuten gewann die Amerikanerin ihr erstes Spiel. Halep blieb bis zum Ende konzentriert und geduldig.

"Um ehrlich zu sein", sagte Williams nach der Partie. "Ich freue mich auf unsere nächste Begegnung." Die Weltranglistenerste, die das Frauentennis in den vergangenen Jahren nach Belieben dominierte, kündigte an: Sie werde nun extra hart trainieren, um beim nächsten Mal gegen Halep besser gewappnet zu sein. Das mag Koketterie sein, aber womöglich bekommt Serena Williams nun tatsächlich bald eine ebenbürtige Gegnerin - wenn Halep weiter auf diesem Niveau spielt. Zumindest in Singapur ist nicht Williams sondern Halep die Favoritin auf den WM-Titel.

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